Die Seeräuber steuern mit dem Handelsschiff der Bremer Reederei auf die somalische Küste zu. Zwölf Seeleute sind in ihrer Gewalt.
Bremen. Schon wieder ist ein deutsches Schiff vor Somalia von Piraten gekapert worden. Diesmal schlugen die Seeräuber fernab der Risikozone am Horn von Afrika zu. Die Besatzung der „Beluga Nomination“ wartete vergeblich auf militärische Hilfe.
Die Piraten steuerten die somalische Küste an, teilte die Reederei am Dienstag mit. Zwölf Besatzungsmitglieder aus Polen, der Ukraine, Russland und den Philippinen seien in der Gewalt der Piraten. Aus Bremen werde alles getan, um ein schnelles Ende der Kaperung herbeizuführen. Das Schiff wurde nach Angaben der Reederei bereits am vergangenen Samstag im Indischen Ozean etwa 800 Seemeilen nördlich der Seychellen angegriffen – fernab der international definierten Hochrisikozone am Horn von Afrika. Trotz eines von der Besatzung abgesetzten Notrufs auch an die europäische Anti-Piraten-Mission „Atalanta“ habe es keine Hilfestellung gegeben. „Wir sind zugegebenermaßen etwas irritiert. Wir können uns nicht erklären, warum innerhalb von zweieinhalb Tagen, in denen sich die Mannschaft im Sicherheitsraum versteckt hatte, keine Hilfe von außen angeboten werden konnte“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter der Beluga-Reederei Niels Stolberg.
Inzwischen sei es den Piraten gelungen, mit professionellem Gerät in den Sicherheitsraum einzudringen. Die Mannschaft sei in akuter Gefahr. Ein Aufklärungsflugzeug der Küstenwache des Inselstaates Seychellen war nach Reedereiangaben am Montagvormittag deutscher Zeit zum Schiff geflogen und sah an Deck mindestens vier Seeräuber. Ein Patrouillenboot der „Seychelles Coast Guard“ sei dem Beluga-Schiff mit einigen Meilen Abstand gefolgt, habe wegen Schlechtwetters zwischenzeitlich die Eskorte abbrechen müssen. Am Montag hatte der Koordinator für die maritime Wirtschaft, Staatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP), in Berlin unter anderen mit Vertretern der Reedereien, Gewerkschaften sowie Fachleuten aus dem Innen- und Verteidigungsministerium über die Bedrohung insbesondere vor der Küste Somalias beraten. In erster Linie seien die Schiffseigner für mehr Schutz an Bord verantwortlich, sagte Otto am Abend. Dies sei bei dem Treffen weitestgehend unstrittig gewesen.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) verwies am Dienstag in Hamburg darauf, dass inzwischen auch „Sichere Zellen“ – schwer zugängliche Schutzräume an Bord – von Piraten gewaltsam geöffnet wurden. Das zeige den akuten Handlungsbedarf. Der VDR sieht sich bestätigt in seinen Vorschlägen, bewaffnete Kräfte als präventiven Schutz besonders gefährdeter Schiffe an Bord zu holen. Gemeinsam mit dem Verteidigungs- und dem Innenministerium werde kurzfristig geprüft, ob diese Vorschläge im Rahmen des Atalanta-Mandates umgesetzt werden können, teilte der VDR mit. Ein weiteres Treffen mit dem Maritimen Koordinator soll es noch vor der Sommerpause geben. Die Bundeswehr beteiligt sich mit mehreren hundert Soldaten an dem internationalen Anti-Piraten-Einsatz vor Afrika. Derzeit sind nach Angaben der Regierung mehr als 30 Schiffe mit insgesamt mehr als 500 Besatzungsmitgliedern in der Hand von Piraten. (dpa)