Der Ex-Bundespräsident ist Anfang Februar als Zeuge im Prozess gegen seinen ehemaligen Sprecher geladen. Maria Furtwängler und ihr Mann Hubert Burda trugen am Donnerstag wenig zur Wahrheitsfindung im Prozess gegen Wulff bei.

Hannover. Seit mehr als eineinhalb Jahren haben sich Christian Wulff und Olaf Glaeseker nicht mehr gesehen. Wulff hatte seinen „siamesischen Zwilling“, wie er Glaeseker selbst einst nannte, im Juni 2012 noch zu seiner Feier zum 53. Geburtstag in Hannover eingeladen. Seither herrscht Funkstille. Doch die Tage der getrennten Wege sind gezählt: Anfang Februar wird Wulff als Zeuge im Korruptionsprozess gegen seinen einstigen Vertrauten aussagen.

Mit dem am Montag beginnenden Verfahren erreicht der zweite große Korruptionsprozess innerhalb weniger Wochen den Verhandlungssaal 127 im Landgericht Hannover. Seit dem 14. November sitzt hier bereits Wulff mindestens einmal pro Woche auf der Anklagebank. Ihm wird Vorteilsannahme im Amt als niedersächsischer Ministerpräsident vorgeworfen, weil er sich 2008 vom Filmfinancier David Groenewold einen Teil seiner Hotelrechnung während eines Oktoberfestbesuches bezahlen ließ. Im Gegenzug soll er laut Staatsanwaltschaft Hannover für ein Filmprojekt geworben haben. Wulff bestreitet das und verweist auf eine Freundschaft ohne Gegenleistungen.

Auch im Verfahren gegen Glaeseker geht es um Freundschaft, Gefallen und Geld. Die Staatsanwaltschaft wirft Glaeseker Bestechlichkeit vor. Der damalige Wulff-Sprecher soll dem Partymanager Manfred Schmidt von 2007 bis 2009 bei der Sponsorensuche für die Promi-Fete „Nord-Süd-Dialog“ geholfen haben. Schmidt soll damit rund eine Million Euro Gewinn gemacht haben. Im Gegenzug soll er Glaeseker laut Staatsanwaltschaft „als Belohnung“ zu neun Urlauben in seine Häuser nach Spanien und Frankreich eingeladen sowie 19 Freiflüge im Gesamtwert von etwa 12 000 Euro verschafft haben.

Wulffs Aussage mit Spannung erwartet

Glaeseker und Schmidt streiten dies ab – ihre Freundschaft sei deutlich älter als der „Nord-Süd-Dialog“. Zudem handele es sich bei den Häusern in Spanien und Frankreich nicht um Feriendomizile, sondern um die jeweiligen Wohnorte Schmidts. Die Sponsorensuche sei auch keine Diensthandlung gewesen, sondern eine Privathandlung im Landesinteresse. Rund 650 000 Euro Sponsorengelder soll Glaeseker für die Feier akquiriert haben.

Glaesekers Aufeinandertreffen mit Wulff dürfte – abgesehen von der Urteilsverkündung – der Höhepunkt des Verfahrens sein. Bislang erscheint die Zeugenliste für die 18 Verhandlungstage übersichtlich. Viele prominente Namen wie der des damaligen baden-württembergischen Regierungschefs Günther Oettinger – er war wie Wulff Schirmherr der Veranstaltungen – fehlen bislang. Auch Vernehmungen von Wulffs Ehefrau Bettina oder Ex-Ministerpräsident David McAllister sind noch nicht geplant. Bekannt ist nur TV-Moderatorin Sabine Christiansen, die ebenfalls seit vielen Jahren eine Freundschaft mit Schmidt pflegt. Ein Gerichtssprecher betonte aber, dass die Zeugenliste bei Bedarf jederzeit erweitert werden könne.

Doch zurück zu Wulff: Dieser hat sich gegenüber der Justiz bereits ausführlich zu den Vorwürfen gegen Glaeseker geäußert. Vier Tage nach dem letzten Treffen 2012 sagt er der Staatsanwaltschaft, dass er von Glaesekers Freundschaft mit Schmidt ebenso wenig gewusst habe wie von den Besuchen in Spanien und Frankreich. Die spannende Frage sei nun - da sind sich Prozessinsider einig – ob Wulff vor Gericht bei seiner Aussage bleibe oder ob er seine Einlassung präzisiere und dadurch Glaeseker entlaste. Denn es gibt Zweifel an Wulffs Unkenntnis, weil neben Glaeseker auch dessen Ex-Frau Christiane sowie die gemeinsame Tochter bei Schmidt zu Gast gewesen sein soll

Furtwängler erinnert sich wenig an Oktoberfest-Besuch

Im Prozess gegen den Ex-Präsidenten Christian Wulff hat Verleger Hubert Burda am Donnerstag ein Treffen mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten beim Oktoberfest 2008 bestätigt. Er habe sich mit Wulff ganz kurz über Medienpolitik unterhalten, sagte Burda am Donnerstag als Zeuge im Prozess am Landgericht Hannover. Anschließend sagte Burdas Frau, die Schauspielerin Maria Furtwängler, sie könne sich nur noch an sehr wenig erinnern. „Was kann meine Aussage eigentlich zur Klärung beitragen?“, fragte sie nach ihrer kurzen Vernehmung als Zeugin und wirkte dabei etwas genervt.

Furtwängler weiß „beim besten Willen nicht“, wer am Abend die Rechnung bezahlt hat, oder wer außer ihrem Mann Hubert Burda und Bettina Wulff da war, geschweige denn was die Wulffs gegessen haben. „Ich dachte, mein Mann lädt ein, weil er das eigentlich immer macht“, betont sie. Sie selbst habe nichts bezahlt.

Doch eigentlich, so weiß die ganz in Schwarz gekleidete Furtwängler zu berichten, seien Wiesn-Besuche so gar nicht ihr Ding: „Da ist es unendlich voll, stickig und dampfig.“ Da sie nicht „scharf auf einen Wiesn-Besuch“ war, sei sie „auch bald gegangen“. Dies sei nach eineinhalb Stunden gewesen.

Zwischenfazit im Prozess angekündigt

Für den 8. Prozesstermin am 19. Dezember kündigt Rosenow am Donnerstag überraschend ein Zwischenfazit an. Ein für große Prozesse nicht unüblicher Vorgang – doch was es konkret bedeutet, lässt er offen. Eigentlich sind 22 Verhandlungstage bis April 2014 angesetzt. Erwartungsgemäß wollen weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft den Vorgang kommentieren. Denkbar sei „das gesamte Spektrum“, betonen Juristen: Freispruch, Fortsetzung oder Abschluss gegen Geldauflage.

Und Wulff? Den Ex-Bundespräsidenten dürfte der bisherige Verlauf durchaus optimistisch stimmen. Immer wieder nickt er einigen Zeugen bei der Vernehmung zustimmend zu. Kein Wunder, denn wichtige Zeugen wie Mitarbeiter des Hotels „Bayerischer Hof“ und Verleger Hubert Burda stützen mit ihren Aussagen die Argumentation der Verteidigung.

So habe Wulff – wie er selbst behauptet – nichts von der Übernahme der Hotelkosten von rund 720 Euro durch den Filmfinanzier David Groenewold mitbekommen müssen. Auch das – mit vier bis fünf Sätzen allerdings sehr kurze – von Burda am Donnerstag bestätigte Dienstgespräch über den Rundfunkstaatsvertrag auf der Wiesn spricht für Wulff, den für Medienpolitik zuständigen damaligen Ministerpräsidenten. Denn so hätte er sich die Hotelkosten vom Land zahlen lassen können, also keinen Grund gehabt, sich einladen zu lassen.

Wulff wird vorgeworfen, dass er sich den Hotelaufenthalt in München teilweise von Groenewold bezahlen ließ. Er selbst betonte, er habe davon erst Anfang 2012 erfahren. Hingegen geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Wulff sich wissentlich einladen ließ, also einen verbotenen Vorteil angenommen hat. Denn im Gegenzug soll er später für einen Film seines Freundes Groenewold bei Siemens um Geld geworben haben. Trotz des Zwischenfazits geht es in der kommenden Woche mit der Vernehmung von Wulffs inzwischen getrennt lebender Ehefrau Bettina weiter.