Nach monatelanger Belegsammlung für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD wird nun ein Signal für ein neues Verbotsverfahren erwartet.

Rostock-Warnemünde. Die Innenminister von Bund und Ländern beraten heute in Rostock-Warnemünde über ein mögliches neues NPD-Verbotsverfahren. Ein erster Versuch, die rechtsextreme Partei zu verbieten, war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes auch in der NPD-Führung tätig waren. Die nun von den Ländern zusammengetragenen Belege für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD und deren aggressives Vorgehen gegen die Demokratie wurden den Angaben zufolge ausschließlich aus öffentlich zugänglichen Quellen geschöpft.

Als Vorsitzender der Innenministerkonferenz sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier (CDU) eine breite Zustimmung seiner Amtskollegen für einen neuen Antrag voraus. „Ich bin sehr optimistisch, dass am Ende der Diskussion wir mit großer Mehrheit, wenn nicht sogar einheitlich den Ministerpräsidenten empfehlen, einen neuen Weg nach Karlsruhe zu gehen“, sagte Caffier in einem Interview der Nachrichtensendung „NDR aktuell“.

Das Votum der Innenminister gilt als wichtige Weichenstellung für die Entscheidung der Ministerpräsidenten, die sich am Donnerstag in Berlin abschließend mit dem Thema befassen werden. Ob die Bundesregierung und der Bundestag, die beide neben dem Bundesrat auch antragsberechtigt sind, bei einem möglichen neuen Antrag mitziehen, ist noch unklar. Einige Politiker verweisen auf Verfahrensrisiken und stehen einem zweiten Anlauf skeptisch gegenüber, allen voran Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Caffier hingegen sieht gute Erfolgsaussichten vor dem Verfassungsrichtern. „Wenn ich nicht so vehement davon überzeugt wäre, dass dies Verfahren diesmal Aussicht auf Erfolg hat, dann hätte ich mich in den letzten Monaten und Jahren nicht so vehement für ein neuen Anlauf eingesetzt“, betonte er. Angst davor, dass die NPD bei einem Scheitern des Verbotsverfahrens daraus gestärkt hervorgehen könnte, hat der CDU-Politiker nicht: „Wir hätten ein für alle Mal die Frage geklärt, ob die NPD eine Partei ist, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht oder eben nicht.“

Die Bundesländer machten bereits deutlich, notfalls auch im Alleingang und gegen alle Widerstände ein neues NPD-Verbotsverfahren anzustoßen. So sprach sich Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) dafür aus, zur Not diesen Weg zu gehen. Abgeordnete von Union und SPD aber riefen zu Geschlossenheit von Bund und Ländern gegen die rechtsextreme Partei auf. Fast alle Länder haben sich für ein neues NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen. Der Bund hält sich in der Frage noch bedeckt. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann forderte ein gemeinsames Vorgehen. „Gegen die NPD sollten wir große Entschlossenheit demonstrieren“, forderte er. „Alle drei Verfassungsorgane sollten klagen.“ Rechts- und Innenpolitiker der Grünen indes halten ein neues NPD-Verbotsverfahren für aussichtslos.

Der niedersächsische Innenminister, Uwe Schünemann (CDU), hat an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) appelliert, einen NPD-Verbotsantrag mit zu beschließen. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwochausgabe) sagte er: „Der Ball liegt jetzt auf dem Elfmeterpunkt, und ich bin sicher, dass Herr Friedrich den Schuss auch versenkt. Alles andere könnte ich nicht verstehen.“ Friedrich habe im März zugestimmt, ein Verbot anzustreben. Nun müsse er dies auch umsetzen.

Schünemann betonte, das Verbotsverfahren sei ein politisches Gebot, bei dem die Risiken überschaubar seien. In Niedersachsen seien die V-Leute aus der NPD-Führungsebene abgezogen. „Wichtig ist, dass die NPD nach einem Verbot keine Finanzierung aus Steuermitteln mehr erhalten kann.“

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte den Bundestag und die Bundesregierung auf, ein NPD-Verbotsverfahren mitzutragen. Der Tageszeitung „Die Welt“ sagte Dobrindt, er befürworte es, wenn neben dem Bundesrat auch die beiden anderen Verfassungsorgane, der Bundestag und die Bundesregierung, diesen Verbotsantrag stellten. Er sei überzeugt davon, dass er zum Erfolg führe, so der CSU-Politiker weiter.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warnte indes, dass Rechtsextremismus in Deutschland auch nach einem NPD-Verbot ein Thema bleibe. „Sollte die NPD verboten werden, kann man nur davor warnen, den Rechtsextremismus für erledigt zu halten. Er ist wie eine Medusa: Schlägt man ihr einen Kopf ab, wachsen gleich zwei neue“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.