Der Bund plant in der Elbe ganzjährig eine 1,60 Meter tiefe Fahrrinne zu schaffen. Nun stellt dies ein Wissenschaftler aus Magdeburg in Frage.
Magdeburg. Der hallesche Wirtschaftswissenschaftler Hans-Ulrich Zabel hat den Ausbau der Elbe für die Schifffahrt infrage gestellt. „Das ist ökonomisch und ökologisch absurd“, sagte der Professor von der Martin-Luther-Universität am Mittwoch bei der Vorstellung einer Studie in Magdeburg. Der Plan des Bundes, ganzjährig 1,60 Meter Fahrrinnentiefe zu schaffen und so die Schifffahrt anzukurbeln, sei angesichts des Klimawandels mit mehr Trockenheit und zunehmendem Niedrigwasser illusorisch. Kosten und Nutzen stünden in keinem Verhältnis. Zudem seien Milliardenschäden für die Volkswirtschaft etwa wegen Naturzerstörung zu befürchten.
Das Bundesverkehrs-ministerium hatte in der Vorwoche angekündigt, die Elbe von 2011 an auch für große Schiffe mit dreifach gestapelten Containern befahrbar zu machen. Dazu sollen beim Hochwasser 2002 zerstörte Buhnen repariert und das Flussbett ausgebaggert werden. Nach Einschätzung Zabels handelt es sich um „illegalen Ausbau“: Der Bundestag habe 2002 nur die Wiederherstellung des Zustands vor dem Hochwasser erlaubt. „Auch damals gab es 1,60 Meter Fahrrinnentiefe, aber nicht das ganze Jahr über.“ Um rentabel zu fahren, benötigten Schiffe ohnedies 2,50 Meter Tiefe.
Umweltschützer machen seit Jahren gegen den Ausbau von Elbe und Saale mobil. Sie befürchten, dass in Folge der Flussvertiefung der Grundwasserspiegel absinkt und Auenwälder, die Heimat zahlreicher seltener Tiere und Pflanzen sind, austrocknen, ebenso zum Beispiel das Dessau-Wörlitzer Gartenreich als UNESCO-Welterbe. Zabel geht davon aus, dass der nun vorgesehene Elbe-Ausbau einen Nutzen von jährlich bis zu 4,6 Millionen Euro nach sich zieht. Den Schaden für die Volkswirtschaft bezifferte er auf 86 Milliarden Euro pro Jahr. In diese Summe fließen etwa ein angenommener rückläufiger Tourismus oder eine höhere Belastung mit klimaschädlichem Kohlendioxid ein, abgestorbene Auenwälder könnten dieses nicht mehr aufnehmen.
Zabel stellte seine Studie auf Einladung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) der Öffentlichkeit vor. Er wies aber darauf hin, dass er das Papier als unab-hängiger Wissenschaftler erarbeitet habe.
In der Elbe als letztem weitgehend naturbelassenem großen Strom in Europa herrscht gerade im Sommerhalbjahr oft Niedrigwasser. Eine Fahrrinne von 1,60 Metern wird nach offiziellen Angaben derzeit an durchschnittlich 250 Tagen erreicht, 2,50 Meter an 111 Tagen. Nur 0,2 Prozent der Güter in der Elberegion werden über den Fluss transportiert. Der Bund investierte zuletzt pro Jahr 40 Millionen Euro in sogenannte Unterhaltungsmaßnahmen wie die Befestigung von Ufern und Buhnen.