Im aktuellen Schwarzbuch listet der Steuerzahlerbund sechs Fälle aus Schleswig-Holstein auf, darunter teure Elektrofahrräder in Wedel und Baumängel, die der Uni Flensburg das Dach wegfliegen ließen.

Kiel. Der Bund der Steuerzahler schaut Politik und Verwaltung seit Jahrzehnten auf die Finger, ob sie öffentliche Gelder verschleudern. Auch dieses Jahr ist er wieder fündig geworden – nachzulesen in der 42. Auflage seines Schwarzbuchs „Die öffentliche Verschwendung“.

Das Land Schleswig-Holstein ist gleich mit sechs Fällen im aktuellen Schwarzbuch vertreten.

Stadtwerke Wedel radeln mit E-Bikes ins Minus

Mit ihrem Verleih von Elektrofahrrädern machen die Stadtwerke Wedel einen jährlichen Verlust von

76.000 Euro. Hinzu komme ein Zuschuss der Stadt in Höhe von 30.000 Euro im Jahr. Dabei sei eigentlich ein kostendeckender Betrieb vorgesehen gewesen, so der Steuerzahlerbund.

„Dennoch will man bei den Stadtwerken und der Stadt an dem Projekt festhalten“, so die Schwarzbuch-Autoren. „Die Stadt sieht ihren Zuschuss als wesentlichen Beitrag zur Förderung des Radverkehrs und der Elektromobilität.“ Und die Stadtwerke buchten das Defizit als Marketingaufwand, weil man sich dadurch eine Förderung des Geschäftszweigs Elektromobilität erhoffe, mit dem man beispielsweise über eine Stromtankstelle für Elektroautos künftig Geld verdienen wolle.

Norderstedter Spaßbad „Arriba“ sponsert Opernball

„Das städtisches Veranstaltungszentrum organisiert einen Opernball. Als Hauptsponsor tritt ausgerechnet das städtische Erlebnisbad „Arriba“ auf, das selbst einen jährlichen Millionenverlust erwirtschaftet“, so der Steuerzahlerbund.

„Doch diese Quersubventionierung geht zu Lasten der Stadt und ihrer Bürger, denn sie vermindert die Gewinnabführung des Eigenbetriebs an die Stadt. Und so bezahlen letztlich die Steuerzahler einen großen Teil des Opernballs“, schreiben die Autoren.

Bemerkenswert sei, wie sehr sich Kommunalunternehmen teilweise der öffentlichen Kontrolle entzögen– auch das zeige besonders dieser Fall. „Weder das Budget des Opernballs noch die Höhe des Sponsorings werden veröffentlicht. Sowohl dem Bund der Steuerzahler als auch der Grünen-Ratsfraktion in der Stadtvertretung wurde die öffentliche Auskunft dazu verweigert. Begründung: Es handele sich um unternehmerische Betriebsgeheimnisse.“

Teure Holzwege in Schleswig nach fünf Jahren marode

Öffentlichen Verschwendung sieht der Steuerzahlerbund auch in Schleswig. Sie hätten gerade einmal fünf Jahre gehalten: Die drei bis zu 50 Meter langen Holzstege, die zur Landesgartenschau 2008 in Schleswig in die Schlei hineingebaut wurden. Kosten damals: 535.000 Euro.

Das schreiben die Autoren: Die teure Konstruktion aus unbehandeltem Eichenholz wählte man aus gestalterischen Aspekten, teilte uns die Stadt auf Anfrage mit. Doch jetzt sind die Bohlen bereits so marode, dass sie ausgetauscht werden müssen. Geplante Kosten: 65.000 Euro.

Baumängel: Orkan reißt Dach der Flensburger Uni ab

Erst erkannte man die Baumängel am Dach des Universitätsgebäudes in Flensburg nicht, dann ließ man sich mit ihrer Behebung zu viel Zeit: Am Ende riss ein Orkan Professoren und Studenten das gesamte Dach überm Kopf weg. Schaden: 2,5 Millionen Euro. Zusammen mit zwei vorangegangenen Teilsanierungen wurden für die verpfuschte Dacheindeckung mehr als 2,8 Millionen Euro verschleudert.

Westensee leistet sich teure Gaststätte

Die Gemeinde Westensee findet sich in der Rubrik Teure Annehmlichkeiten wieder: Die wollte laut Bund der Steuerzahler unbedingt eine Gaststätte im eigenen Ort. Dafür sei sie bereit gewesen, einen hohen Preis zu zahlen. Für insgesamt 1,4 Millionen Euro wurde ein neues Gebäude errichtet – inklusive einer Wohnung für die Pächterfamilie.

„Die auf dem Wirtschaftlichkeitsgutachten basierende Pacht reicht gerade einmal aus, um den Kapitaldienst für ein Darlehen in Höhe von 500.000 Euro zu bedienen. Weitere 190.000 Euro werden aus den Rücklagen der Gemeinde entnommen“, schreibt der Steuerzahlerbund. Hinzu komme ein weiteres Darlehen von rund 250.000 Euro, für das Zins und Tilgung anfallen. Diese Kosten seien es den Gemeindevertretern wert, wieder eine eigene Gaststätte am Ort zu haben. Bleibe die Frage der betriebswirtschaftlichen Tragfähigkeit.

Fazit des Bundes der Steuerzahler: Für ihre eigene Gastwirtschaft geht die 1.500-Einwohner-Gemeinde ein großes finanzielles Wagnis ein.

Grebiner Mühlencafé droht zum Euro-Grab zu werden

Noch ein Fall aus Schleswig-Holstein, diesmal in der Rubrik “Verschwendung droht“: Völlig verrannt habe sich die Gemeinde Grebin mit dem Ankauf eines historischen Cafés in Nachbarschaft einer denkmalgeschützen Windmühle in der Holsteinischen Schweiz. Das Gebäude sei abbruchreif. Doch damit wollten sich die Gemeindevertreter nicht abfinden.

Inklusive der Nebenkosten habe sich der Ankauf auf rund 190.000 Euro, die aus den Gemeinderücklagen entnommen worden seine, belaufen“, so die Autoren. Danach beauftragte man ein Beratungsunternehmen mit der Entwicklung eines touristischen Konzepts für das Mühlenumfeld. Das Ergebnis sei ein Schock für die Gemeindevertreter gewesen: Demnach war das Mühlencafé nur für den Abriss geeignet.

Der Bund der Steuerzahler meint: Wer den selbst beauftragten Gutachteraussagen nicht folgen will, darf sich nicht wundern, wenn aus dem Mühlencafé ein Euro-Grab wird.

Lesen Sie hier die Fälle aus dem Schwarzbuch in Hamburg.

Lesen Sie hier die Fälle aus dem Schwarzbuch in Mecklenburg-Vorpommern.