32 Firmen aus der Hansestadt sind auf der Hannover Messe vertreten. Von den großen Branchen ist vor allem die Elektroindustrie optimistisch.
Hamburg. Nach zwei Jahren mit hohen Wachstumsraten kühlt sich die Weltkonjunktur 2012 ab - doch nimmt man die Hannover Messe als Gradmesser, hat die deutsche Industrie dennoch Anlass zur Zuversicht. Denn die heute beginnende Messe wird die bislang größte der vergleichbaren "geraden" Jahre sein; in den ungeraden Jahren hat sie einen anderen Zuschnitt. Etwa 5000 Aussteller kommen diesmal nach Hannover, das sind 300 mehr als 2010. Die Ausstellungsfläche wächst sogar um 18 Prozent auf 172 000 Quadratmeter.
Für Messe-Vorstandschef Wolfram von Fritsch hat dies nicht zuletzt mit der Energiewende zu tun: "Nach dem Fukushima-Schock ist der Innovationsschub eingetreten." So lautet das Leitthema in Hannover in diesem Jahr "Greentelligence": Angesichts steigender Öl- und Strompreise wird die Energieeffizienz auch für Unternehmen immer wichtiger.
Gewachsen ist ebenso die Beteiligung von Hamburger Ausstellern: 32 Firmen und Institutionen aus der Hansestadt sind auf der Messe präsent. Darunter ist auch Ritz Instrument Transformers, ein Hersteller von sogenannten Messwandlern. Sie werden in der Elektrotechnik benötigt, um Stromstärken und Spannungen ermitteln zu können. In Hannover zeigt der Betrieb unter anderem Sensorwandler für die Messung von Gleichstrom aus Windkraft- und Solaranlagen. "Auf diesem Feld bringt uns die Energiewende zusätzliche Absatzpotenziale", sagt Roland Walger, Marketingleiter der Firma mit mehr als 800 Beschäftigten, davon gut 60 am Hauptsitz in Hamburg. Bis zu acht Personen werden in dieser Woche den Messestand betreuen.
Auch der Hamburger Energie- und Gebäudetechnikspezialist Imtech Deutschland zeigt sein Angebot in Hannover. Dazu gehören Computersimulationsprogramme, mit denen man herausfinden kann, wie sich der externe Energiebedarf von Bürohäusern oder Industrieanlagen durch den Einsatz von Kraftwärmekopplung, Wärmepumpen oder auch der Nutzung von Anlagenabwärme möglichst stark senken lässt. "Wir gehen davon aus, dass man bis zu 35 Prozent der bisher benötigten Energie auf diese Weise einsparen kann", sagt Imtech-Sprecher Kevin Wüst. Zehn Mitarbeiter stellen solche Lösungen auf dem Messestand von 150 Quadratmetern im Rahmen der Leitmesse "Metropolitan Solutions" vor, die unter anderem auf die wachsenden Probleme der Megastädte abzielt.
Einer der Zuschauermagneten in der gleichen Halle dürfte der Hochwasserpanikraum der Technischen Universität Hamburg-Harburg sein: In einem Container veranschaulichen Mitarbeiter des Instituts für Wasserbau die Folgen eines Versagens von Deichen und der Regenwasserkanalisation mithilfe von Computersimulationen. Selbst die Flutung eines Wohnzimmers wird realitätsnah demonstriert.
+++ Merkel und Wen eröffnen Hannover Messe 2012 +++
"Darüber hinaus ist das Thema Elektromobilität nicht mehr wegzudenken", sagt Doris Petersen, Repräsentantin der Deutsche Messe AG für Norddeutschland. "Leider gibt es in diesem Jahr keinen offiziellen Auftritt Hamburgs, auch nicht auf der entsprechenden Leitmesse MobiliTec, obwohl die Stadt im europäischen Umfeld zum Beispiel bei der Erprobung von Wasserstoffantrieben sehr weit vorn ist." Die Abstinenz Hamburgs sei bedauerlich; die Stadt vergebe damit eine Chance, sich im nationalen Standortwettbewerb zu positionieren.
Auf der Hannover Messe 2012 kommt rund die Hälfte aller Aussteller aus dem Ausland, allein 460 Firmen aus dem diesjährigen Partnerland China - nach wie vor eine der Lokomotiven der Weltwirtschaft. Nicht zuletzt der Exportboom machte es möglich, dass die vier großen Industriebranchen Deutschlands im vergangenen Jahr zusammen gut 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Dies dürfte sich 2012 den Prognosen zufolge so nicht fortsetzen. Die Zeichen stünden auf Normalisierung, sagt Andreas Gontermann, Chefvolkswirt des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI): "Wir rechnen mit einem Umsatzwachstum, aber nicht in der Größenordnung wie 2010 oder 2011." Generell ist er ohnehin zuversichtlich für die Branche: "Es gibt kaum einen globalen Megatrend, an dem wir nicht teilhaben: Elektromobilität, Infrastruktur, Gesundheitswirtschaft, Urbanisierung."
Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des Verbands der Maschinenbauer (VDMA), sieht 2012 als "Übergangsjahr zu neuem Wachstum". Man spüre die Verunsicherung durch die Euro-Krise und die Bremsmaßnahmen in Schwellenländern, die eine Überhitzung der Wirtschaft vermeiden wollen. Wenn der Maschinenbau derzeit Rückgänge im Auftragseingang verzeichne, sei dies aber auch eine Folge des "außerordentlich hohen" Vorjahresniveaus.
Die Chemiebranche rechnet mit einer Stagnation bei der Produktion und einem leichten Umsatzanstieg um ein Prozent wegen geringfügig höherer Preise. Nach zwei Jahren "erfolgreicher Aufholjagd" lege dieser Wirtschaftszweig eine Wachstumspause ein, so Manfred Ritz vom Verband der Chemischen Industrie (VCI).
Auch in der Automobilindustrie werde die Produktion im Inland voraussichtlich stabil bleiben, sagt Eckehart Rotter, Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Zuwächse im Export in die USA und nach China müssten das Minus auf den westeuropäischen Märkten ausgleichen.