Die ehrgeizigen Pläne des US-Stararchitekten Daniel Libeskind an der Universität in Lüneburg sorgen bundesweit für große Aufmerksamkeit.
Lüneburg. Leuphana-Präsident Sascha Spoun und seine rechte Hand Holm Keller haben in Lüneburg viel bewegt, seit sie 2006 die Führung der Universität übernommen haben. „Die Drittmittel haben sich verdoppelt, die Publikationsaktivität hat sich verdreifacht. Bis 2012 werden wir 70 neue Professoren eingestellt haben“, resümiert Keller die Arbeit der ersten Jahre. Die Uni wurde zum Vorreiter des fächerübergreifenden Bachelor- Studiums, prominente Politiker gaben sich die Klinke in die Hand. Und dank des sogenannten Innovations-Inkubators fließen EU-Mittel aus dem Fonds für regionale Entwicklung in einer Höhe von 64 Millionen Euro nach Lüneburg – das größte EU-Projekt an einer Universität in Europa. „Das Land Niedersachsen kommt mit den Genehmigungen nicht hinterher“, sagt Keller. Wie im kalifornischen Stanford sollen Universität und Wirtschaft im „Inkubator“ eng zusammen arbeiten. Kühnstes Projekt ist das neue Zentralgebäude – niemand geringerer als US-Stararchitekt Daniel Libeskind hat es entworfen. Die silbern-gezackte Fassade soll spätestens 2014 bis zu 38 Meter hoch in den Himmel über Lüneburg ragen.
Das Audimax wird Platz für 1200 Menschen bieten und soll auch als Stadthalle genutzt werden. Auf etwa 61 Millionen Euro werden die Kosten veranschlagt. „Wir sind eine kleine Universität, die sich viel vorgenommen hat“, fasst Keller die zahlreichen Initiativen zusammen, und es dürfte sich niemand finden, der ihm widerspricht. Doch am Libeskind-Bau scheiden sich die Geister. In Hannover wächst die Kritik, vor allem von Linken und Grünen, aber auch aus den Reihen der SPD. Hauptvorwurf: Die Finanzierung sei nicht gesichert, es klaffe eine Lücke in Höhe von mindestens 10 Millionen Euro, die das ganze Projekt gefährde. „Mit immer neuen, windigen Ideen versucht die Uni-Leitung, auf Biegen und Brechen den umstrittenen Libeskind-Bau zu realisieren“, kommentiert Gabriele Heinen-Kljajic von den Grünen Medienberichte, nach denen nun die niedersächsische Klosterkammer, eine öffentliche Stiftung, den Neubau mitfinanzieren soll.
Das Prestige-Objekt drohe zum Luftschloss zu werden, hatte sie schon im September gewarnt. Die Landesregierung solle ihr „Finanzierungsabenteuer“ beenden, fordert die Linke. Niedersachsen hat 21 Millionen zugesagt, Lüneburg fünf, der Landkreis zwei Millionen. Umfassende Kritik kommt auch vom Campus selbst. Matthias Fabian vom AStA hält den Libeskind-Bau für am Bedarf vorbeigeplant. Auch er sieht wirtschaftliche Gefahren: „Es fehlen nach unseren Erkenntnissen allein rund fünf Millionen Euro, die ursprünglich ein privater Partner investieren sollte. Dazu kommen etwa vier Millionen Euro durch den geplatzten Verkauf des Uni-Standorts Volgershall.“ Auch die Finanzierung über einen privaten Partner im Rahmen eines sogenannten PPP-Projektes – wie von der Unileitung geplant – lehnt Fabian ab: „Wir beklagen die mangelnde Transparenz bei PPP-Verfahren.“ Ein privater Betreiber soll zum Festpreis bauen und das fertige Gebäude selbst betreiben, wünschen sich Spoun und Keller. „Letztlich bleibt das Risiko doch bei der öffentlichen Hand, haben Erfahrungen wie bei der Elbphilharmonie gezeigt“, weiß Fabian. Auch müsse die Uni über ihre Gebäude frei verfügen können. „Vor allem sollten die Mittel aus dem Innovations-Inkubator eher in Forschung und Lehre investiert werden“, verlangt Fabian.
Auch Grüne und Linke kritisieren, dass bis zu 19 Millionen Euro aus dem EU-Topf für Forscher-Büros in den Libeskind-Bau fließen sollen. Pläne für ein Hotel auf dem Campus lehnt Fabian ebenfalls ab: „Der Verkauf der alten Standorte und die geplanten Neubauten zielen auf eine Uni mit maximal 7000 Studierenden“, befürchtet er. Noch vor drei Jahren waren es 9000, und die Zahl soll wieder steigen, hat die Uni in einer Rahmenvereinbarung zugesagt. Über die Bieter und ihre Konzepte für den Libeskind-Bau ist offiziell noch nichts bekannt. „Ich darf darüber keine Auskunft geben“, sagt Holm Keller und verweist auf die Regeln der Ausschreibung. „Aber der PPP-Dialog steht kurz vor seinem Abschluss“. Eine Finanzierungslücke bestreitet er entschieden. „Die Summe ist in Deckung mit den vorliegenden Angeboten.“ „Spoun und Keller haben bundesweite Aufmerksamkeit geschaffen“, erkennt Matthias Fabian an. Auch er will nicht, dass aus dem Leuchtturm der Region ein Luftschloss wird. „Wir haben nichts gegen neue Gebäude, wir haben nichts dagegen, dass ein renommierter Architekt plant. Aber wir müssen das bauen, was Bedarf der Uni ist.“