Maria Furtwängler und ihr Mann Hubert Burda tragen wenig zur Wahrheitsfindung im Prozess gegen Ex-Präsidenten bei. Hubert Burda bestätigt dem Gericht, dass er mit Wulff auf dem Oktoberfest auch dienstlich gesprochen habe.
Hannover. So richtig viel schlauer ist man am Ende des fünften Prozesstages im Verfahren gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff und den Filmunternehmer David Groenewold wieder nicht. Maria Furtwängler hat einen eher saloppen Auftritt als Zeugin hingelegt, auch ihr Ehemann Hubert Burda hat seine Aussage mit einer gewissen Portion Humor gewürzt. Richter Frank Rosenow kündigt an, kurz vor Weihnachten ein erstes „Zwischenfazit“ des Verfahrens ziehen zu wollen. Ob er darin womöglich zu dem Schluss kommt, dass weitere Prozesstage das Gericht auch nicht erheblich weiterbringen werden in diesem Korruptionsverfahren, ist jedenfalls nicht ausgeschlossen.
Rosenow hat sich mit seinen Beisitzer mittlerweile zum Höhepunkt jenes Oktoberfestwochenendes vorgearbeitet, das Groenewold und Wulff 2008 gemeinsam in München verbracht haben: dem gemeinsamen Wiesn-Besuch am Abend des 27. September, zu dem außer den Wulffs auch der Verleger Hubert Burda und seine Ehefrau, die Schauspielerin Maria Furtwängler, geladen waren. Allerdings, so ganz sicher sind sich die beiden prominenten Zeugen fünf Jahre später im Schwurgerichtssaal des Landgerichts nicht mehr, wer eigentlich der Gastgeber im Festzelt des Feinkosthändlers Käfer gewesen ist.
Maria Furtwängler antwortet auf eine entsprechende Frage des Richters recht amüsiert: „Eigentlich gehe ich immer davon aus, dass mein Mann einlädt.“ Sie selbst sei es jedenfalls nicht gewesen. Ihr Mann dagegen gibt auf die gleiche Frage zu Protokoll: „Ich bin schon davon ausgegangen, dass ich eingeladen bin.“ Rückfrage des Richters: „Von wem?“ Antwort Burda: „Ich dachte vom Wulff.“ Groenewold, den eigentlichen Gastgeber, hat der Verleger dagegen kaum wahrgenommen. Es sei eher „norddeutsch“ zugegangen an diesem Abend im Oktoberfestzelt, berichtet Burda augenzwinkernd. Anders als in Bayern üblich, seien die Gäste einander nicht vorgestellt worden. Er beschreibt dann noch brav, was er gegessen (Weißwürstel mit Kraut wie immer) und getrunken (eher wenig) habe und dass er um „halb zehn oder halb elf“ das Oktoberfest verlassen habe. Auf jeden Fall nach seiner Ehefrau, die sei schon früher weg gewesen.
Immerhin: Hubert Burda bestätigt dem Gericht, dass er mit Wulff auf dem Oktoberfest auch dienstlich gesprochen habe, „vier, fünf Sätze, dann wurde es lauter“. Ein für den frühen Abend im Bayerischen Hof terminiertes Vieraugengespräch mit dem Ministerpräsidenten sei dagegen nicht zustande gekommen, weil Wulff abgesagt habe. Man habe stattdessen miteinander telefoniert und sich auf diesem Weg über die künftige Ausgestaltung des Rundfunkstaatsvertrags ausgetauscht.
Eine Aussage, die insofern Bedeutung hat, dass Wulff seinen München-Trip als Dienstreise wertet, deren Kosten ihm im Zweifel vollständig erstattet worden wären. Als Beleg dieses dienstlichen Reisezwecks nennt Wulff eben jenes eigentlich für 18 Uhr terminierte Gespräch mit Burda. Nach Wulffs von Burdas Aussage abweichender Darstellung war es dann allerdings Burda, der den Vieraugentermin gecancelt hatte.
Man sieht, der Detailreichtum dieses Prozesses, macht es dem Gericht nicht wirklich leicht, der Wahrheit über die Abläufe an jenem Oktoberfestwochenende näherzukommen. Zu ihm soll David Groenewold laut Anklage ja Wulff eingeladen haben, um diesen im Gegenzug dazu zu bewegen, sich im Sinne einer von Groenewold unterstützen Filmproduktion einzusetzen. Laut Wulff hat Groenewold dagegen nicht aus kaltem Kalkül, sondern aus unschuldiger Freundschaft einen Teil der Übernachtungskosten sowie die Oktoberfestrechnung übernommen.
Ein persönlicher Vorteil habe ihm daraus gar nicht erwachsen können, weil er andernfalls einfach alle Kosten dienstlich hätte verrechnen können. Insofern war das kurze Gespräch über den Rundfunkstaatsvertrag nicht nur für Professor Burda und den von ihm geführten Zeitschriftenverlegerverband („Der Wulff war jemand, bei dem wusste ich, der hat’s kapiert“) von Bedeutung, sondern auch für den Angeklagten Wulff.
Maria Furtwängler absolviert ihren Auftritt vor Gericht nicht ganz so respektvoll wie ihr Ehemann. Im Gegenteil: Die „Tatort“-Kommissarin (Charlotte Lindholm), die in ihren Filmen in Niedersachsen ermittelt, macht an diesem Donnerstag kaum einen Hehl daraus, dass sie ihre Befragung vor Gericht und vermutlich auch den ganzen Prozess ziemlich unangebracht und lächerlich findet.
Furtwängler ist wie Burda in Begleitung des Prominentenanwalts Christian Schertz nach Hannover gekommen und fragt diesen schon bei der obligatorischen Altersabfrage des Gerichts: „Muss ich das beantworten?“ Sie muss. Die Frage des Gerichts nach dem genauen Zeitpunkt des Oktoberfestbesuchs kontert Furtwängler dann mit einem amüsiert-patzigen: „Meinen Sie das im Ernst?“ Ja, antwortet der Richter. „Keine Ahnung“, erwidert Furtwängler. Ein paar Minuten später ist der Auftritt der Schauspielerin im Schwurgerichtssaal des Landgerichts beendet. Er hat insgesamt keine Viertelstunde gedauert. Und wenn man einen Strich drunterzieht, ist man der Antwort auf die Frage, ob Christian Wulff mit seinem Oktoberfestbesuch 2008 einen Vorteil angenommen hat, dabei genau so wenig nähergekommen wie bei der anschließenden Befragung der damaligen Groenewold-Begleitung.
Allerdings eine Frage hat Maria Furtwängler noch, bevor sie den Gerichtssaal wieder verlässt. „Was könnte meine Aussage im allerbesten Fall denn zur Wahrheitsfindung beitragen?“, fragt die Schauspielerin den Richter spitz. Die knappe Antwort Rosenows: „Das werden Sie bei der Urteilsbegründung erfahren.“ Abgang Maria Furtwängler. Und das war’s dann auch fast schon an diesem fünften Prozesstag, an dem man sich einmal mehr gewundert hat, warum die Staatsanwaltschaft so zurückhaltend agiert, keine eigenen Fragen stellt und bei Widersprüchen nicht nachfragt.
Immerhin: Richter Rosenow, der die vielen Gedächtnislücken und Ungenauigkeiten, die der bisherige Verhandlungsverlauf offenbart hat, bis auf eine Ausnahme freundlich ertragen hat, gibt den Beteiligten noch einen Hinweis mit auf den Weg. Er wolle am achten Prozesstag eine erste „Zwischenbilanz“ des Verfahrens ziehen. Weitere Beweisanträge zum Verlauf des Oktoberfestbesuchs 2008 sollten daher umgehend gestellt werden. Es gibt Beobachter dieses Verfahrens, die aus diesem Diktum den Schluss ziehen, Rosenow wolle den sich dahinschleppenden Prozess möglicherweise vorzeitig beenden.
Dazu könnte die Strafkammer Anklage und Verteidigung nahelegen, sich womöglich doch noch zu einer Einstellung des Verfahrens gegen Geldbuße bereit zu erklären. Einer Buße, die dann aber deutlich unter jenen 20.000 Euro beziehungsweise 30.000 Euro liegen dürfte, die die Staatsanwaltschaft Wulff und Groenewold bereits vor Anklageerhebung als Einstellungsvoraussetzung angeboten hatte.