FDP-Fraktionschef Roolf kam mit angeheftetem Solidaritätszeichen für Soldaten in Afghanistan in den Landtag und löste damit Protest aus.
Schwerin. Mit einer „Gelben Schleife“ am Revers hat FDP-Fraktionschef Michael Roolf am Freitag einen Eklat im Landtag ausgelöst. Als er mit dem Solidaritätszeichen für die Soldaten in Afghanistan ans Rednerpult trat, kam lautstarker Protest von Linksfraktionschef Helmut Holter. Politische Bekundungen seien im Landtag nur durch das Wort zulässig, nicht durch irgendwelche Abzeichen, sagte er. Roolf verwies auf die am selben Tag stattfindende Abstimmung im Bundestag über die Mandatsverlängerung und sagte: „Ich bin stolz auf unsere Parlamentsarmee.“ Die Sitzung wurde für eine Beratung des Ältestenrats unterbrochen. Anschließend nahmen die FDP-Abgeordneten das Zeichen ab.
Ein Sprecher der FDP erklärte, die „Gelbe Schleife“ könne man ebenso im Landtag zeigen wie das Mecklenburg-Vorpommern-Abzeichen oder den Pin der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Es gehe dabei nicht um die politische Entscheidung über Auslandseinsätze der Bundeswehr, sondern um die Solidarität mit den Soldaten, die vom Bundestag in einen Einsatz geschickt worden seien. Holter sagte dagegen, er würde dann auch mit einem Abzeichen erscheinen, mit dem der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert werde. Parlamentspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) hatte minutenlang gezögert, bevor sie in den Disput eingriff und darum bat, Roolf reden zu lassen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Gino Leonhard, betonte, dass es bei der „Gelben Schleife“ nicht nur um die Soldaten in Afghanistan, sondern in allen Auslandseinsetzen gehe. Doch weil auch die Bundestagsabgeordneten am Tag der Abstimmung zu Afghanistan auf das Zeichen verzichteten, habe auch er seinen Fraktionskollegen empfohlen, die Schleife abzunehmen. Das Symbol lehnt sich nach Angaben seiner Erfinderin, der Oldenburgerin Monica Melloh, an die amerikanische Tradition der gelben Bänder an, die für Soldaten im Krieg als Zeichen der Liebe um Bäume gebunden werden.
Der Bundestag stimmte am Freitag mit großer Mehrheit für die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr. Damit machte das Parlament zugleich den Weg für einen Beginn des Abzugs frei. Die Bundesregierung will die Präsenz der Bundeswehr von Ende 2011 an reduzieren, wenn die Lage dies zulässt. Derzeit sind 4860 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan im Einsatz. Ministerpräsident und SPD-Landeschef Erwin Sellering (SPD) hatte bis zuletzt in seiner Partei dafür geworben, auf einen zügigere Abzug zu drängen.
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SPD und Grüne beharren auf klarem Abzugsplan
Kurz vor der Bundestags-Entscheidung über eine Verlängerung des Afghanistan-Mandats am heutigen Freitag haben SPD und Grüne die Bundesregierung erneut aufgefordert, einen konkreten Abzugstermin für die am Hindukusch stationierten Truppen festzulegen. "Im Mandatstext fehlt eine klare Planung des Abzugs. Die Bundesregierung spricht von einem Abzugsbeginn 2011 nur im Konjunktiv", sagte Grünen-Fraktionsvize Frithjof Schmidt dem Hamburger Abendblatt. US-Präsident Barack Obama habe bereits klargestellt, dass die amerikanischen Truppen im Juli dieses Jahres abgezogen würden. "Schwarz-Gelb eiert in diesem Punkt rum", kritisierte Schmidt, "das verstehen wir nicht."
Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier beharrt auf einem konkreten Abzugsdatum. Im Deutschlandradio Kultur sagte er, bei künftigen Abstimmungen müsse die Regierung einen Termin für den Rückzug nennen. "Wenn sie es nicht tut, dann wird es mit einer Zustimmung mit der SPD beim nächsten Mandat schwierig." Die Grünen würden sich bei der Abstimmung deshalb mehrheitlich enthalten, sagte Schmidt.
Die SPD will zu großen Teilen für eine Verlängerung des Mandats stimmen. Demnach soll die Bundeswehr ihren Einsatz im Rahmen der Internationalen Schutztruppe Isaf vorerst bis zum 31. Januar 2012 fortsetzen. Erstmals gibt es eine Abzugsoption. Konkret heißt es: "Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können." Dabei werde man jeden sicherheitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzierung nutzen, "soweit die Lage dies erlaubt, ohne dadurch unsere Truppen oder die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses zu gefährden".
Die breite Mehrheit von Union und FDP hält das für ausreichend. Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, appellierte an die Opposition, dem Mandat zuzustimmen. "Im Interesse unserer Soldaten sollte der Bundestag der Mandatsverlängerung seine breite Zustimmung geben. Wir setzen auf die SPD und die Grünen", sagte er dem Abendblatt. "Wenn beide Fraktionen mit deutlicher Mehrheit für das Mandat stimmen, dann ist das ein wichtiges Signal für unsere Truppe in Afghanistan." Die Leistung der Soldaten verdiene ein gutes Abstimmungsergebnis. Keine Erwartungen habe er dagegen von den Linken. "Die Linke hat sich immer der Verantwortung entzogen und hat sich gegenüber unseren Soldaten gegenüber immer schäbig verhalten." Die Partei will erneut gegen die Verlängerung des Mandats stimmen und fordert einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.
Mit Blick auf die Forderungen von SPD und Grünen warnte Müller: "Ein festes Abzugsdatum würde die afghanische Bevölkerung verunsichern und die Taliban stärken." Natürlich gelte: je früher, desto besser. Entscheidend sei, dass die afghanischen Behörden für die Sicherheit des Landes selbst die Verantwortung tragen müssen, bevor die deutschen Soldaten mit dem Abzug beginnen können.
Geschlossen wird wohl keine der Fraktionen stimmen. Bei CDU und FDP sind bereits einige wenige Abweichler bekannt, und auch bei der CSU werde ein Kollege "wohl dagegenstimmen", sagte Müller. Auch bei den Grünen rechnet man mit Ja- und Nein-Stimmen. Bei der SPD warnte der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, seine Partei vor einer Zustimmung. Der "Mitteldeutschen Zeitung" sagte er, der Beginn des Abzugs Ende 2011 sei "viel zu vage formuliert". Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte gestern erneut seine Zuversicht, dass Ende des Jahres die ersten deutschen Soldaten abgezogen werden.
Die Obergrenze von 5350 Soldaten soll auch im neuen Mandat erhalten bleiben. Einsatzgebiet sind weiterhin die Region Kabul sowie die Region Nord, kann aber zeitlich begrenzt auch auf andere Regionen Afghanistans ausgeweitet werden. Die Kosten werden für den Zeitraum März 2011 bis Januar 2012 mit rund einer Milliarde Euro angegeben.
(Karsten Kammholz/Nina Paulsen/dpa)