Der Bau des Windparks 35 Kilometer vor der Küste der Ferieninsel ruft Einheimische und Naturschützer auf den Plan. Für die besorgten Sylter geht es auch um ein Sylter Markenzeichen.

Sylt. Bei bestem Wetter und guter Sicht ist er derzeit vor der Küste Sylts zu sehen: Der Schwimmkran „Svanen“ mit seinen mehr als 80 Metern Höhe nährt die Befürchtungen vieler Sylter, dass der Windpark „Butendiek“ den Blick aufs offene Meer verändern wird. Denn wenn „Svanen“ – der leistungsfähigste Schwimmkran der Welt – fertig ist, sollen etwa 35 Kilometer vor der Sylter Küste 80 Offshore-Windkraftanlagen Strom erzeugen. Aus Sicht vieler Insulaner ist dies ein Unding.

Zum Beispiel für Hayo Feikes, der das Hotel Roth am Strand in Westerland führt. Er sagt: „Man kann die Plattform des Krans vom Ufer aus sehen. Wenn die Anlagen stehen, dann werden unsere Gäste im zehnten Stock nach Einbruch der Dunkelheit wahrscheinlich einen Disco-Himmel am Horizont sehen.“ Schließlich seien die Blinklichter an der Spitze der Windkraftanlagen, die aus Gründen der Sicherheit eingesetzt werden, auch bei den Anlagen an Land weithin sichtbar. Auf der Insel selbst wird bislang kein Strom per Windrad erzeugt. Und das soll auch so bleiben. „Das passt nicht zur Insel“, sagt zum Beispiel Carsten Kerkamm, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Sylt, der die erkrankte Amtsinhaberin Petra Reiber vertritt.

Die Anlagen vor der Sylter Küste haben in den vergangenen Jahren immer wieder die Gemüter erregt, es gründete sich der Verein Gegenwind Sylt, der bis heute gegen „Butendiek“ mobil macht. Auch in der Politik auf der Insel sei das Thema immer noch hoch umstritten, sagt Carsten Kerkamm. Die Meinungen dazu seien geteilt. Persönlich sei er aus Gründen des Naturschutzes gegen den Bau, touristische Auswirkungen befürchtet er hingegen nicht. „Man wird es kaum sehen können“, sagt der CDU-Kommunalpolitiker und widerspricht so Hotelier Feikes, der auch vor den Folgen einer möglichen Tankerhavarie vor der Insel warnt, die durch die Anlagen ausgelöst werden könne.

Tourismusmanager Moritz Luft von Sylt Marketing sagt auf Abendblatt-Anfrage, er könne die Bedenken zwar verstehen, sehe aber keine nachhaltige Veränderung der Aussicht auf das Meer vor der Insel. Er setzt auf breite Information für die Einheimischen und die Touristen. Deswegen sei das Thema Offshore-Windkraft neben der Elektromobilität der große Schwerpunkt bei der Sylter Klimaschutzwoche, die in der Hochsaison im Juli geplant ist. „Wir wollen breit informieren“, sagt Luft. Er wolle unter anderem Politiker und andere Entscheidungsträger zu einer Podiumsdiskussion einladen und alle Betroffenen zu Wort kommen lassen.

Der Bau der 80 Anlagen vor der Küste wird dann vermutlich deutlich fortgeschritten sein. Laut Christian Schnibbe vom Bremer Unternehmen wpd, das den Windpark plant, baut und später auch betreiben will, laufe derzeit alles wie geplant. Mehr als 50 der sogenannten Monopiles, die als Fundamente für die Windräder benötigt werden, seien installiert. Auf mehr als zehn von ihnen stehen schon die „Transition Pieces“ auf denen die Anlage am Ende stehen wird. Zudem stehe bereits die Umspannplattform. Man halte sich an die umfangreichen Vorgaben der Behörden und setzte beispielsweise teure Schallschutzsysteme zum Schutz der Tiere ein. Wenn alles weiter so gut laufe wie bisher, sei August 2015 als Starttermin für die Stromproduktion realistisch.

Allerdings haben auch die Gerichte noch ein Wort mitzureden. Denn nach „langen internen Diskussionen“, sagt der für den Schutz der Meere zuständige Referent Kim Detloff, zog der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) im April gegen die Genehmigung des Windparks vor Gericht. Ebenso wie der Verein Gegenwind Sylt befürchten die Naturschützer einen massiven Eingriff in die Natur, insbesondere in die Schutzgebiete für Schweinswale und Seetaucher. Zwar gebe es bereits einen massiven Eingriff, die schlimmsten Folgen, insbesondere für die Seetaucher, die im EU-Vogelschutzgebiet Östliche Deutsche Bucht überwintern, könnten aber noch abgewendet werden. Nach Detloffs Worten spielen die Behörden auf Zeit. Das zunächst beklagte Bundesamt für Naturschutz (BfN) habe auf das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) verwiesen. Dieses hat, als der Nabu auch gegen das BSH Klage einreichte, eine Stellungnahme beim BfN angefordert. Detloff: „Das Gericht muss nach dem Recht agieren, kann sich aber nicht frei vom Baufortschritt machen.“ Die Klage und ein mögliches Urteil hätten eine weitreichende Bedeutung. Es werde entschieden, ob eine einmal genehmigte Planung später widerrufen werden könne.

Für die besorgten Sylter wie den Hotelier Hayo Feikes geht es hingegen auch um ein Sylter Markenzeichen. Er sagt: „Die Friesen sagen: rüm Hart, klar Kimming – reines Herz, klarer Horizont. Das war dann einmal.“