Rund 1000 Beschäftigte an verschiedenen Kliniken im Land haben in „Aktiven Mittagspausen“ gegen die Pläne der Bundesregierung protestiert.

Kiel. Die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein befürchten durch die geplante Gesundheitsreform eine dramatische Verschlechterung ihrer ohnehin schon angespannten wirtschaftlichen Situation. Das neue Gesetz werde die Kliniken im Land Millionen Euro kosten, sagte der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH), Bernd Krämer, am Dienstag in Kiel. „Was die Koalition den Krankenhäusern abverlangt, ist hart und deprimierend.“ Kritisiert wird unter anderem der Verzicht auf bundeseinheitliche Preise und die Beibehaltung der Budgetdeckelung. Rund 1000 Beschäftigte an verschiedenen Kliniken im Land haben am Mittag in „Aktiven Mittagspausen“ gegen die Pläne der Bundesregierung protestiert. Unterstützung erhielten sie vom Kieler Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP).

„Ich habe absolutes Verständnis für die Proteste“, sagte der Minister. Er habe am Dienstag mehrere Anträge in den Bundesrat eingebracht, um den Krankenhäusern in Schleswig-Holstein zu helfen. In einem fordert er, bundeseinheitliche Basisfallsätze einzuführen - wie es zuvor geplant war. Falls es dafür keine Mehrheit gäbe, könnte er sich vorstellen, dass nach oben von einem festgelegten Satz abgewichen werden dürfte, aber nicht nach unten. „Dann könnte sich die Situation in Schleswig-Holstein verbessern.“ Den Häusern in anderen Bundesländern, die höhere Sätze erhielten, müssten diese aber nicht absenken.

Nach Angaben der KGSH ist der Basisfallwert in Schleswig-Holstein mit 2855 Euro neben Mecklenburg-Vorpommern der niedrigste. Spitzenreiter ist Rheinland-Pfalz mit einem Wert von 3120 Euro. Garg kündigte an, die Sonderkonferenz der Gesundheitsminister Ende Oktober in Berlin zu nutzen, um für die Interessen des Landes zu werben.

2011 werden den gut 80 Kliniken mit ihren rund 33.000 Mitarbeitern nach Angaben der KGSH etwa 35 bis 40 Millionen Euro fehlen. Bereits im vergangenen Jahr habe jede fünfte der 82 Kliniken des Landes rote Zahlen geschrieben, sagte die KGSH-Vorsitzende Petra Thobaben am Dienstag in Kiel. Hauptgrund ist die nach Ansicht der KGSH zu niedrige Fallpauschale für Schleswig-Holsteins Kliniken. Das Land weist mit 2.855 Euro im Bundesländervergleich für 2010 den zweitniedrigsten Wert auf.

Die Kliniken hätten darauf vertraut, dass die Deckelung ihrer Budgets beendet werden, wie es die vorige Regierung beschlossen habe, sagte Krämer. Dies sei nun zurückgedreht worden. Er kritisierte zudem, dass auf bundeseinheitliche Basisfallwerte verzichtet werden soll. Dies sei bitter für die Krankenhäuser im Norden. Anstatt eines Preiswettbewerbs sollte es eigentlich einen Qualitätswettbewerb geben.

Es sei ein Rätsel, wie die Kostensteigerungen jetzt bezahlt werden sollten. Am Personal zu Sparen sei kaum mehr möglich, vielmehr fehlten an den Kliniken bereits jetzt landesweit 170 Ärzte, sagte die Vorsitzende der KGSH, Petra Thobaben. Durchschnittlich seien in zwei Drittel aller Krankenhäuser zwei bis drei Medizinerstellen nicht besetzt. Ähnlich sehe es bei den Pflegeberufen aus, ergänzte Steffen Kühhirt, Fachbereichsleiter Gesundheit bei ver.di Nord.

Im vergangenen Jahr habe jede fünfte Klinik im Land einen Verlust gemacht, ebenso viele erwarten auch 2010 ein negatives Ergebnis, sagte Thobaben. „Wir gehen auf den Insolvenzkollaps zu. Viele der jetzigen Krankenhäuser werden in fünf bis zehn Jahren nicht mehr existieren, mit allen Folgen für die Menschen“, warnte Thobaben.