Hinter den Kulissen der ZDF-Serie „Nord Nord Mord“
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Westerland . Unsere Autorin ist einen Tag lang als Komparsin bei den Dreharbeiten zur ZDF-Serie auf Sylt dabei – und eine Sache hat sie gewundert.
Es weht eine frische Brise an diesem Donnerstagmorgen um 8.45 Uhr. Der Himmel präsentiert sich in dezenten Grauschattierungen und schickt feinen Nieselregen zu Boden. Nicht die besten Voraussetzungen für Außenaufnahmen eines Films. Ich stehe in Westerland am Autozug, wie so oft.
Doch etwas ist anders heute. Heute bin ich Teil einer Filmszene, zusammen mit etwa 20 weiteren Komparsen. Wir stehen am Autozug, sollen Wartende spielen für den ZDF-Krimi „Nord Nord Mord“. Schauspieler Robert Atzorn ermittelt als Kriminalkommissar Theo Clüver; unterstützt von Ina Behrendsen alias Julia Brendler und dem ehrgeizigen Hinnerk Feldmann, gespielt von Oliver Wnuk.
Wie man Komparse wird? Indem man sich bei einer Casting-Agentur registriert. Die will einiges wissen: Augenfarbe, Haarfarbe, besondere Kenntnisse, Schauspielerfahrung, Gewicht. Da habe ich übrigens geschummelt. Aber nur ein bisschen.
„Wir haben sehr treue Komparsen, die oft dabei sind“, sagt Regisseur Anno Saul. So wie Filmpolizist Hartmann mit seinem Schäferhund Asso, der auch im wahren Leben Polizist ist. Oder die Insulanerin Uta Sage. Sie ist Dauergast bei verschiedenen Produktionen. Was fasziniert sie so daran? „Man kommt mit sehr interessanten Menschen zusammen, tauscht Geschichten mit ihnen aus. Und man sieht die Schauspieler mal von einer anderen Seite“, erzählt die Insulanerin, die als Krimifan begeistert von Robert Atzorn und Axel Milberg ist. Der spielt in der Folge „Clüver und der tote Koch“ mit.
Mittlerweile hat das vierköpfige Kamerateam sein Equipment aufgebaut. Regieassistent Oliver Knorr erklärt uns die Szene. „Die Polizisten laufen gleich an euren Autos vorbei und kontrollieren eure Papiere. Dann fahrt ihr zur ersten Spur am Autozug. Wenn ich rufe ,Alles wieder auf Anfang‘, fahrt ihr rückwärts auf eure Plätze zurück. Alles klar?“ Alles klar.
Einem Komparsen ist die Kleidung nicht edel genug – er muss gehen
Obwohl ich nur Auto fahren soll, bin ich ein bisschen aufgeregt. Mittlerweile ist es 9.30 Uhr. „Worauf warten wir noch?“, fragt jemand Richtung Kamerateam. Kurz darauf sind alle startklar. Aufnahmeleiter Lars Busche ruft: „Und wir drehen – Ton ab!“ „Läuft!“ „Und bitte!“ Kaum bin ich losgefahren, brüllt jemand „Aus!“ Die Szene muss wiederholt werden. Warum, bekomme ich in der hinteren Reihe nicht mit. „Alles wieder auf Anfang!“ Wir fahren zurück zur Ausgangsposition. Fünfmal wird die Szene gedreht. „Manches ist beim ersten Mal im Kasten, andere Szenen dreht man 20-mal. Das kann man nie voraussehen“, sagt Aufnahmeleiter Lars. Am Set duzen sich alle. Die Atmosphäre ist entspannt, das Schmuddelwetter scheint niemandem die Stimmung zu verderben. Nach der Szene am Sylt-Shuttle geht es dann am Bahnhof weiter.
Fallschirmspringer zeigen Sylt spektakulär von oben
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Auf dem Weg dorthin bahnt sich Ärger an. „Ist ihm das nicht modisch genug?“, fragt Lars ins Headset. Darüber ist er mit anderen Crewmitgliedern ständig in Kontakt. Ein Komparse weigert sich, eine orangefarbene Rettungsweste anzulegen. „Er sagt, er ist ein gut betuchter Sylter, und er will so nicht herumlaufen“, sagt Lars. Muss er dann auch nicht, der gut betuchte Sylter. Für ihn ist somit Schluss mit dem Dreh.
Atzorn gibt sich erstaunlich unkompliziert – von Allüren keine Spur
Am Bahnhof angekommen, weist uns Oliver in die nächste Szene ein: nacheinander in kleinen Grüppchen Richtung Bahnhofstür laufen, Ausweis vorzeigen, alles wieder auf Anfang. Auch diese Szene ist nach fünf Anläufen im Kasten.
Wie reagieren die Profis, wenn Szenen ständig wiederholt werden müssen? Ungeduldig? „Das gehört zum Beruf dazu. Ich sehe das als Chance, etwas zu verbessern“, erklärt Hauptdarsteller Robert Atzorn. Im Gegensatz zum divenhaften, „gut betuchten“ Sylter zeigt sich Robert Atzorn unkompliziert. Eigentlich war erst nach dem Dreh ein Interview mit ihm vereinbart. Doch da wir uns zufällig vor der Mittagspause treffen und ins Gespräch kommen, lädt er mich spontan zum Gespräch in sein Wohnmobil ein. „Ich habe sowieso keinen Hunger“, so der Schauspieler.
Theo Clüver, sein Serienname, steht auf einem Klebestreifen seines Wohnmobils. Kaum etwas deutet darauf hin, dass sich darin überhaupt jemand aufhält: Nichts steht oder liegt herum, es herrscht klinische Ordnung. Robert Atzorn charakterisiert den Kriminalkommissar als einen Mann, „der in seinem Leben schon alles gesehen hat, Höhen und Tiefen erlebt hat, vor allem im Umgang mit den Tätern. Am meisten interessiert ihn die Biografie eines Verbrechers, was ihn zu der Tat geführt hat. Er zu einem Beobachter des Lebens geworden.“
Die beiden kommenden Fälle, in denen Theo Clüver und sein Team ermitteln, seien aber selbst für den erfahrenen Kommissar eine Herausforderung, verrät Atzorn. Sylt kannte der Schauspieler vor der Krimireihe nicht. „Nur Schickimicki. ,Was soll ich da?‘, dachte ich. Inzwischen verstehe ich die Anziehungskraft der Insel. Dieser kilometerlange Sandstrand ist nicht zu toppen, und ich liebe gerade den Herbst mit den starken Winden“, schwärmt Robert Atzorn. Draußen könne er gut abschalten von den Dreharbeiten, die schon mal 16 Stunden dauern können. „Außerdem meditiere ich zweimal täglich, mache Yoga. Im Moment besucht mich meine Frau, da bin ich ohnehin entspannt. Ich bin sehr zufrieden hier“, sagt der Schauspieler und lächelt zufrieden. Für ihn geht es jetzt zurück zum Set. Für mich ist der Drehtag schon um 13 Uhr zu Ende – mit vielen Eindrücken und Begegnungen, die im Gedächtnis bleiben.
Die Ausstrahlung der vierten „Nord Nord Mord“-Folge ist im März 2016 geplant.
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