Eine Grünen-Gruppierung hatte beantragt, den Verfassungsschutz abzuschaffen. Das sorgt im Licht der NSU-Affäre für reichlich Zündstoff.

Schwerin. Der Antrag einer Grünen-Gruppierung zur Abschaffung des Verfassungsschutzes in Mecklenburg-Vorpommern sorgt schon vor einem Parteitag am Wochenende in Güstrow für Zündstoff. „Dass Geheimdienstpraktiken nicht erfolgreich sind, zeigen die Vorgänge um die rechtsextremistische Terrorzelle NSU. Man könnte also zu der Auffassung kommen, dass man auf den Verfassungsschutz verzichten kann“, sagte Grünen-Landeschef Andreas Katz am Mittwoch in Schwerin. Er vermied es aber auf Nachfrage, sich persönlich hinter den Antrag der Facharbeitsgruppe zu stellen. „Der Antrag steht in Güstrow zur Diskussion. Dort werde ich auch meine Position klar machen“, sagte Katz. Zu dem Parteitag werden rund 100 Delegierte erwartet.

Innenminister und CDU-Landeschef Lorenz Caffier war dem Grünen- Vorstoß bereits entschieden entgegengetreten: „Der Verfassungsschutz dient dem Schutz unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, betonte er. Die Behörde, die Zeitungsberichten zufolge im Nordosten 85 Mitarbeiter zählt und jährlich rund fünf Millionen Euro an Kosten verursacht, sei eine wichtige Institution zum Schutz des Rechtsstaates. Der Vorwurf, der Verfassungsschutz vernachlässige die Beobachtung des Rechtsextremismus und fördere diesen sogar, sei ungeheuerlich. „Das aktuelle Ansinnen nach Abschaffung des Landesverfassungsschutzes entbehrt jeder Grundlage“, erklärte Caffier.

Die Linke, die seit langem die Abschaffung aller Geheimdienste verlangt, forderte die Grünen zu mehr Konsequenz auf: „Die alleinige Auflösung des Landesverfassungsschutzes ist wenig zielführend“, erklärte der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Landtag, Peter Ritter. Sinn mache dies nur, wenn ein solcher Schritt bundesweit umgesetzt werde. Deshalb sollten die Grünen ihre Überlegungen auf die Bundesebene ihrer Partei übertragen, meinte Ritter.

Die Kritik der Antragsverfasser richtet sich insbesondere gegen den Einsatz bezahlter Informanten. „V-Leute in rechtsextremistischen Strukturen sind keine Agenten des Rechtsstaates, sondern staatlich alimentierte Nazi-Aktivisten“, heißt es in dem Antrag. Nach der Aufklärung der Serie von bundesweit zehn Morden, die der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zugeschrieben werden, hatten die Ermittlungsbehörden einräumen müssen, dass sie trotz der V-Leute jahrelang nicht auf die Spur der Täter aus dem rechtsextremen Spektrum gekommen waren.

Mit dem Kampf gegen den Rechtsextremismus befassen sich auch weitere Anträge für die zweitägige Parteikonferenz. So wollen die Grünen laut Katz das Zusammenwirken der demokratischen Fraktionen im Landtag in der Auseinandersetzung mit der NPD auch auf die Landesparteien übertragen. „Die NPD ist wieder in den Landtag eingezogen und hat in manchen Orten 30 Prozent der Wählerstimmen erreicht. Das zeigt, dass die bisherigen Strategien nicht aufgegangen sind. Wir müssen offensiver sein und unsere Präsenz vor allem in ländlichen Regionen erhöhen“, sagte Katz und kündigte die Eröffnung von vier weiteren Regionalbüros der Grünen an. Dazu gehöre auch Anklam, eine Region mit hohem NPD-Wähleranteil. Sieben Büros gebe ss bereits.

Trotz der angestrebten engeren Kooperation im Kampf gegen Rechts sollen die demokratischen Parteien aber ihre politischen Unterschiede weiter deutlich machen. „Wir wollen eine grundsätzliche Übereinkunft, wie Demokraten Gesicht zeigen. Zur Demokratie gehören aber auch unterschiedliche Positionen und Streit darum“, betonte Katz. Die Co-Vorsitzende Kerstin Felgner verwies auf einen weiteren Antrag, der auf die Stärkung der Demokratie durch mehr Bürgerbeteiligung zielt. (dpa/abendblatt.de)