Jochen Gaues fühlt sich von den Behörden verfolgt und will seine Backstube umziehen. Ihm waren hygienische Mängel vorgeworfen worden.

Hannover. "Der Bäcker des Bundespräsidenten kommt aus Hannover und heißt Jochen", das steht auf T-Shirts der Mitarbeiter der Backstube von Jochen Gaues. Dessen Brote werden seit vier Jahren von Hannover zum Bundespräsidenten in das 300 Kilometer entfernte Schloss Bellevue geliefert. Nun will Gaues offenbar die niedersächsische Landeshauptstadt verlassen. Er fühle sich von den Behörden verfolgt und wolle deswegen am Wochenende nach alternativen Standorten in der Region suchen, sagte Gaues der „Bild“- Zeitung Hannover und der „Neuen Presse“. Am Donnerstag waren bei einer Kontrolle von Lebensmittelkontrolleure mangelnde Sauberkeit der Backstube und der Kleidung von Mitarbeitern aufgefallen.

Die beanstandeten hygienischen Mängel wurden von Gaues noch am gleichen Tag beseitigt. Wie eine Sprecherin mitteilte, habe die Backstube ihren Betrieb bereits mit der Spätschicht wieder aufnehmen können. Dem Bäcker drohten keine weiteren Konsequenzen.

Gaues sagte, er wolle seine Verkaufsstellen in Hannover weiterhin behalten. Die Backstube könnte aber nach Gleidingen (Region Hannover) oder Negenborn (Landkreis Holzminden) verlegt werden. Darüber hinaus überlegt Gaues offenbar, eine Filiale in Potsdam zu eröffnen. Er beliefert seit mehr als zehn Jahres das Bundespräsidialamt und zudem bundesweit mehrere Spitzenrestaurants. Die Lieferungen nach Berlin hatten Bäcker aus der Bundeshauptstadt heftig kritisiert.

Lesen Sie dazu auch den Bericht von Verena Töpper vom 10.8.2010 :

Bundespräsident isst in Berlin nur Brötchen aus Hannover

Die Aufregung in Berlin ist groß: Bundespräsident Christian Wulff (CDU) bekommt seine Brötchen aus Hannover geliefert! Zweimal im Monat kommt ein Fahrer mit den Backwaren aus der Traditionsbäckerei von Jochen Gaues in Wulffs Heimat ins 300 Kilometer entfernte Schloss Bellevue. Umweltschützer, Oppositionspolitiker und die Berliner Handwerkskammer sind entsetzt. Brötchen aus Niedersachsen nach Berlin zu transportieren, schädige die Umwelt, sei dekadent und außerdem absolut unnötig.

"Verrückt", sagt Claudia Hämmerling, Bundestagsabgeordnete der Grünen. Sie lasse sich ja schließlich auch nicht die Würstchen aus Thüringen liefern. Natürlich sei es besser, Waren vor Ort zu produzieren, meldet der Bund für Umwelt- und Naturschutz. Und die Berliner Handwerkskammer wehrt sich gegen den Eindruck, Berliner Brötchen seien nicht schmackhaft: "An der Qualität der Berliner Brötchen kann es nicht liegen." Auch in der Hauptstadt gebe es zahlreiche Bäcker, die nach alter Tradition backen.

Die sind allerdings nicht so gewitzt wie Bäcker Jochen Gaues. Der ist nämlich ein echter PR-Profi. Seine Mitarbeiter tragen T-Shirts mit der Aufschrift "Der Bäcker des Bundespräsidenten kommt aus Hannover und heißt Jochen". Diese hat Gaues allerdings schon vor vier Jahren bedrucken lassen. Denn die exklusive Backwaren-Lieferung hat gar nicht Christian Wulff veranlasst, sondern sein Vor-Vorgänger Roman Herzog.

Auch Horst Köhler hat regelmäßig in die hannoverschen Brötchen gebissen. Sieben Produkte, die sich gut einfrieren lassen, wie Bäcker Gaues sagt, habe er Köhler zweimal im Monat geliefert, die ganze Amtszeit lang. Nun bleiben die Brötchen ausgerechnet Christian Wulff im Hals stecken.

Erst vor wenigen Tagen musste er sich wegen seines Sommerurlaubes rechtfertigen . Den verbrachte er nämlich auf der spanischen Ferieninsel Mallorca, in einem Anwesen, das einer Firma des Unternehmers Carsten Maschmeyer gehört. Maschmeyer ist mit Wulff befreundet. Er ist aber auch Gründer und war bis 2009 Vorstand des Finanzdienstleisters AWD. Schnell war von einem anrüchigen Freundschaftsdienst die Rede.

Im Gegensatz zur Urlaubs-Debatte profitiert von der Brötchen-Diskussion zumindest einer: Bäcker Gaues. Wer ihn, der schon Jack Nicholson, Udo Lindenberg, Joschka Fischer, Tim Mälzer und die deutsche Fußballnationalmannschaft versorgt hat, bisher noch nicht kannte, weiß nun Bescheid: Die besten Brötchen gibt es in Hannover.