Ostseeautobahn: Das letzte Teilstück ist genehmigt. Doch auf dem Weg nach Rügen klafft bis Ende 2005 eine Lücke.

Lübeck/Schwerin. Sie gilt als längster Autobahn-Neubau der deutschen Nachkriegsgeschichte - und gut neun Jahre nach dem ersten Spatenstich ist die Vollendung absehbar: Morgen wird ein weiteres Teilstück der 324 Kilometer langen A 20 zwischen Lübeck und Prenzlau für den Verkehr freigegeben. Ende 2005 soll die Ostsee-Autobahn von der A 1 bis zur A 11 vollständig fertig gestellt sein - sogar billiger als kalkuliert. Vor einigen Tagen ist das Planungsverfahren für das letzte noch fehlende Teilstück abgeschlossen worden. Diese gut 16 Kilometer lange Strecke zwischen Anklam und der Anschlussstelle Neubrandenburg-Nord ist der letzte der 22 Trassen-Abschnitte, für den jetzt die Baugenehmigung vorliegt. "Bis Ende des Jahres wollen wir alle Arbeitsaufträge vergeben haben", sagt Volker Kock. Der Betriebsleiter der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Bau GmbH (Deges) ist zufrieden mit dem Zeitmanagement: Nachdem morgen die gut 15 Kilometer zwischen Tessin und Tribsees und Anfang Dezember das 9,5 Kilometer lange Teilstück von Sanitz nach Tessin eröffnet sind, ist die Autobahn auf mehr als 230 Kilometern befahrbar. Zwischen Schönberg in Westmecklenburg und Tribsees kann der Verkehr dann durchgängig rollen. Weiter im Osten sind die Ortsumfahrungen von Grimmen und Jarmen sowie 80 Kilometer zwischen Neubrandenburg und dem Dreieck Uckermark schon freigegeben. Hamburger, die über die A 20 etwa auf die Urlaubsinseln Rügen oder Usedom wollen, müssen sich allerdings noch länger gedulden. Die Lücke zwischen Lübeck-Genin und Schönberg mit der Wakenitzquerung wird zwar im Herbst 2004 geschlossen. Im selben Jahr wird auch der Zubringer von der A 20 nach Stralsund und Rügen, die B 96 n, fertig. Doch auf dem Weg auf die Inseln klaffen dann immer noch Lücken in der Fernstraße. Sie werden erst ganz zum Schluss, Ende 2005, geschlossen sein. Für Autofahrer mag das Stückwerk ärgerlich sein. Politisch und planerisch ist es durchaus gewollt. Das Kalkül: Wenn einzelne Teilstrecken im Osten bereits fertiggestellt sind, kann niemand ernsthaft auf die Idee kommen, die A 20 doch nicht ganz bis zu Ende zu bauen. Denn die Ostseeautobahn soll die Fahrt von Norddeutschland nach Polen beschleunigen und gleichzeitig die gesamte Küste Mecklenburg-Vorpommerns für den Tourismus erschließen. Verkehrsplaner hoffen, dass die im Sommer überlaufenen, küstennahen Bundesstraßen entlastet werden. Zwei Milliarden Euro sollte der Autobahnbau ursprünglich einmal kosten. Voraussichtlich wird er billiger. Die Deges rechnet mit Ausgaben von nur noch 1,66 Milliarden Euro. In "konzentriertem Management und härterem Wettbewerb in der Bauwirtschaft" sieht Betriebsleiter Kock die Ursachen für den Preisrutsch. Ein noch geringes Verkehrsaufgebot und die freie Fahrt ohne Tempolimit machen die fertigen Teilstücke der A 20 derzeit zu einem Paradies für Autofahrer. Lediglich auf der Peene-Brücke bei Jarmen, wo die Straße ein Vogelschutzgebiet kreuzt, gilt auf 1,5 Kilometern Tempo 100. Der Preis: Zu schnelles Fahren ist die Hauptursache für die bislang 450 Unfälle mit zwölf Toten in diesem Jahr. Das Straßenbauamt Schwerin prüft derzeit, wo an der A 20 weitere Temposchilder aufgestellt werden müssen.