400.000 Besucher trotzen dem Regen und feiern auf der Kieler Woche. Das kulinarische Angebot bietet wieder exotische Genüsse aus aller Welt.

Kiel. Trotz nasskaltem Schmuddelwetter haben mehr als 400.000 Menschen die Kieler Woche am ersten Wochenende besucht. Mit dem Signal "Leinen los“ hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) das größte Volksfest in Nordeuropa am Sonnabendabend eröffnet. Das traditionelle Glasen der Schiffsglocke übernahm der Kapitän der Bundesliga-Handballer des THW Kiel, Marcus Ahlm. Am Sonntagnachmittag zog die Polizei eine erste friedliche Bilanz. Bis zum 26. Juni erwarten die Organisatoren drei Millionen Gäste.

Etwa 2.000 Veranstaltungen auf dem Wasser und an Land sind bei der diesjährigen Auflage der Kieler Woche geplant. An den Regatten auf der Förde wollen mehr als 5.000 Sportler aus mehr als 50 Nationen mit gut 2.000 Jollen, Segelbooten und Surfbrettern teilnehmen.

Das maritime Volksfest ist zudem ein großes Open-Air-Festival. Fast alle 300 Konzerte sind kostenlos. Die ersten Bands wie die Söhne Mannheims traten bereits am Freitagabend auf dem traditionellen Soundcheck noch vor der offiziellen Eröffnung an. Erwartet werden etwa Juli, Saga, The Human League, Sunrise Avenue, Silly und Revolverheld.

Maritimer Höhepunkt ist Windjammerparade

Zahlreiche Traditionsschiffe und Windjammer haben ferner an der Kiellinie festgemacht. Maritimer Höhepunkt des Sommerfestes soll die Windjammerparade am 25. Juni sein, an der rund 100 Schiffe teilnehmen werden. Darunter ist der russische Großsegler "Sedov“, der größte traditionelle Windjammer der Welt. Ursprünglich sollte die "Gorch Fock“ die Parade anführen. Sie liegt jedoch bis zur endgültigen Klärung der jüngsten Vorfälle unter anderem wegen des Unfalltods einer Kadettin an Bord weiter im Kieler Tirpitzhafen.

Bei einer Messerstecherei auf der Kieler Woche ist ein 20-Jähriger schwer verletzt worden. Der mutmaßliche Täter hatte am späten Abend den 20-Jährigen und dessen Freundin mehrmals angesprochen und provoziert. Nach Polizeiangaben vom Sonntag stach er im Streit zu. Bereits am Freitagabend war ein 16-Jähriger schwer verletzt worden, als er mit einem 15-Jährigen rangelte. Dieser schlug ihm mit einer Flasche auf den Kopf. Insgesamt hätten die rund 400.000 Besucher das größte Volksfest im Norden aber friedlich gefeiert, berichtete die Polizei weiter. Bis Sonntagmorgen zählte sie etwa 640 Einsätze. Die Zahl der Anzeigen wegen Straftaten wie Körperverletzungen sank aber auf 22 – nach 33 im Jahr 2010 und 65 im Jahr 2009. Die Beamten registrierten keinen Raub.

Auch griffen die Einsatzkräfte weniger betrunkene Jugendliche als im Vorjahr auf. Kontrolliert wurden allein am Freitag- und Sonnabendabend 234 Jungen und Mädchen im Veranstaltungsbereich.

Für die Landeshauptstadt und die Polizei hat sich das neue Sicherheitskonzept bereits bewährt. "Sicherheit kennt keine Kompromisse“, erklärten der Leitende Kriminaldirektor Thomas Bauchrowitz und Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) gemeinsam in Kiel. Für sie habe das Wohlergehen der Kieler-Woche-Besucher oberste Priorität.

Kieler Woche lockt mit kulinarischer Weltreise

Mango-Lassie aus Indien, Elchburger aus Norwegen, Hotdogs aus Dänemark, belgisches Bier, Piroggen aus Polen oder Knödel aus Tschechien – der Internationale Markt gehört zur Kieler Woche wie der Regen, der diesmal wieder kräftig mitmischt. Speisen und Getränke von allen Kontinenten sind im Angebot, typisches Kunsthandwerk ebenfalls. Von A wie Argentinien bis U wie Ungarn reicht die Liste der 32 Teilnehmerländer.

Am Stand von Ruanda greift Gisela Mühlenbruch zu einem Springbock-Spieß. „Schön zart“, lobt die Bremerin, die in Damp an der Ostsee Urlaub macht. Krokodil hat sie auch schon einmal probiert. „War lecker“, sagt Mühlenbruch und trollt sich in den Trubel. „Mein Krokodilfleisch kommt von einer Farm in Ruanda“, erzählt Immaculata Mukamugema, die den Stand betreibt. Krokodilfleisch sei der Renner. In Mukamugemas Heimat kommt es selten auf den Tisch, oft nur einmal im Jahr: „Das ist eine Delikatesse, weil es teuer ist.“

Am Stand gegenüber versuchen sich Kieler-Woche-Besucher an Hot Chomma, einem scharfen Rindfleischgericht aus Äthiopien. Nebenan ziehen zwei Stammgäste Durstige und Hungrige an: Auf der einen Seite fließt irisches Guinness in Strömen, auf der anderen Lapin Kulta, das finnische Bier. Dazu gibt es Lachssuppe. Vor allem am Abend gönnen sich viele dazu auch den einen oder anderen Schluck Rentierblut, aber das Gemisch aus Preiselbeer-Likör und Wodka wird bei größeren Mengen gefährlich.

Um die Ecke lädt bei der kulinarischen Weltreise um den Kieler Rathausplatz die Via Veneto ein, mit den bekannten Genüssen aus Bella Italia. Etwas weiter weg gibt es ein Jubiläum: „25 años rincón español“ heißt es am Stand der Spanier, die seit einem Vierteljahrhundert dabei sind. Rioja, Chorizo, die herzhafte Wurst und Sangría sind hier die Renner.

Ganz in der Nähe brutzelt Arshad Malik am Stand Pakistans Pakora, frittiertes Gemüse. Auch Lamm- und Hühnergerichte stehen hier hoch im Kurs. Dass es in Strömen regnet und deshalb weniger Gäste da sind als erhofft, ist für ihn nichts Neues, schließlich kommt der freundliche Mann mit dem farbenfrohen Turban schon seit 20 Jahren an die Förde: „Regen gehört zur Kieler Woche, aber wir hoffen natürlich, dass er wieder aufhört."

Mit Material von dpa und dapd