Ob Knecht Ruprecht oder Schwarzer Peter genannt: Vor dem schaurigen Mann mit der Rute fürchteten sich Generationen. In den Niederlanden befasst sich sogar der Menschenrechtskommissar mit der Gestalt.
Ilberstedt. Er hat viele Namen: Knecht Ruprecht, Rubbelz, Krampus, Schwarzer Peter, Hans Trapp und andere mehr. Oft in Fell gehüllt, das Gesicht geschwärzt, manchmal mit Ketten rasselnd, hat er Generationen von Kindern mit seiner Rute das Fürchten gelehrt. Die Rede ist vom legendären Begleiter des heiligen Bischofs Nikolaus. Die dunkle Gestalt, die mit seinem Herrn um den 6. Dezember herum von Haus zu Haus zieht und Familien besucht, gibt Rätsel auf.
Was hat dieses meist schaurig-dämonische Wesen in einem kirchlichen Brauch zu suchen, noch dazu als Begleitung eines Heiligen? Im 19. Jahrhundert glaubten Wissenschaftler, es sei ein Überbleibsel heidnisch-germanischer Winterrituale. Auch die Auffassung, die schaurige Verkleidung solle böse Geister vertreiben, war verbreitet. Einig waren sie sich darin, dass es sich um den Rest eines heidnischen Kultes handele, den die Kirche nicht ausrotten konnte und deshalb ins christliche Brauchtum einzugliedern versuchte.
In Sachsen-Anhalt gibt es eine weitere Theorie. Ihr zufolge „kommt“ Knecht Ruprecht aus Cölbigk, einem Ortstteil von Ilberstedt bei Bernburg. Dort lebte der Überlieferung nach vor rund 1000 Jahren ein Priester mit Namen Rupert oder Ruprecht. Als er am Weihnachtsabend des Jahres 1021 die Messe las, fand sich auf dem Platz vor der Kirche eine Gruppe Jugendlicher ein. Sie vergnügten sich lautstark bei Tanz und Gesang. Ruprecht mahnte sie vergeblich, damit aufzuhören. Daraufhin verwünschte er die Gruppe, ein ganzes Jahr ohne Unterlass zu tanzen, was der Legende nach auch geschah. Erst der Bischof von Köln hat die Unglücklichen durch die Absolution von dem Bann befreit. Einige Tänzer starben anschließend, die anderen litten ihr Leben lang an Gliederzuckungen, so die Überlieferung.
In Cölbigk und Umgebung sehen viele in dem unheimlichen Priester den Ursprung der Ruprechtsfigur. Auch wenn dies nicht unwidersprochen bleibt, gehört der Furcht einflößende Geselle bis heute zum Repertoire mancher Nikolausfeier. Die Psychologie hat ihren Frieden damit geschlossen. Manche ihrer Vertreter haben Knecht Ruprecht wie seinem Herrn mittlerweile sogar das Prädikat „pädagogisch wertvoll“ verliehen. Er stelle wie der böse Wolf im Märchen die dunkle Seite des Menschen dar, so Gisela Rohrer vom Bund der Deutschen Psychologen. Im Zusammenspiel des heiligen Nikolaus mit seinem Begleiter könnten Kinder lernen, richtig mit Aggressionen umzugehen.
Von anderer Seite ist der Kompagnon des Bischofs von Myra in seiner niederländischen Variante allerdings unter Beschuss geraten. Dort tritt er als der „Zwarte Piet“ („Schwarzer Peter“) auf. Vor allem Menschen afrikanischer Herkunft sehen darin „inakzeptable, koloniale Haltungen, die sie rassistisch und beleidigend finden“, wie das Hohe Kommissariat der Vereinten Nationen für Menschenrechte betont. Die Gestalt des „Zwarten Piet“ erscheint im Brauchtum erst im 19. Jahrhundert. Inwieweit sie mit der Kolonialvergangenheit des Landes zu tun hat, wird in der Forschung noch diskutiert. Beim UN-Menschenrechtsbüro befasst sich aber bereits eine Arbeitsgruppe von fünf Experten und drei Sonderberichterstattern mit dem „Zwarten Piet“.