Die 72-Jährige kam in einem Sarg ins Krankenhaus – und atmete plötzlich weiter. Die Ärzte rätseln über die Panne. Das Unfallopfer befindet sich in einem kritischen Zustand.

Heide/Hamburg. Die nach dem Frontalzusammenstoß auf der Autobahn 23 irrtümlich für tot erklärte Frau liegt auf der Intensivstation des Westküstenklinikum in Heide im Koma. „Die Frau hat schwerste Kopfverletzungen und weitere Verletzungen erlitten und ist vier Stunden lang operiert worden“, sagte Harald Stender, Geschäftsführer des Klinikums.

Unter welchen Umständen die 72-Jährige für tot erklärt wurde, bleibt rätselhaft. Bei dem Frontalzusammenstoß zweier Autos starben eine Frau, 36, und ein kleiner Junge, 6, aus Husum. Außerdem gab es sechs Schwerverletzte – darunter drei Kinder.

Der 18-jährige Fahrer eines Kombis, der aus ungeklärten Gründen in einer Autobahnbaustelle auf die nicht mit einer Leitplanke gesicherte Gegenfahrbahn geraten war, schwebt weiter in Lebensgefahr, teilte das Klinikum Itzehoe mit. Ihm wurde eine Blutprobe abgenommen, das Ergebnis lag am Dienstag noch nicht vor.

Den anderen Schwerverletzten, die auf mehrere Krankenhäusern in der Region verteilt wurden, gehe es langsam besser, sagte Christian Mandel, Sprecher der Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein.

„Der Fall der für klinisch tot gehalten Frau ist an sich ungewöhnlich, aber man muss die dramatischen Umstände mitbedenken“, sagte Mandel. An den Unfallort rasten sechs Rettungswagen mit 12 Rettungsassistenten und vier Notarzteinsatzwagen mit vier Ärzten und vier Rettungsassistenten.

„Außerdem war noch der leitende Notarzt dabei, der aber nicht selber diagnostiziert und behandelt, sondern den medizinischen Einsatz koordiniert. Ein leitende Notarzt muss relativ schnell Entscheidungen treffen: leicht verletzt, schwer verletzt oder auch klinisch tot.“

Er müsse zudem medizinische Behandlungen und Krankenhaustransporte anweisen. „Diese Entscheidungsmuster gelten grundsätzlich für jeden Unfall.“

Bereits am Vortag hatte das Klinikum Itzehoe nach Rücksprache mit dem leitenden Notarzt zur Situation unmittelbar nach dem Unfall erklärt: „Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Vitalzeichen und Schwere der Verletzungen wurde die Patientin als klinisch tot eingeschätzt. Die Versorgung wurde auf die verletzt liegenden Unfallopfer ausgerichtet.“

Der Arzt Marko Fiege vom Klinikum Itzehoe fügte am Dienstag hinzu: „Der Auftrag lautete: Rette, was zu retten ist.“ Fiege und Mandel betonten, die medizinische Versorgung der Schwerstverletzten und ihr Transport in die bewusst ausgewählten Krankenhäuser sei sehr gut gelungen – bis auf die grobe Panne bei der alten Frau.

Dass lediglich eine Elektrode des EKG bei der Frau abgerutscht und deswegen kein Herzschlag mehr feststellbar gewesen sein könnte, hält Fiege für einen völlig unzureichenden Erklärungsversuch. Für die Diagnose „klinisch tot“ erfolge eine umfassende klinische Einschätzung, wobei neben dem EKG auch Blutdruck, Puls, Atmung und die jeweiligen Verletzungsmuster einfließen.

„Die Frau muss noch eine Eigenatmung gehabt haben, nur konnte sie offenbar am Unfallort nicht wahrgenommen werden.“