Der Bundespräsident sprach bei der Vereidigung von 250 Offiziersanwärtern in der Marineschule Mürwik. Zur Reform der Bundeswehr schwieg er.
Flensburg. Bundespräsident Christian Wulff hat vor zu großen Einsparungen bei der Bundeswehr gewarnt. Die Soldaten müssten sich darauf verlassen können, „dass die Streitkräfte auch künftig das erhalten, was sie zu einer erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufträge benötigen“, sagte er am Freitag in Flensburg. Wulff sprach bei der Vereidigung von 250 Marine-Offiziersanwärtern in der vor 100 Jahren gegründeten Marineschule Mürwik.
Wulff sagte den Offiziersanwärtern, ihr seemännisches Können und ihre Kameradschaft würden nicht mehr in den Dienst staatlichen Weltmachtstrebens gestellt, wie das in früheren dunklen Phasen der deutschen Geschichte der Fall gewesen sei. „Sie sollen heute dazu dienen, Brücken über das Meer zu bauen und die Völker zu verbinden.“ Die Erfahrung zweier Weltkriege und das damit verbundene Leid machten die Kontrolle militärischer Macht durch eine demokratische Gesellschaft unabdingbar: „Nie wieder dürfen unsere Streitkräfte missbraucht werden.“
Am Jahrestag des Berliner Mauerbaus vom 13. August 1961 und 20 Jahre nach der Wiedervereinigung lobte Wulff die Bundeswehr als Vorbild für Integration der Gesellschaft. „Wir haben heute sehen können, dass die Bundeswehr eine wirkliche Armee der Einheit ist, eine Armee der gelungenen Integration von Ost und West, von Frauen und Männern, auch von Menschen mit Migrationshintergrund, die ihren Dienst tun.“ Sie habe die Herausforderung angenommen, die aus der größeren internationalen Verantwortung Deutschlands erwachsen sei.
Nach Angaben der Marine befinden sich zurzeit etwa 600 Marinesoldaten im Auslandseinsatz . Die Operation Active Endeavour im Mittelmeer soll zur Entdeckung und Abschreckung terroristischer Aktivitäten im Mittelmeerraum beitragen. Der UNIFIL-Einsatz vor der Küste Libanons im Mittelmeer soll Waffenschmuggel übers Meer unterbinden, die Operation Atalanta am Horn von Afrika den Schiffsverkehr vor Piraten schützen.
Außerhalb dieser Einsatzgebiete tun knapp 30 Marinesoldaten Dienst als UN-Beobachter, bei der ISAF in Afghanistan, bei der EUFOR in Bosnien, bei der KFOR im Kosovo oder in internationalen Stäben.
Zu den Reformvorschlägen für die Bundeswehr will sich Wulff vorerst nicht äußern. Dies machte er am Rande der Vereidigung vor Journalisten deutlich. Auf die Frage, was er von Vorschlägen des Verteidigungsministeriums halte, die Bundeswehr auf 165.000 Mann bis 170.000 Soldaten zu verringern und die Wehrpflicht ruhen zu lassen, sagte Wulff: „Ich freue mich auf den Antrittsbesuch bei den Streitkräften und natürlich auch auf das erste längere Gespräch mit dem Bundesverteidigungsminister und werde mich vorher nicht zu diesen Dingen einlassen.“ Wulffs Kurztrip zur Marine war noch nicht der offizielle Antrittsbesuch des Bundespräsidenten bei den Streitkräften. Der steht noch aus, einen Termin gibt es bislang nicht.
Nach dem Besuch in der Marineschule es für Wulff weiter zu einem Empfang auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ . Dann stieg der Bundespräsident ins Auto und fuhr 1000 Jahre zurück: zu den Wikingern nach Haithabu. Der Ort bei Schleswig war vom 9. bis zum 11. Jahrhundert eines der bedeutendsten Handelszentren Nordeuropas. Beim Besuch im Wikinger- Museum Haithabu begleitete Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) Wulff.
Ein Rundgang durch das für rund 2,1 Millionen Euro neu gestaltete Museum stand auf dem Programm. Wulff erfuhr von den Grabstätten der Könige, besichtigte ein altes Kriegsschiff und besuchte die nachgebauten Häuser der Wikinger. Die Ausrüstung der Krieger vondamals testete er selbst: Im Hemd und ohne Jackett griff der Bundespräsident zu Pfeil und Bogen, der Ministerpräsident tat es ihm nach.
Anschließend kamen die beiden mit Kindern und Jugendlichen zum Gespräch zusammen – im Wikinger-Haus bei frischem Quellwasser aus Hörnern sowie Fladenbrot. „Am leichtesten fällt es, etwas dann zu lernen, wenn man Neugier entwickelt“, sagte Wulff. Dafür sei Haithabu der richtige Ort. Wie hätten die Leute früher gelebt, wie habe die Gemeinschaft funktioniert, wie ein Dorf? Carstensen erklärte: „Die Wikingerkultur ist ein wichtiger Teil unseres kulturellen Erbes, das Deutsche und Dänen miteinander verbindet.“