In Schleswig-Holstein hat sich die Koalition trotz aller Proteste durchgesetzt und das letzte gebührenfreie Betreuungsjahr abgeschafft.

Kiel. Eltern in Schleswig-Holstein müssen von August an wieder für alle Kindergarten-Jahre bezahlen. Gegen heftigen Protest der Opposition kassierten CDU und FDP am Freitag im Kieler Landtag mit ihrer knappen Mehrheit von einer Stimme die Gebührenfreiheit für das letzte Kita-Jahr. Sie war erst im Sommer 2009 unter der großen Koalition eingeführt worden.

Die Opposition warf Schwarz-gelb fehlende Glaubwürdigkeit und soziale Unausgewogenheit vor. Sie habe das Gesetz außerdem in einem Hauruck-Verfahren durchgepeitscht. Auch Eltern und Erzieher hatten Front dagegen gemacht. Mit der Rücknahme des kostenlosen Kita-Jahres setzte die Koalition das erste Vorhaben aus ihrem Millionen-Sparpaket um. Sie will so 35 Millionen Euro jährlich sparen. Dafür soll der Landeszuschuss für die Betriebskosten der Kindergärten von 60 auf 70 Millionen Euro steigen - für eine bessere Grundausstattung. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) betonte nach der Landtagssitzung, das Land spare nicht an frühkindlicher Bildung. Zusammen mit dem Bund gebe es in den nächsten Jahren 490 Millionen Euro aus. „Wir wissen, wo die Schwerpunkte sind.“

Die einkommensunabhängige Beitragsfreiheit sei eine Sozialleistung für jene, die es gar nicht nötig hätten, sagte Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP). Sie habe nicht die gewünschte Zielgruppe von Kindern aus sozial schwachen Familien oder mit Migrationshintergrund erreicht und nicht zu mehr Anmeldungen geführt, erklärte die CDU-Abgeordnete Marion Herdan. Die Regierungsfraktionen brachten auch das Schlagwort Generationengerechtigkeit ins Spiel: Die heutigen Kinder sollten später nicht unter den hohen Schulden leiden.

SPD-Fraktionschef Ralf Stegner erklärte, nur die Beitragsfreiheit vom Kindergarten bis zum Studium ermögliche die Chance für den Aufstieg. „Ich war auf dieses Gesetz stolz, dass wir das gemeinsam gemacht haben.“ Die Grünen-Abgeordnete Anke Erdmann warf der CDU fehlende Glaubwürdigkeit vor: „Vor der Wahl: Beitragsfreiheit versprochen – nach der der Wahl gebrochen.“ Die Grünen wollen die Grunderwerbsteuer erhöhen und damit unter anderem das gebührenfreie Kita-Jahr finanzieren. SSW und Linke kritisierten die Abschaffung ebenfalls.

Scharf protestierte die Opposition gegen das schnelleVerfahren. Der Gesetzentwurf war am Mittwoch ins Parlament eingebracht worden, Donnerstag berieten die zuständigen Ausschüsse. Im Bildungs-, Finanz- und Sozialausschuss passierte er ohne die von der Opposition geforderte schriftliche Anhörung. Der abgekürzte parlamentarische Weg sei nötig, um den Trägern der Kitas die Zeit für notwendige Beschlüsse zu geben, rechtfertigte Marion Herdan die Eile. Bis zuletzt war nicht ganz sicher, ob das Gesetz den Landtag passieren würde. Barbara Ostmeier von der CDU hatte am Donnerstag noch Beratungsbedarf angemeldet, der Innen- und Rechtsausschuss tage noch am Freitagmorgen.

Das Land wies im Kindergarten-Jahr 2009/2010 Kreisen und kreisfreien Städten einen Ausgleich von 35 Millionen Euro für die Gebührenfreiheit zu. Das übersteigt nach Angaben von Klug deren tatsächliche Aufwendungen um 9 bis 10 Millionen.