Die Umweltverbände klagen gegen einen dreispurigen Neubau der Inselstraße. Das Verkehrsministerium sagt, es sei gesprächsbereit.

Schwerin/Bergen. Wird die umstrittene B 96 auf Rügen doch kleindimensionierter gebaut als ursprünglich geplant? Die Umweltverbände BUND und Nabu haben beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klage gegen den geplanten Straßenneubau eingereicht und am Donnerstag einen Kompromissvorschlag präsentiert. „Die Verbände erkennen die Notwendigkeit einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur auf der Insel Rügen“, sagte BUND-Landeschefin Corinna Cwielag. Ziel der Klage sei es, die bestehende Genehmigung durch eine Neufassung zu ersetzen, die verträglicher für Mensch und Natur sei und zugleich Entwicklungschancen für die regionale Wirtschaft einschließe. Allerdings stellten die Verbände keinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, wie eine Sprecherin des Bundesverwaltungsgerichtes sagte. Die Bauarbeiten könnten damit wie vom Verkehrsministerium geplant Ende des Jahre 2010 beginnen.

Die Fronten im Streit um den Straßenneubau hatten sich in den vergangenen Jahren verhärtet. Ursprünglich sollte der dreispurige Neubau zeitgleich mit der Rügenbrücke 2007 fertiggestellt sein. Einwendungen von Naturschützern hatten das Genehmigungsverfahren für den Neubau auf der staugeplagten Urlauberinsel immer wieder verzögert. Im August 2010 legte das Verkehrsministerium den Planfeststellungsbeschluss vor, gegen den nun die Umweltverbände vor Gericht ziehen. „Wir befürchten mit dem Straßenneubau einen erheblichen Eingriff in das EU-Vogelschutzgebiet“, sagte Cwielag. Statt eines kompletten Straßenneubaus schlagen die Verbände nun eine dritte Verkehrsspur für die bestehende Straße und Ortsumgehungen für die besonders belasteten Orte Rambin und Samtens vor.

Das Verkehrsministerium bedauerte am Donnerstag die Klage gegen den 80 Millionen Euro teuren Neubau. „Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich mit den Arbeiten zu beginnen“, sagte Sprecherin Julia Hasse. Zugleich zeigte sich das Ministerium gesprächsbereit. „Das Verkehrsministerium ist weiterhin offen für konstruktive Gespräche, denn auch im Verfahren gibt es noch die Möglichkeit einer Einigung.“

Wie trotz einer Klage eine Einigung aussehen könnte, hatten die Umweltverbände im Frühjahr 2010 demonstriert. Damals klagten sie gegen den Baubeginn der Ostseepipeline wegen der aus ihrer Sicht massiven Eingriffe in den Greifswalder Bodden. Nachdem Nord Stream deutlich nachgebessert hatte, zogen die Verbände ihre Klage zurück. BUND-Chefin Cwielag bleibt trotz der Ankündigung des Ministeriums skeptisch. „Gesprächsbereitschaft heißt noch nicht Kompromissbereitschaft.“

CDU und FDP kritisierten die Umweltverbände. Die Klage sei ein fatales Signal an Wirtschaft und Tourismus, sagte der Rügener FDP- Landtagsabgeordnete Gino Leonhard. Sollte der Klage stattgegeben werden, wäre es eine „Katastrophe sondergleichen für die Insel Rügen und das ganze Land“. Statt Verkehrsströme endlich sinnvoll abzuleiten, würde die Rügenbrücke im schlimmsten Fall dauerhaft ein Nadelöhr bleiben. Der CDU-Landtagsabgeordnete Burkhard Lenz bezeichnete die Klage als „rückwärtsgewandt“. Für den Straßenneubau seien umfangreiche Ersatzmaßnahmen zum Schutz der Umwelt vorgesehen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wird voraussichtlich 2011 über die Klage verhandeln – dann könnten die Bauarbeiten bereits begonnen haben.