Über ein geradezu blindwütiges Spendensammeln wundert sich die Richterin im Prozess um Christian Wulffs einstigen Sprecher Olaf Glaeseker. Dem wird deswegen Bestechlichkeit vorgeworfen. Glaeseker weist alle Vorwürfe zurück.

Hannover. Zum Auftakt seines Prozesses wegen Bestechlichkeit hat der frühere Sprecher von Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Olaf Glaeseker, seinen früheren Dienstherrn belastet. Wulff sei stets über sein Handeln informiert gewesen, sagte Glaeseker am Montag vor dem Landgericht Hannover – und widersprach damit amtlichen Aussagen des Ex-Bundespräsidenten.

Glaeseker wird Bestechlichkeit im Amt als niedersächsischer Regierungssprecher vorgeworfen. Von 2007 bis 2009 soll er geholfen haben, Sponsoren für das Promi-Fest Nord-Süd-Dialog zu finden. Der ebenfalls angeklagte Event-Manager Manfred Schmidt soll ihn dafür zu Urlauben und Flugreisen eingeladen haben.

Auch wenn es keinen direkten Auftrag für das umstrittene Sammeln von Sponsorengeldern gegeben habe, sei Wulff doch stets im Bilde gewesen, betonte Glaeseker. „Ich habe mich im Sinne meines Dienstherren engagiert“, sagte der 52-Jährige, der alle Vorwürfe gegen ihn weit von sich wies. Im Februar wird Wulff zu den Vorwürfen gehört – gegen ihn läuft im gleichen Gericht ein Prozess wegen Vorteilsannahme.

Richterin Renata Bürgel interessierte sich am ersten Prozesstag vor allem für die Beteiligung Glaesekers bei der Sponsorenwerbung. Der hatte in einer Sammelmail „im Sinne des Ministerpräsidenten“ Unternehmen auf das von seinem Freund Schmidt organisierte Fest aufmerksam gemacht und um Unterstützung geworben. Mit Blick auf die Veranstaltung sagte er: „Es war erkennbar für mich, dass Wulff die Idee nicht nur unterstützte, sondern auch Unternehmen aktiv ansprach.“ Um sich die Arbeit zu erleichtern, habe er dann das, was Wulff erklärt habe, „in einer Sammel-E-Mail verschriftlicht“.

„Wieviel war notwendig?“, fragte die Richterin. Sie kam bei ihrer Befragung immer wieder zurück zu dem Aspekt, dass es offenbar keinen Überblick über die Höhe der benötigten Gelder oder die Gewinnmarge des Veranstalters gab. Glaeseker blieb darauf zunächst die Antwort schuldig.

Am Morgen hatte in einer von ihm verlesenen Erklärung zunächst seinen Berufsweg skizziert. Stets habe er sich als Journalist und Dienstleister gesehen, betonte er. Sein Verhältnis zu Wulff beschrieb er mit den Worten: „Ich wusste meist blind, was er wollte.“

Meist habe es Absprachen mit ihm auf dem kurzen Dienstweg gegeben. Als von außen in die Staatskanzlei gekommener Journalist sei er kein Mann der vielen Aktenvermerke gewesen. Ein Handeln ohne Wulffs Wissen oder gegen seinen Willen habe es nie gegeben. Auf die selbst gestellte Frage, warum er sich trotz eines fehlenden direkten Auftrags für das Eintreiben von Sponsorengeldern engagiert habe, antwortete Glaeseker: „Weil ich wusste, wie wichtig es für Wulff war.“ Der habe auch von seinen Urlauben bei Schmidt gewusst, mit dem er fast schon familiäre Freundschaftsbande pflege.

Auch Schmidt betonte die enge Beziehung zu Glaeseker und dessen Frau Vera: „Sie sind meine besten Freunde.“ Die Einladungen für die Besuche habe es lange vor dem Nord-Süd-Dialog gegeben – sie bestünden bis heute. Darüber hinaus habe Wulff Kenntnis davon gehabt. „Es ist für mich undenkbar, dass Wulff nicht davon gewusst hat“, ließ Schmidt von seinem Anwalt erklären. Seine berufliche Existenz sei durch das Ermittlungsverfahren und die breite Berichterstattung darüber ruiniert. Mit stockender Stimme war zuvor auch Glaeseker auf seine Enttäuschung über die Umstände seiner Entlassung und die Hausdurchsuchung mit den Worten eingegangen: „Es gab manche Enttäuschung, aber Verbitterung ist meine Sache nicht.“

Olaf Glaeseker: Krisenmanager und Strippenzieher

Vom Chefstrategen auf die Angeklagebank: Olaf Glaeseker legte an der Seite von Christian Wulff eine steile Karriere vom Politik-Journalisten bis zum Sprecher des Bundespräsidenten hin. Am Aufstieg Wulffs war er als Drahtzieher im Hintergrund maßgeblich beteiligt, der Fall des Politikers bedeutete auch für den heute 52-jährigen Glaeseker das vorläufige Karriereende.

Als Wulff 2003 Ministerpräsident in Niedersachsen wurde, machte er Glaeseker zum Regierungssprecher, vorher hatte dieser bereits in der Partei für ihn gearbeitet. Der Ministerpräsident und Glaeseker galten lange Zeit als untrennbar.

Wulffs erste Scheidung und den Beginn der inzwischen ebenfalls gescheiterten Beziehung mit seiner zweiten Frau Bettina lancierte Glaeseker geschickt in der Presse. In den Medien wurde der hochgewachsene Mann nach Wulffs Wahl zum Bundespräsidenten 2010 sogar als „der Präsidentenflüsterer“ bezeichnet. Glaeseker folgte Wulff umgehend als Sprecher nach Berlin.

Kurz vor Weihnachten 2011 kam dann der Bruch: Glaeseker wurde von Wulff, damals noch Bundespräsident, entlassen, als Wulff wegen des Kredits für sein inzwischen verkauftes Haus in die Schlagzeilen kam. Das Verhältnis zwischen den einstigen Weggefährten liegt seither brach.