Die Bahnstrecke von Hamburg nach Lübeck verzeichnet ein Wachstum von 20 Prozent. Politiker fordern die S 4 bis zum Jahr 2020.

Ahrensburg. Neue Passagierwaggons plus mehr Abfahrten ergeben mehr Kunden: Auf der Bahnstrecke Hamburg-Lübeck geht diese einfache Rechnung auf. Seit Ende 2009 fahren hier moderne Doppelstockwagen, und in der Hauptverkehrszeit gibt es einen Halbstundentakt. Folge: 2010 stiegen die Fahrgastzahlen um mehr als 20 Prozent. Auf dem Abschnitt Ahrensburg-Hamburg zählte die Landesweite Verkehrsservicegesellschaft (LVS) im Jahr 2009 täglich rund 21.000 Fahrgäste, 2010 waren es schon 26.000. Das entspricht einem Zuwachs von fast 24 Prozent. Auf den anderen Streckenabschnitten sieht es ähnlich aus. Zwischen Bad Oldesloe und Ahrensburg stieg die Zahl von täglich 13.000 (2009) auf 16.000 (2010), zwischen Lübeck und Bad Oldesloe von 9000 auf 11.000.

Dennis Fiedel, der Sprecher der LVS, wertet diesen Anstieg als "perfekte Bestätigung dafür, dass es richtig ist, den Bau der S 4 voranzutreiben". Ole Thorben Buschhüter (SPD), der Vorsitzende des Verkehrsausschusses der Hamburger Bürgerschaft, freut sich über die steigende Beliebtheit der Bahnstrecke: "Alle Prognosen, die von mehr Fahrgästen in der Zukunft ausgehen, sind offenbar berechtigt." Mit dem Plan, die S 4 zu bauen, befinde man sich auf dem richtigen Weg.

+++ Höchste Eisenbahn für Bau der S 4 +++

+++ Neue U-Bahn in Hamburg getestet +++

+++ Hamburg und Kiel gemeinsam für S-Bahn bis Bad Oldesloe +++

Zur Erinnerung: Die S-Bahn 4, die sich noch im Planungsstadium befindet, soll Ahrensburg mit Hamburg verbinden. Dafür sollen eigene Gleise verlegt werden. Die S-Bahn würde dann die bisherige Regionalbahn R 10 ersetzen. Sie würde in einem engeren Takt verkehren und damit möglicherweise noch mehr Pendler davon überzeugen, ihr Auto stehen zu lassen.

Aber noch ist das Zukunftsmusik. Der Bund hat sich zwar grundsätzlich bereit erklärt, einen Teil der Kosten für den neuen Schienenstrang zu übernehmen. Von einem Baubeginn ist man allerdings noch weit entfernt. Politiker und Verkehrsexperten hoffen, dass die S 4 im Jahr 2020 fertig ist - zeitgleich mit der Inbetriebnahme der Fehmarnbelt-Querung. Weil sie zu einer Zunahme des Schienenpersonenverkehrs auf der Vogelfluglinie und damit auch im Hamburger Hauptbahnhof führen würde, sollten die S-Bahn-Gleise bis dahin fertig sein.

Denn der Hauptbahnhof ist schon jetzt ausgelastet. "Wir können dort auch baulich nichts mehr tun, für weitere Bahnsteige ist kein Platz", sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis. "Das Einzige, was uns wirklich hilft, sind eigene Gleise für die S 4. Dann fielen die Fahrten der Regionalbahn weg, das würde uns auf der Vogelfluglinie und im Bahnhof etwas Luft verschaffen." Der Hamburger Hauptbahnhof zählt täglich rund 450.000Reisende und Besucher - erheblich mehr als etwa der Berliner Hauptbahnhof (rund 300.000). Sollte sich die Entwicklung auf der Strecke Lübeck-Hamburg fortsetzen wie 2010, dürften bald noch mehr Pendler durch die Wandelhalle wandeln.

Nicht nur die kurzfristigen, sondern auch die langfristigen Zuwächse sind beeindruckend. Von 2000 bis 2010 hat die Zahl der Bahnkunden auf dem Abschnitt Bad Oldesloe-Ahrensburg um 56 Prozent zugenommen, sagt die Verkehrsservicegesellschaft. Zwischen Ahrensburg und Hamburg waren es 47 Prozent. Sollte dieses Wachstumstempo anhalten, läge man 2020 schon bei fast 39.000 Fahrgästen pro Tag. Dennis Fiedel: "Wir freuen uns, wenn mehr Leute mit der Bahn fahren." Für die Kommunen entlang der Bahnstrecke bedeutet die Prognose: Sie sollten sich schon jetzt Gedanken darüber machen, wo sie in Bahnhofsnähe zusätzliche Pendlerparkplätze bauen können.

Und was sagen die Bahnkunden? Imke Hinz, 48: "Ich wohne in Hamburg und arbeite in Lübeck für das Schleswig-Holstein Musikfestival. Seit zehn Jahren pendle ich jeden Werktag, seit ungefähr einem Jahr mit der Bahn. Das ist einfach entspannter."

Anne Fuchs, 23, sagt: "Ich fahre jeden Tag von Hamburg zu meiner Uni in Lübeck. Zum Glück fahre ich antizyklisch, da ist die Bahn nicht so voll." Und Niklas Günther, 28, ergänzt: "Ich arbeite als Ingenieur in Ahrensburg, fahre jeden Tag mit der Bahn und habe das Gefühl, dies ist die unzuverlässigste Bahnstrecke in ganz Deutschland. Auch viele meiner Kollegen fahren täglich mit diesem Zug und beschweren sich oft bei der Bahn über Unpünktlichkeit."