Wegen ihrer Pläne zur Reform der Lehrerausbildung wird Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraut Wende heftig attackiert. Die Unis von Kiel und Flensburg sind heillos zerstritten.

Kiel. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) hat die umstrittene Reform der Lehrerausbildung verteidigt. Im Bildungsausschuss des Landtags sagte sie am Donnerstag: „Auch die Gemeinschaftsschulen brauchen wie die Gymnasien Lehrer, die ihre Schüler bis zum Abitur führen können.“ Das neue Lehrkräftebildungsgesetz soll noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Das Reformvorhaben der Landesregierung hat in den vergangenen Wochen zu heftigen Debatten und starken Protesten geführt. Die oppositionelle CDU spricht von einem „Irrweg“ und hat die Ministerin mittlerweile aufgefordert, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Die FDP bezeichnete Wende als „beispiellos starrsinnig“.

Die beiden von den Veränderungen betroffenen Universitäten Kiel und Flensburg haben sich über die Reform in einer Weise zerstritten, die man vor Kurzem für unmöglich gehalten hätte.

Unmoderierte Gespräche der Unis über den Gesetzentwurf und seine Folgen sind mittlerweile nicht mehr möglich. Beim letzten Treffen hatte der Kieler Universitätspräsident Gerhard Fouquet mit „blutigem Krieg“ gedroht. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik und zeigt zugleich den Ernst der Lage, dass dieser Tage ausgerechnet die streitlustige Lehrergewerkschaft GEW den Unis empfahl, „Kriegsrhetorik und Lokalpatriotismus“ durch „Diplomatie und Kompromissfähigkeit“ zu ersetzen.

In dem Gesetzentwurf geht es um die Frage, wie Lehrer in Schleswig-Holstein in Zukunft ausgebildet werden. Die von SPD, Grünen und SSW getragene Landesregierung will, dass die neue Pädagogengeneration an Gymnasien und an Gemeinschaftsschulen gleichermaßen zum Einsatz kommen kann. Das einheitliche Studium soll an den Universitäten Kiel und Flensburg erfolgen. Flensburg muss dafür ausgebaut werden. 13 Fächer soll man dort auf Oberstufenniveau studieren können.

Kiel fürchtet diesen Ausbau. Geld, das nach Flensburg fließt, kann nicht mehr in Kiel ausgegeben werden. So einfach ist im Grunde die Rechnung. Aber um wie viel Geld geht es? Da rechnet jeder anders – und kommt zu Ergebnissen, die auf groteske Weise auseinanderklaffen. Das Bildungsministerium meint, mit jährlich 1,35 Millionen Euro Personalkosten und einmaligen Investitionen in Höhe von 1,2 Millionen Euro auskommen zu können, um die Flensburger Uni für die neue Lehrerausbildung herzurichten. Die Uni Kiel behauptet, dafür seien mindestens 55 Millionen Euro notwendig.

Man muss kein Bildungsexperte sein, um zu schlussfolgern, dass da irgendjemand völlig falsch liegt. Ist es das Bildungsministerium oder ist es die Kieler Uni? Für den Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) ist die Sache klar. „Die Zahlen der Uni kann ich mir nicht erklären. Da irrt die Uni“, sagte er am Dienstag vor Journalisten. Der NDR machte sich daraufhin auf die Suche nach einem Experten und fand das Berliner Hochschulberatungsinstitut CHE.

Das Reformvorhaben sei sinnvoll, sagen Experten. „Aber dünn ausgestattet“

Dessen Chef Christian Berthold wurde von dem Sender so zitiert: „Mit den 1,35 Millionen Euro könnte man vielleicht vier Studienfächer anbieten, mehr aber nicht.“ Auf Nachfrage des Hamburger Abendblatts mochte Berthold diesen Satz so nicht wiederholen. „Das Reformvorhaben ist sinnvoll, aber es ist finanziell sehr, sehr dünn ausgestattet“, sagte er. Allerdings habe er keine genauen Kenntnisse über die bauliche und personelle Situation in Flensburg. Zu den 55 Millionen Euro, die die Uni Kiel errechnet hat, sagte er: „Diese Zahl ist für mich schwer nachzuvollziehen.“

Am kommenden Dienstag will sich die Bildungsministerin erneut mit den beiden Unipräsidenten treffen und den Streit schlichten. Vielleicht rechnen bis dahin alle noch einmal nach.