Kiel/Hamburg. Naturschützer wollen Wassersport im Wattenmeer bis auf einige Ausnahmen verbieten. Diskussion bei Schleswig-Holsteins Umweltminister.

Eine geänderte Verordnung soll das Kitesurfen im Nationalpark Wattenmeer neu regeln. In die Debatte um ein mögliches Kitesurfverbot hat sich jetzt Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) eingeschaltet. Am heutigen Montag und Mittwoch wird er mit Tourismusvertretern, Naturschützern und Surfern über zukünftige Kite- und Ruhezonen sprechen.

„Kitesurfen wird immer populärer. Die Frage ist, ob die Kiter in jedem Winkel des Nationalparks surfen müssen oder ob es auch Gebiete geben kann, in denen die Vögel in Ruhe fressen oder sich ausruhen können. Ich denke, dass die Kitesurfer gerade wegen ihrer Naturverbundenheit solche Ruhezonen auch akzeptieren können“, so Habeck.

Wie berichtet fordern Naturschützer ein generelles Kitesurfverbot im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Bislang kann das Kitesurfen im Nationalpark nahezu überall ausgeübt werden. Und auch an der Ostsee sollen Kiter aus Naturschutzgebieten zeitweise verbannt werden. Dagegen wehren sich die Wassersportler.

Einer von ihnen ist Jörgen Vogt aus Hamburg. Eigentlich wäre der 44-Jährige jetzt in Südafrika, um an einem Kite­surfwettbewerb teilzunehmen. Stattdessen hält ihn der Kampf um seinen Sport auf Trab. Als Geschäftsführer der Global Kitesports Association (GKA), die die Interessen der Kitesportindustrie weltweit vertritt, setzt er sich dafür ein, dass Kiter weiterhin ihren Sport ohne große Einschränkungen ausüben können. Bislang waren die Kitesurfer nicht professionell organisiert. „Kiter sind Individualisten und haben mit Vereinsleben überhaupt nichts am Hut“, sagt der studierte Rechtsanwalt. Das ändert sich: 21.539 Unterschriften für die Petition „Kein generelles Verbot für das Kiten im Wattenmeer“ hat Vogt dem Bundesverkehrsministerium vorgelegt.

Die Wassersportler fordern, das Kiten generell zu erlauben und nur in ausgewiesenen Zonen zu verbieten. Ob und wo genau Vögel durch die großen Lenkdrachen beim Kitesurfen gestört werden, müsse gutachterlich nachgewiesen werden, so Vogt. Wo entsprechende wissenschaftliche Beweise vorliegen, würden sich die Wassersportler kooperativ zeigen. Vogt: „Auf Verbotszonen würden wir dann auch öffentlich hinweisen, mit Infozetteln beim Kauf von Kitematerial und im Internet.“

Der Hamburger
Jörgen Vogt, Kiter
und Geschäftsführer
der Global Kitesports
Association
(GKA), vertritt die
Belange der Kitesportindustrie
Der Hamburger Jörgen Vogt, Kiter und Geschäftsführer der Global Kitesports Association (GKA), vertritt die Belange der Kitesportindustrie © GKA

Weil Vögel durch die Lenkdrachen beim Kitesurfen aufgescheucht werden können, setzt sich der Nabu (Naturschutzbund Deutschland) dagegen für ein generelles Verbot ein. Naturschützer hätten Störungen der Vögel beobachtet. Die Naturschutzorganisationen Schutzstation Wattenmeer und WWF fordern eingegrenzte Zonen für Kitesurfer im Wattenmeer Schleswig-Holsteins. Kitesurfer seien in flachem Wasser nahe an Brut- und Rastgebieten aktiv, sagt Harald Förster, Ge­-schäftsführer der Schutzstation Wattenmeer. Mehr als zehn Millionen Wat- und Wasservögel kämen im Laufe eines Jahres ins Wattenmeer. Aus Niedersachsen, den Niederlanden und Großbritannien seien nach Angaben des Umweltministeriums in Kiel zehn Gutachten bekannt, die die Auswirkungen des Kitesurfens auf Vögel in Küsten- und Wattenmeerlebensräumen beschreiben. Dabei liegen Naturschützer und Wassersportler nicht weit auseinander: „Wir alle haben das Ziel, die Natur zu schützen“, so Jörgen Vogt. Nun geht es darum, ob es zu einem generellen Verbot mit Ausnahmen kommt oder zu einer generellen Erlaubnis mit Verbotszonen.

Für die Ostsee ist eine Neuregelung des Wassersports beim Bund beantragt

Das werde nun besprochen, heißt es aus Kiel, und dann ein entsprechender Antrag beim Bundesverkehrsministerium eingereicht, das für die Bundesbefahrensverordnung (regelt den Wassersport) zuständig ist.

Die besten Bilder der Kitesurf WM

Der Pringels KitesurfWorld Cup musste um einen Tag verkürzt werden
Der Pringels KitesurfWorld Cup musste um einen Tag verkürzt werden © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Meteorologen sagten für Sonntag Gewitter und Stürme voraus
Meteorologen sagten für Sonntag Gewitter und Stürme voraus © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Florian Gruber gewann den World Cup am Sonnabend
Florian Gruber gewann den World Cup am Sonnabend © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Vor einer Woche musste ein Wettkampf noch wegen zu wenig Wind verschoben werden
Vor einer Woche musste ein Wettkampf noch wegen zu wenig Wind verschoben werden © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Laut Veranstalter gilt der World Cup als größter Kitesurf-Veranstaltung der Welt
Laut Veranstalter gilt der World Cup als größter Kitesurf-Veranstaltung der Welt © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Die Teilnehmer traten in verschiedenen Disziplinen gegeneinander an
Die Teilnehmer traten in verschiedenen Disziplinen gegeneinander an © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Darunter auch Freestyle...
Darunter auch Freestyle... © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
...und verschiedene Slalom-Wettfahrten
...und verschiedene Slalom-Wettfahrten © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
ST PETER-ORDING, GERMANY - AUGUST 25: An athlete competes during the Pringles the kite surf world cup on August 25, 2015 in St Peter-Ording, Germany. (Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)
ST PETER-ORDING, GERMANY - AUGUST 25: An athlete competes during the Pringles the kite surf world cup on August 25, 2015 in St Peter-Ording, Germany. (Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images) © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
ST PETER-ORDING, GERMANY - AUGUST 25: An athlete competes during the Pringles the kite surf world cup on August 25, 2015 in St Peter-Ording, Germany. (Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images)
ST PETER-ORDING, GERMANY - AUGUST 25: An athlete competes during the Pringles the kite surf world cup on August 25, 2015 in St Peter-Ording, Germany. (Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images) © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
1/10

Die Befürchtung aber, dass im Wattenmeer überhaupt nicht mehr gekitet werden dürfe, räumt Minister Habeck aus: „Ziel ist es, im Nationalpark Kitesurfen zuzulassen und gleichzeitig sensible Gebiete, in denen viele Vögel rasten oder auf Nahrungssuche sind, zu schonen.“ Kompromisse gebe es bereits: „Für Sylt und Sankt Peter-Ording sind einvernehmliche Lösungen gefunden, die kaum eine Einschränkung für die Kiter darstellen, auch für andere Gebiete sind die Gespräche auf gutem Weg“, so Habeck. Die Strände vor den Inseln oder in St. Peter-Ording sowie die beliebten Spots an der Küste sollen weiterhin Kitereviere bleiben. Beschränkungen seien unter anderem vor Amrum, Föhr, Pellworm, Büsum und Nordstrand geplant.

Während die Änderungen an der Nordsee noch in Planung sind, ist für die Ostsee eine Neuregelung des Wassersports in den Gebieten nach der FFH-Naturschutzrichtlinie (Flora-Fauna-Habitat) beim Bund beantragt. Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutzvorgabe der EU. Ziel: wildlebende Arten und deren Lebensräume zu schützen. Dort sollen Kiter aus kleineren Naturschutzgebieten ganz oder für einen Zeitraum verbannt werden, darunter auch beliebte Surfspots wie Heidkate. Betroffen sind auch Vogelschutzgebiete. „Um hier die EU-Vorgaben besser einzuhalten, muss mehr für den Schutz der Gebiete getan werden. Deshalb soll mit Kitesurfern eine freiwillige Lösung gefunden werden, damit in Teilen dieser Gebiete in den Wintermonaten aufs Kiten verzichtet werden kann“, so Nicola Kabel, Sprecherin des Kieler Umweltministeriums. Kiter Jörgen Vogt befürchtet, dass sich einmal getroffene Vereinbarungen nicht zurücknehmen lassen, „da das Land Gefahr läuft, den FFH-Status zu verlieren und damit wichtige EU-Fördergelder“.