Gegen die Entlassung eines weiteren Sexualstraftäters aus der Sicherungsverwahrung hat Erhard Rex Einspruch eingelegt.
Schleswig/Lübeck. Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwalt Erhard Rex hat Widerspruch gegen die Entlassung eines weiteren Sexualstraftäters aus der Sicherungsverwahrung eingelegt. Das sagte er am Mittwoch und bestätigte einen Bericht der „Lübecker Nachrichten“. Es gehe hier um einen bundesweit einmaligen Fall. Der als extrem gefährlich geltende Täter sitze nicht in einem Gefängnis, sondern in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung. Seine Sicherungsverwahrung sei also eine echte Maßregel und keine verkappte Strafe, wie es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bemängelt hatte, sagte Rex. Über die Freilassung muss jetzt das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) entscheiden.
Für Rex wäre es auch ein politisches Signal, wenn das Gericht seiner Rechtsauffassung folgte. „Das OLG gehört zu den 40 Prozent der deutschen Gerichte, die sich an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) gebunden fühlen. Wenn die Schleswiger Richter jetzt zu der Auffassung gelangen, dass die Sicherungsverwahrung in der Psychiatrie eine Maßregel der Besserung und Sicherung ist und der Täter deshalb nicht freigelassen werden muss, wäre das ein Signal an die Bundesjustizministerin, schnell eine neue Form der Sicherungsverwahrung außerhalb von Gefängnissen zu schaffen“, sagte Rex.
Im aktuellen Fall geht es um einen 49 Jahre alte Mann, der 1991 unter anderem wegen Vergewaltigungen zu sechs Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde. Die hat er seit 1996 wegen einer schweren antisozialen Persönlichkeitsstörung in der geschlossenen Psychiatrie verbracht. 2006 wurde seine Sicherungsverwahrung nachträglich verlängert.
Eine solche Praxis hatte der EGMR Ende 2009 beanstandet. Wenn die Sicherungsverwahrung in einem gewöhnlichen Gefängnis erfolge, sei sie wie eine Strafe. Gemäß dem Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ dürfe die aber nicht nachträglich verschärft werden, wenn das Gesetz zum Zeitpunkt der ersten Verurteilung noch nicht bestanden habe, hieß es zur Begründung. Als der 49-Jährige 1991 verurteilt wurde, war die Sicherungsverwahrung noch auf zehn Jahre begrenzt, erst 1998 entfiel die Frist. 2004 billigte dies das Bundesverfassungsgericht. Nach dem anderslautenden Urteil des EGMR ordnete das Lübecker Landgericht nun seine Freilassung an.
Rex rechnet damit, dass das OLG über seinen Widerspruch in den nächsten zwei bis drei Wochen entscheidet. Aufgrund der EGMR- Entscheidung sind in Schleswig-Holstein bislang bereits zwei Sexualstraftäter aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden. Bei vier anderen Tätern im Norden läuft die Zehnjahresfrist nach Angaben des Justizministeriums zwischen Dezember 2010 und Anfang 2012 ab