Die Heidestadt steht am anderen Ende der Welt für gutes Brot: Die “Lüneburger German Bakery“ verkauft in Australien deutsche Backwaren - mit großem Erfolg.
Sydney. Wer bei ihm einkauft, hat genug von labberigem Weißbrot. Der türkischstämmige Deutsche Ahmet Yaltirakli verkauft wahre Köstlichkeiten: Kürbiskernbrot, Krustenbrötchen und Quarktaschen. Was in Deutschland bei jedem Bäcker selbstverständlich im Sortiment ist, ist in Australien eine echte Marktlücke. Denn obwohl Down Under zahlreiche Deutsche leben oder Urlaub machen, vermissen viele etwas ganz Entscheidendes: gutes Brot.
Vor nicht einmal vier Jahren hat Yaltirakli eine deutsche Bäckerei in Sydney gegründet: die "Lüneburger German Bakery". Und die kommt so gut an, dass der 45-Jährige in diesem Jahr seine achte Filiale eröffnen will.
Dabei hat Ahmet Yaltirakli noch nie am Stint gesessen, nie auf dem Lüneburger Wasserturm gestanden. Er ist in Istanbul geboren, hat 30 Jahre als Goldschmied in Köln gearbeitet. An einem Sonntag im Jahr 1996 sieht er im Fernsehen eine Dokumentation von Joachim Fuchsberger über Australien - und ist sofort fasziniert. Am Montag bucht er die Tickets, schon am Mittwoch sitzt er mit Frau und Sohn im Flugzeug.
"Ich musste unbedingt an die Orte, an denen Joachim Fuchsberger auch war. Ich wollte wissen, ob das stimmt, was im Fernsehen kommt", lacht Yaltirakli. Viermal reist er mit seiner Frau nach Australien, und jedes Mal gefällt es ihnen besser. 2002 schließlich wagen sie den großen Schritt und wandern aus.
Nach ein paar Jahren und zwei gescheiterten Geschäftsideen wittert Ahmet Yaltirakli seine große Chance: "Alle Deutschen haben von Australien geschwärmt. Aber jeder hat gejammert, dass man hier kein vernünftiges Brot bekommt."
2005 ist es dann soweit. Die erste "Lüneburger German Bakery" öffnet - im "Queen Victoria Building", dem Herzen Sydneys. Es ist das größte Shoppingcenter der Millionenstadt, an der U-Bahn-Station mit den meisten Fahrgästen des Landes. Die Ladenfläche gehört zu den besten in ganz Australien. "Da habe ich riesiges Glück gehabt", blickt Yaltirakli zurück. Heute ist er sich sicher: "Sonst wäre ich nach sechs Monaten pleite gewesen."
Aber warum "Lüneburger"? "Yaltirakli geht ja nicht gut für eine deutsche Bäckerei", lacht der Auswanderer. Erst habe er überlegt, sie Kölner oder Berliner Bäckerei zu nennen. "Aber dann habe ich in einem Händlerkatalog das Lüneburger Landbrot gesehen. Der Name sieht in Schreibschrift sehr schön aus und klingt mit dem ,ü' typisch deutsch." Dann sieht er sich Lüneburg im Internet an und findet: So eine schöne, historische Stadt passt wunderbar zu deutschem Brot.
Seitdem fühlen sich deutsche Touristen und Auswanderer zu Hause, sobald sie die gelbe, geschwungene Brezel und den roten Lüneburger-Schriftzug sehen. Inzwischen ist Yaltiraklis Kundschaft aber bunt gemischt. Alle wollen die "Champions Rolls" (Weltmeisterbrötchen) oder "Sultana Snails" (Rosinenschnecken). Allein in seiner Hauptfiliale bedient das Lüneburger-Team jeden Tag 2000 Kunden. Mittlerweile sind es sechs Läden, in denen etwa 30 Mitarbeiter aufbacken und verkaufen. Brote und Brötchen kommen tiefgefroren mit dem Schiff aus Deutschland. "Anders wäre das nicht machbar", sagt der Chef. Bei einem Engpass lässt er aber auch schon mal Waren einfliegen: "Ich will ja meine Kunden behalten."
Etwas teurer als in der Salzstadt ist es beim "Lüneburger" in Sydney aber doch: Ein Kilo Brot kostet umgerechnet 4 Euro, ein Buttercroissant 1,40 Euro - nur Brötchen sind mit 33 Cent fast so teuer wie hier.
Und wie soll es weitergehen? "Theoretisch hätte ich schon 20 Filialen eröffnen können", sagt Yaltirakli. Die Nachfrage sei da, aber es dauere eben, einen guten Standort zu finden. "Vielleicht mache ich das noch fünf Jahre", überlegt der 45-Jährige. "Dann will ich bestimmt wieder etwas anderes machen." Zurzeit arbeitet er 80 bis 90 Stunden pro Woche, freie Tage hat er nicht. Zurzeit entwickelt er ein Franchise-System, mit dem er sein Geschäft demnächst nach Melbourne expandieren will. "Es ist sehr viel Arbeit. Aber die Begeisterung, die ich von meinen Kunden erfahre, gibt mir Energie."
Überhaupt findet Yaltirakli die Leute sehr freundlich und hilfsbereit, das Land wunderschön - wenn die Entfernung zu seinen Angehörigen in Deutschland nicht so groß wäre: "Gerade die Zeitverschiebung macht mir zu schaffen." Und: "Das Herz der Welt schlägt eben doch in Europa."