Offenbar wurde der Salzstock bei Bergbauarbeiten angebohrt. Die Eignung als Atommüll-Endlager scheint fraglich.

Gorleben. Der Salzstock in Gorleben soll bei früheren Bergbauarbeiten angebohrt worden sein. Damit sei die Liste der Mängel als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll um eine entscheidende Komponente verlängert worden, erklärte die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg am Freitag. „Nun wird auch das Top-Kriterium für die Auswahl Gorlebens als Endlagerstandort, die angebliche Unverritztheit, erschüttert“, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke am Freitag. Es hätten sich damit Parallelen zum maroden Atommülllager Asse ergeben. Bisher verwiesen die Kritiker bei Gorleben auf den Wasserkontakt und Gaseinschlüsse.

Die Bürgerinitiative berief sich auf Recherchen des Kulturhistorikers Ulrich Reiff. „Bergbaugesellschaften haben zwischen 1907 und 1929 mindestens acht Tiefbohrungen auf Kali bzw. Erdöl direkt im Bereich der Salzstruktur Gorleben-Rambow oder in deren unmittelbarer Nachbarschaft niedergebracht“, bestätigte Reiff am Freitag. Dabei seien im Salz Tiefen von 481, 840 und 1035 Metern erreicht worden.

„Ich habe die Unterlagen des ehemaligen Bergamtes Celle bei meinen Forschungsarbeiten im Staatsarchiv Hannover gefunden“, berichtete Reiff am Freitag. „Es ist ein Skandal, dass sich das zuvor offenbar niemand angeschaut hat.“

Die sogenannte Unverritztheit sei ein wesentliches Kriterium für Gorleben gewesen, sagte Reiff. „Der Salzstock sollte durch frühere Bohrungen oder bergmännische Aktivitäten möglichst unberührt sein, um unkontrollierte Eingriffe in das System Salzstock zu vermeiden“, habe 1979 das erste von vier Kriterien für die Auswahl von Gorleben gelautet.

Schon 1907 hätten Revierbeamte und Bergamt im Blick auf den zukünftigen Bergbau vor der großen Gefahr durch über Bohrlöcher eindringendes Wasser gewarnt, schloss Ulrich Reiff aus den historischen Protokollen.

„Arbeiten im Altbergbau sind grundsätzlich nach bergrechtlichen Genehmigungen erfolgt“, erklärte eine Sprecherin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). „Die Erkenntnisse liegen bei der zuständigen Landesbehörde. Ob Gorleben als Endlager geeignet ist oder nicht, ist derzeit noch völlig offen. Bis zu einem Eignungsnachweis werden noch mindestens 15 Jahre benötigt.“ Bei den weiteren Untersuchungen müssten alle sicherheitsrelevanten Fragestellungen betrachtet werden, betonte die Sprecherin. (dpa/abendblatt.de)