SalzhemmendorfRegio. 24-Jähriger soll Asylunterkunft in Salzhemmendorf in Brand gesteckt haben. Er sitzt mit weiteren Verdächtigen in U-Haft.

Als in der Nacht zum Freitag ein Molotowcocktail die Scheibe der Flüchtlingsunterkunft in Salzhemmendorf zersplitterte, war es dem raschen Eingreifen der Freiwilligen Feuerwehr zu verdanken, dass der Brand nicht auf weitere Räume übergreifen konnte. Seit diesem Montag aber müssen die Einwohner des 10.000-Einwohner-Städtchens im Weserbergland noch einen weiteren Schock verkraften: Ausgerechnet ein 24-jähriger Feuerwehrmann aus ihrem Ort sitzt jetzt als Hauptverdächtiger in Untersuchungshaft, und er hat sich sogar an den Löscharbeiten beteiligt.

Es ist in Salzhemmendorf wie überall im ländlichen Raum: Die freiwillige Feuerwehr ist weit mehr als nur Rückversicherung bei Bränden und Unfällen, sie ist quasi das Rückgrat des gesellschaftlichen Lebens, das Gerätehaus ein wichtiger Treffpunkt und mit seinen modernen Fahrzeugen auch der ganze Stolz der Menschen. Und sie hat, wie Bürgermeister Clemens Pomme-rening an diesem Montag fast schon beschwörend feststellt, auch eine „inte­grative Aufgabe“.

Und genau dieser Aufgabe hat sich die Freiwillige Feuerwehr Salzhemmendorf vor zwei Jahren gestellt. Vor fünf Jahren nämlich ist der jetzt 24-jährige Hauptverdächtige bereits als kriminell aufgefallen, es ging um ein Körperverletzungsdelikt. Er hat zudem Abfallcontainer angesteckt. Damals haben sie ihn rausgeworfen aus der Feuerwehr. Aber als er vor zwei Jahren um seine Wiederaufnahme bat, hat er sie bekommen, die sprichwörtliche zweite Chance.

Und jetzt das: Außer dem 24-Jährigen sitzt noch ein zweiter 30-Jähriger aus Salzhemmendorf in U-Haft, hinzu kommt eine 24-jährige Frau aus der Region Hannover. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes. Tatsächlich ist es nur einem glückli-chen Zufall zu verdanken, dass die 34-jährige Asylbewerberin aus Simbabwe mit ihren drei Kindern in dieser Nacht im Nebenzimmer war – und dass der Molotowcocktail nicht explodierte und es deshalb bei einem Schwelbrand geblieben ist. Die Frau mit den vier, acht und elf Jahre alten Kindern ist jetzt in einer Privatwohnung untergebracht.

Noch am Freitagabend, nur 15 Stunden nach dem nächtlichen Anschlag, haben in Salzhemmendorf mehr als 2000 Menschen gegen Fremdenhass demonstriert, natürlich waren da auch ganz viele Feuerwehrleute dabei. Bürgermeister Pommerening hat zusammen mit dem Gemeindebrandmeister Walter Wiegmann am Montag nicht nur öffentlich gemacht, dass der mutmaßliche Täter ein Mitglied der Wehr ist und natürlich inzwischen längst beurlaubt. Die beiden Männer sahen sich auch zu einer sehr grundsätzlichen Feststellung gezwungen: „Die Feuerwehr Salzhemmendorf steht für die Grundprinzipien unserer demokratischen Gesellschaft ein und verurteilt jede Art von Extremismus und Radikalismus.“

Die beiden Verdächtigen aus dem Ort sollen Kontakte zur rechten Szene gehabt haben, aber die Staatsanwalt-schaft Hannover geht nicht davon aus, dass es Hintermänner gibt. „Es gibt keine Erkenntnisse, dass noch andere Personen in den Anschlag verwickelt gewesen sein könnten“, sagte Behördensprecherin Kathrin Söfker am Montag.

Und die Polizeiinspektion für den Landkreis Hameln-Pyrmont bleibt bei der Einschätzung, dass es keine nennenswerte recht Szene gibt in diesem Teil des Weserberglandes. Tatsächlich liegt die Zahl der rechten Straftaten hier deutlich niedriger als beispielsweise in den Nachbarkreisen Northeim und Hildesheim.

Aber natürlich gibt es auch bei den Feuerwehren in Niedersachsen Menschen mit rechtsextremistischem Gedankengut. Das ist nicht anders zu erwarten bei einer Organisation, die landesweit rund 125.000 Männer und Frauen allein als Mitglieder der Einsatzabteilungen hat und zu jährlich rund 20.000 Einsätzen allein bei Bränden ausrückt.

Der Landkreis Hameln-Pyrmont und der Kreisfeuerwehrverband haben am Montag angekündigt, man wolle künftig das Thema Rechtsextremismus stärker thematisieren, noch im Herbst sei eine Veranstaltung dazu geplant. Es gehe darum, wie man Bestrebungen zu einer rechten Unterwanderung frühzeitig erkennen könne.

Die zuständige Polizeidirektion Göttingen registrierte am vergangenen Wochenende mindestens drei Verdachtsfälle mit Autos, die nachts auffällig vor Asylunterkünften wurden. Dabei wurden Naziparolen gebrüllt. Die Polizei ist jetzt im Umfeld der Unterkünfte demonstrativ präsent. Ein permanenter Schutz, so heißt es, sei aber nicht möglich.