Ex-Rocker soll am Dienstag wieder vor dem Kieler Landgericht aussagen. Suche nach getötetem Türken in Lagerhalle wird fortgesetzt.

Kiel. Auch nach einer Woche wird die mühsame Suche nach der Leiche eines möglichen Hells-Angels-Opfers in Kiel fortgesetzt. Die Ermittler durchforsteten auch am Freitag den Untergrund einer Lagerhalle im Stadtteil Altenholz auf mögliche Spuren des vermissten, angeblich getöteten Türken Tekin Bicer. Die Polizei stützt sich dabei auch auf Angaben eines Ex-Rockers, der am Donnerstag vor dem Kieler Landgericht ausgesagt hatte. Er ist selbst wegen Zuhälterei und schwerer Körperverletzung angeklagt.

Dem Mann zufolge hatte angeblich der Chef der Hannoveraner Hells Angels, der eine führende Rolle bei der Rockerbande in Deutschland spielen soll, bei der Ermordung des seit zwei Jahren vermissten Türken in Kiel zugestimmt. Dieser hat die Darstellung mittlerweile zurückgewiesen.

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Die Polizei hatte am Donnerstag vor einer Woche eine beispiellose Großrazzia mit mehr als 1200 Beamten bei den Hells Angels in Norddeutschland unternommen. „Die Auswertung der gesammelten Unterlagen wird Monate in Anspruch nehmen“, sagte Oberstaatsanwältin Birgit Heß am Freitag. Bei der Razzia durchsuchten die Ermittler auch die Lagerhalle, vor einer Woche dann begannen sie, die Betonplatten aufzubrechen, um im Erdreich Überresten der Leiche auszuspüren.

Der Kronzeuge im Hells-Angels-Prozess in Kiel wird am Dienstag (5. Juni) erneut vor dem Landgericht aussagen. Dabei werde es auch um die Lagerhalle des Rockerclubs in Altenholz gehen, sagte Oberstaatsanwältin Birgit Heß am Freitag.

Der Kronzeuge hatte am Donnerstag den Rockerchef Frank Hanebuth des Mordauftrags beschuldigt. Hanebuth, Chef der Hells Angels in Hannover, habe den Auftrag für die Ermordung von Tekin B. gegeben, sagte der Ex-Rocker. Tekin B. war offenbar wegen Drogengeschäften mit den Hells Angels aneinandergeraten.

Sollte die Leiche des seit zwei Jahren vermissten Türken Tekin Bicer tatsächlich einbetoniert worden sein, wird sie nach Aussage eines Experten noch in gutem Zustand sein. „Solche Leichen sind in der Regel relativ gut erhalten“, sagte der Leiters des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Prof. Klaus Püschel. Der Grund: „Durch den vollständigen Luftabschluss findet eine Zersetzung durch zum Beispiel Insektenfraß nicht statt.“ So könnten an den Gewebeteilen wahrscheinlich noch Verletzungen festgestellt werden.

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Wie schnell eine begrabene Leiche verwese, hänge immer von der Umgebung ab, erklärte Püschel. Nach dem Tod eines Menschen sterben zunächst seine Organe, bevor sich auch die einzelnen Zellen seines Körpers zersetzen. An dieser Verwesung von Haut, Fleisch und Organen sind unter anderem Bakterien, Enzyme und Pilze beteiligt. Auf einem Friedhof vergehen in der Regel rund vier Jahre, bis von dem Toten nur noch Zähne und das Skelett übrig sind.

Eine Woche dauert die Suche nach der Leiche in einer Lagerhalle in Kiel bereits. Ein Leichenspürhund kann einen Toten jedoch selbst nach mehreren Jahren noch finden, wenn dieser in Plastiksäcken verpackt in 80 Zentimeter Tiefe einbetoniert wurde. (dpa/dapd)