Etwa 30 Monate zogen sich die Rettungsversuche für die P+S-Werften hin. Die Aufklärer der Pleite haben 2013 nur die ersten vier Monate beleuchtet. Auch die Staatsanwaltschaft kommt nur langsam voran.
Schwerin/Rostock. Die Ermittlungen zur Millionen-Pleite der P+S-Werften ziehen sich in die Länge. Der Untersuchungsausschuss des Landtags wird mindestens noch das ganze nächste Jahr mit der Aufklärung zu tun haben. „Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass wir uns zum Ende kommenden Jahres so weit verständigen, wie ein Abschlussbericht aussehen könnte“, sagt der Ausschussvorsitzende Jochen Schulte (SPD).
Als der Parlamentarische Untersuchungsausschuss im Herbst 2012 eingesetzt wurde, ging Schulte noch davon aus, den Abschlussbericht Mitte 2014 vorlegen zu können. Das bezeichnet er rückblickend als „mutige Hoffnung“. Denn schon die Aufklärung der ersten vier Monate des Werften-Untergangs (Dezember 2009 bis März 2010) nahm das gesamte Jahr 2013 in Anspruch.
Das Zwischenfazit: Schon frühzeitig war für alle Beteiligten erkennbar, dass die Sanierungsversuche ein hohes Risiko in sich bergen. Und dass die Landesregierung trotz des Eindrucks der Pleite der Wadan-Werften in Wismar und Warnemünde 2009 eine Rettung versuchte.
Hochspannende Fragen liegen vor dem Ausschuss. So wird zu klären sein, ab wann wem klar war, dass die Werft in Stralsund an den beiden Scandlines-Großfähren technisch scheitern würde. Bisher sieht es so aus, dass P+S vor allem deshalb unterging, weil die im Frühjahr 2010 als Auftrag angenommenen Fähren wieder und wieder – schließlich bis zur Insolvenz im August 2012 – nicht fertig wurden.
Eine weitere wichtige Frage: Wann musste der Schweriner Landesregierung bewusst sei, dass jeder weitere Euro Unterstützung aus Steuergeldern nichts mehr nützen und verloren sein würde? Im Frühsommer 2012 schnürte das Land mit Hilfe des Bundes und der EU quasi über Nacht ein letztes Hilfspaket über 152 Millionen Euro. Davon wurden 70 Millionen Euro ausgezahlt, ehe mit Rüdiger Fuchs ein neuer Geschäftsführer auf die Werft kam. Sein Urteil nach der wenige Tage in Anspruch nehmenden Lektüre der Geschäftsbücher: P+S ist nicht zu retten. Fuchs meldete am 30. August 2012 Insolvenz für die Schiffbaubetriebe in Stralsund und Wolgast mit 1800 Beschäftigten an.
Prominente Zeugen werden 2014 erwartet, darunter Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), denn die P+S-Rettung wurde zur Chefsache erklärt. Auch Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) wird aller Voraussicht nach in den Zeugenstand gerufen, ebenso die verschiedenen Geschäftsführer der P+S-Werften, möglicherweise auch Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann.
Schulte will zu Jahresbeginn mit den Vertretern der Fraktionen im Ausschuss beraten, wie die Untersuchungen beschleunigt werden können. „Wir müssen darüber reden, wie man jetzt relativ zügig zur eigentlichen Insolvenz kommt, ohne die Sachverhalte in der Zwischenzeit wegzuschieben.“ Dabei muss er mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Denn es ist noch nicht lange her, da hatte der Grünen-Obmann Johannes Saalfeld Schultes Rücktritt gefordert: Der Ausschussvorsitzende hatte bei einer Zeugenvernehmung Fragen der Opposition nicht zugelassen, die nach Meinung der Koalitionsvertreter über den vereinbarten Untersuchungsgegenstand hinausgingen. Der Streit scheint aber inzwischen beigelegt zu sein.
„Alle Beteiligten haben Anspruch darauf, umfassend Aufklärung zu verlangen, gleichzeitig muss ich als Ausschussvorsitzender aber auch auf die Einhaltung der Regeln achten“, betont Schulte. „Da müssen wir uns notfalls lieber ein, zwei Monate länger Zeit nehmen.“ Aber er bekennt auch: „Ich hätte mir schon gewünscht, dass es etwas schneller geht.“ Schon jetzt ist klar: Der Werften-Untersuchungsausschuss wird länger dauern als der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Der legte seinen 1300 Seiten umfassenden Abschlussbericht nach eineinhalb Jahren vor.
Auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Rostock zur Werftenpleite ziehen sich hin. Dort wird seit März 2013 wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung gegen die P+S-Geschäftsführung ermittelt. Die Staatsanwälte hegen den Anfangsverdacht, dass das Unternehmen seit rund zwei Jahren zahlungsunfähig gewesen sein könnte. Ob die Ermittler Anklage erheben, ist offen. Die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität muss sich durch einen großen Aktenberg arbeiten, die gesamte Buchhaltung und den Schriftverkehr durchleuchten. „Wir wären sicher schon weiter, wenn wir mehr Personal hätten“, sagt der zuständige Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Fiedler.