Bunte Rentiere, blinkende Glocken, leuchtende Sterne: Nicht nur Amerikaner schmücken ihre Häuser in der Adventszeit mit üppiger Deko. Auch in Niedersachsen erstrahlen Häuser im grellen Licht unzähliger Glühbirnen.

Delmenhorst/Wedemark. Seine Lampen will Wilhelm Balke gar nicht mehr zählen. „Das sind Zigtausende“, meint der 60-Jährige. Seit einigen Jahren behängt er sein Klinkerhaus in der Gemeinde Wedemark (Region Hannover) mit Lichterketten, stellt bunte Rentiere, schlittenfahrende Pinguine und blinkende Glocken in den Vorgarten.

Immer mehr Menschen auch in Niedersachsen finden Gefallen am extremen Schmücken ihrer Heime. „Lichterbräuche spielen im adventlichen Kontext eine große Rolle“, erklärt Katrin Bauer vom Amt für rheinische Landeskunde des Landschaftsverbands Rheinland. Die Wissenschaftler forschen im Bereich Alltagskultur und untersuchen auch Weihnachtsbräuche. Weihnachtsschmuck war laut Bauer bereits früher auch häufig ein Statussymbol. „Wir hören immer wieder vom weihnachtlichen Wettrüsten in Nachbarschaften“, berichtet Bauer. „Strom ist ja teuer. Das Geld spielt also keine Rolle.“

Im Lampenfieber scheuen die Dekorateure keine Kosten. Auch für Wilhelm Balke ist das per Zeitschaltuhr gesteuerte Lichtermeer ein eher teurer Spaß. „Für die Stromrechnung könnte ich schön in den Urlaub fahren“, berichtet der 60-Jährige. Doch mit dem Spektakel begeistert er den Nachwuchs der Region. Kinder pilgern Jahr für Jahr zum „Weihnachtswilhelm“, bestaunen das Weihnachtshaus, werfen Wunschzettel in den Briefkasten. „Wir haben klein angefangen, aber dann kamen immer mehr Kinder, aus Walsrode, aus Hannover“, erzählt er.

„Es ist vielleicht auch eine Kommunikation mit den Nachbarn und Außenstehenden„, berichtet die Brauchtumsexpertin Bauer. „Manche Häuser entwickeln sich zu richtigen Touristenmagneten.“

Martina und Sven Borchart aus Delmenhorst verbinden ihre Leidenschaft für üppige Weihnachtsbeleuchtung gar mit einer Spendensammlung. Etwa 45.000 Lämpchen lassen die Doppelhaushälfte vom Gartenzaun bis zum Dachfirst erstrahlen. Die Adventsattraktion in der Stadt zwischen Bremen und Oldenburg hat sich inzwischen herumgesprochen. Immer wieder kommen Passanten, staunen und füttern den Plastikweihnachtsmann am Zaun mit Münzen.

Das Ehepaar freut sich über Spenden für eine Förderschule in Delmenhorst. Abends um 21.00 Uhr schalten die Borcharts den leuchtenden Weihnachtszauber, der jedes Jahr etwas umfangreicher wird, wieder aus. Das hält die Stromkosten im Rahmen und sorgt für Nachtruhe in der Nachbarschaft. Der Spendenweihnachtsmann muss natürlich nicht im Freien übernachten. „Den nehme ich gleich mit ins Haus“, sagt Sven Borchart. Damit niemand auf dumme Gedanken kommt.