Am Jahrestag der Pogromnacht wurden alle Stolpersteine aus dem Pflaster gerissen. Polizei vermutet rechtsextremistischen Hintergrund.
Greifswald. Am Jahrestag der Pogromnacht haben vermutlich Rechtsextreme in Greifswald alle im Stadtgebiet verlegten Stolpersteine aus dem Straßenpflaster gebrochen. Die Steine erinnern an die während des Nationalsozialismus deportierten und getöteten Juden. Die Stadt war am Morgen von Bürgern auf die Straftat aufmerksam gemacht worden und informierte die Polizei. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen und geht nach derzeitigen Erkenntnissen von einem rechtsextremistischen Hintergrund aus, wie Neubrandenburgs Polizeipräsident Knut Abramowski am Freitag sagte. Ein Zusammenhang zur am Abend geplanten Rechten-Demonstration in Wolgast sei anzunehmen.
Die Polizei setzte eine Belohnung von 2500 Euro für Hinweise aus, die zur Ergreifung der Täter führen. „Ich verurteile diesen hinterhältigen Anschlag aufs Schärfste“, sagte der Polizeichef. Die Polizei werde alle ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen treffen, um den oder die Täter schnellstmöglich zu ergreifen.
In der Nacht vom 9. November zum 10. November 1938 steckten Nationalsozialisten Synagogen in ganz Deutschland in Brand, demolierten jüdische Friedhöfe und stürmten Wohnungen. Mehr als 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt. Die Nacht gilt als Auftakt der systematischen Juden-Vernichtung. Oberbürgermeister Arthur König (CDU) zeigte sich betroffen und kündigte an, eine pragmatische Lösung zu finden, um schnellstens wieder an die aus Greifswald deportierten Juden zu erinnern. „Menschen, die bis heute nicht wahrhaben wollen, dass die jüdischen Mitbürger in der Zeit des Nationalsozialismus vernichtet wurden, werden nicht die Oberhand gewinnen“, sagte er. Der Chef der SPD-Landtagsfraktion Norbert Nieszery sagte, er hoffe, dass die Täter gefasst und zur Rechenschaft gezogen würden.
Mitglieder des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises legten am Freitag an den betroffenen Orten Blumen nieder. Bürger zeigten sich schockiert. „Hier fehlt ein Stolperstein. Uns fehlen die Worte“, hieß es auf einem Plakat in der Brüggstraße. Am Abend wollten rund 100 Anhänger der rechten Szene durch die Nachbarstadt Wolgast ziehen. Ein vom Kreis verfügtes Verbot wurde vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben.