Nach langem Gezerre geben sich die Innenminister bei ihrem Treffen in Rostock-Warnemünde einmütig. NPD nutzt die Debatte längst für sich.
Rostock/Warnemünde. Die Länderinnenminister geben sich fest entschlossen. Als die Ressortchefs am Mittwoch zu ihren Beratungen in Rostock-Warnemünde eintreffen, ist der Tenor bei allen gleich: Die rechtsextreme NPD gehört verboten. Schon seit Tagen zeichnet sich ein klares Ja der Minister zu einem neuen Verbotsantrag ab, die Ministerpräsidenten dürften sich dem am Donnerstag in Berlin anschließen. Notfalls wollen die Länder allein – ohne Bundesregierung und Bundestag – vor das Verfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. Fraglich ist aber, ob sich der Bund dem Druck durch den Ländervorstoß entziehen kann. So oder so ist das Vorhaben riskant.
Während die Minister gegen Mittag in Warnemünde zusammenkommen, stellt sich die rechtsextreme Partei 120 Kilometer entfernt – in dem Örtchen Pampow bei Schwerin – vor die Presse. Mal wieder kommen die NPD’ler den Ressortchefs zuvor: Vor wenigen Wochen preschte die Partei mit einem Antrag in Karlsruhe vor, um die eigene Verfassungstreue prüfen zu lassen. Da war die Debatte unter den Innenministern noch in vollem Gang.
Nun erklären die obersten NPD-Funktionäre – kurz bevor die eigentliche Entscheidung der Innenminister fällt -, dass sie längst mit einem neuen Verfahren rechnen. Und sie sprechen dem Versuch jegliche Erfolgsaussichten ab. NPD-Chef Holger Apfel erklärt in Pampow selbstbewusst, die Verfassungsorgane würden sich mit ihrem Antrag nur wieder eine „blutige Nase holen“.
2003 war ein erster Anlauf für ein NPD-Verbot krachend vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Der Grund: Auch in der Führungsebene der Partei waren Informanten des Verfassungsschutzes tätig. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung waren damals übereilt nach Karlsruhe gezogen, hatten handwerkliche Fehler gemacht und wurden dafür von den Richtern abgestraft. Vor einem zweiten Desaster dieser Art haben viele Angst – allen voran Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).
Diesmal sei aber alles anders, versichern die Länder-Ressortchefs. Es gebe keine V-Leute mehr in der NPD-Führung. Die Belege gegen die Partei seien sorgfältig zusammengetragen – und kämen ganz ohne V-Mann-Informationen aus. Nur war bislang keiner der Innenminister bereit, selbst zu bezeugen, dass das Material keine Hinweise dieser Quellen enthält. Sie schickten stattdessen Abteilungsleiter oder Verfassungsschutzchefs vor. Das schürt Zweifel an der Tauglichkeit des Materials: Sind die Belege nicht „sauber“, droht eine zweite Klatsche in Karlsruhe.
Auch anderswo lauern Gefahren: Der Nachweis, dass eine Partei keinen Platz in der politischen Landschaft hat, ist extrem schwierig. Für ein Parteiverbot wäre in Karlsruhe außerdem eine Zweidrittelmehrheit nötig. Bis 2015 scheiden am zuständigen Senat allerdings zwei Richter aus. Je nachdem, wie lange das Verfahren dauert, könnte es also eng werden.
Schwer einzuschätzen ist auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, vor den die NPD im Fall eines Verbots ziehen könnte. Die Straßburger Richter legen noch strengere Kriterien an als ihre Kollegen in Karlsruhe. Das weiß auch Apfel und stellt bereits in Aussicht, sich dort gegen ein Verbot zu wehren.
Und dann wäre da noch das politische Risiko: Missglückt auch der Verbotsversuch Nummer zwei, wäre die NPD dadurch enorm aufgewertet. Die Partei nutzt die Debatte bereits jetzt für sich: Direkt nach ihrem Auftritt in Pampow sind die NPD-Oberen nach Warnemünde gefahren. Am Nachmittag stehen sie schließlich mit rund 50 Parteianhängern im eisigen Wind neben dem Tagungshotel der Minister und wettern fahnenschwenkend gegen die Verbotspläne.