Kiel. Details aus noch unveröffentlichtem Bundesverkehrswegeplan durchgesickert. Politik im Hamburger Umland ist zufrieden.

Es gibt Durchsagen im Radio, auf deren tägliche Wiederkehr absoluter Verlass ist, und diese die Autobahn 23 betreffende gehört definitiv dazu: „Stockender Verkehr zwischen Tornesch und dem Dreieck Hamburg-Nordwest.“ Entsprechend sieht es allmorgendlich auf der Schnellstraße aus, auf der Berufspendler aus dem Kreis Pinneberg und von weiter nördlich gen Hamburg rollen, oft Stoßstange an Stoßstange und nur im Schritttempo. Abends das gleiche Spiel, auf der Gegenfahrbahn. Im Verkehrsministerium in Kiel ist von einer „sehr hohen Verkehrsbelastung“ die Rede, die Dauerzählstelle bei Krupunder hat 2015 im 24-Stunden-Schnitt 76.875 Fahrzeuge ermittelt.

Können sich Autofahrer nun berechtigte Hoffnungen machen, dass sich an dieser Situation in absehbarer Zeit etwas ändert? Übereinstimmenden Medienberichten zufolge findet der sechsspurige Ausbau der A 23 Niederschlag im neuen Bundesverkehrswegeplan, und zwar in der höchsten Kategorie „vordringlicher Bedarf“. Ebenso soll für Schleswig-Holstein der Weiterbau der A 21 von Bargteheide bis zur A 24 bei Schwarzenbek in das Papier aufgenommen worden sein. Als drittes Projekt im nördlichsten Bundesland wird die Vertiefung des Nord-Ostsee-Kanals gehandelt.

Auch der Weiterbau der A 20 von Bad Bramstedt in südwestliche Richtung soll Teil des Papiers sein, wenn auch nicht ganz so vordringlich wie die ersten drei Vorhaben. Schließlich taucht angeblich auch der Elbe-Lübeck-Kanal in der Auflistung auf, es geht um den Ausbau der Wasserstraße.

Nun bedeutet der Umstand allein, dass ein Projekt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird, nicht zwangsläufig einen baldigen Baubeginn. Erst zu einem späteren Zeitpunkt folgen aus so einem Regierungsprogramm Ausbaugesetze, die noch später zu Baurecht werden – vorbehaltlich der Finanzierbarkeit. Dennoch gilt ein Eintrag im Bundesverkehrswegeplan als Indiz, dass die Verantwortlichen in Berlin einen konkreten Bedarf erkannt haben.

Welcher das ist, wird Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch, 16. März, im Verkehrsausschuss des Bundestages offiziell vorstellen. Bis dahin will sein Haus die offenbar aufgrund einer Indiskretion vorab durchgesickerten Informationen weder bestätigen noch dementieren: „Kein Kommentar.“

In der politischen Landschaft Schleswig-Holsteins finden sie unterdessen ein breites Echo. Der Pinneberger SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann etwa, der von „erhärteten Gerüchten“ spricht, sagt: „Für viele Pendler aus unserer Region ist das eine sehr gute Nachricht.“ Viele von ihnen stünden täglich auf der A 23 im Stau. „Wenn es bei der Planung für diese 145 Millionen Euro teure Maßnahme bleibt, ist für sie mit dem sechsspurigen Ausbau zwischen Tornesch und Hamburg-Eidelstedt jetzt eine echte Entlastung in Sicht“, so Rossmann.

Ole Schröder (CDU), ebenfalls für den Kreis Pinneberg im Bundestag, sieht das genauso: „Der Ausbau der A 23 ist eine wichtige Maßnahme für die Bewohner des Kreises Pinneberg und den ganzen Hamburger Nordwesten, die schnellstens geplant und umgesetzt werden muss“, sagt er. Dabei dürften aber andere Projekte wie der Bau der ebenso wichtigen A 20 nicht ins Hintertreffen geraten oder gegenein-ander ausgespielt werden.

Nordöstlich von Hamburg überwiegt dagegen die Freude über den möglichen B-404-Ausbau und vor allem über die im Raum stehende Aufwertung des Elbe-Lübeck-Kanals. Lars Schöning, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, sagt: „Gemeinsam mit Partnern engagieren wir uns seit Jahren für diese Projekte. Wir freuen uns, dass der Bund unsere Argumente akzeptiert und damit die Anbindung unserer Region deutlich aufwertet.“ Der Elbe-Lübeck-Kanal sei die einzige Wasserstraße, die das Binnenwasserstraßennetz Mitteleuropas mit der Ostsee verbinde. Schöning: „Sein Ausbau für den Güterverkehr mit dem Binnenschiff wird die Straßen in der Metropolregion Hamburg deutlich entlasten.“

Das ist ein Aspekt, der auch dem schleswig-holsteinischen Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) gefällt. „Dahinter würde eine klare Aussage stehen, dass mehr Verkehr von der Straße auf die Wasserstraße verlagert würde“, sagt er, vorsichtshalber noch im Konjunktiv.

Eine Aufnahme der A 23 in den Bundesverkehrswegeplan könnte nach Ansicht seines Hauses schon sehr kurzfristig dazu führen, dass Autofahrer morgens und abends nicht mehr so lange im Stau stehen. Das Ministerium hat untersuchen lassen, wie der Verkehrsfluss zwischen der Hamburger Landesgrenze und dem Raum Pinneberg verbessert werden könnte. Experten sind zu dem Ergebnis gekommen, dass am sinnvollsten die Freigabe der Seitenstreifen wäre. „Um das genehmigt zu bekommen, muss der Ausbau aber im Bedarfsplan enthalten sein“, sagt Ministeriumssprecher Harald Haase.

Derzeit prüft das Ministerium, ob Ampeln auf den Autobahnauffahrten sinnvoll sind. Sie sorgen dafür, dass Autos nur in gesteuerten Intervallen auf die Autobahn auffahren können. Erhoffter Nutzen: Weniger stockender Verkehr am Morgen und am Abend.