Nach dem Urteil aus Karlsruhe müssen in Schleswig-Holstein keine Straftäter entlassen werden. Justizministerin Schmalfuß begrüßt Urteil.

Kiel. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung müssen in Schleswig-Holstein unmittelbar keine Straftäter entlassen werden. Das sagte Justizminister Emil Schmalfuß (parteilos) nach einer ersten Einschätzung am Mittwoch. Das Bundesverfassungsgericht hatte am selben Tag sämtliche Regelungen zur Sicherungsverwahrung von Straftätern für verfassungswidrig erklärt und eine gesetzliche Neuregelung innerhalb der nächsten zwei Jahre gefordert.

„Ich begrüße die Entscheidung, weil sie klare Vorgaben für eine gesetzliche Neuregelung der Sicherungsverwahrung macht, dafür aber auch eine ausreichende Frist einräumt“, sagte Schmalfuß. Unklar ist nach Aussagen des Ministers noch, welche Auswirkungen sich auf die Sicherungsverwahrung und deren Ausgestaltung in Schleswig-Holstein ergeben werden. „Das können wir erst nach eingehender Prüfung des Karlsruher Urteils sagen“, erklärte Schmalfuß.

Insgesamt gibt es laut Justizministerium in Schleswig-Holstein aktuell rund 30 Straftäter, die bereits in Sicherungsverwahrung sind oder für die eine solche nach Verbüßung ihrer Haftstrafe angeordnet ist.

Drei von ihnen sind „Altfälle“, Für die das Bundesverfassungsgericht nun eine besonders strenge Prüfung vorsieht. Für diese Stratäter war die Sicherungsverwahrung ursprünglich auf zehn Jahre befristet; die Grenze wurde aber rückwirkend aufgehoben. Das jedoch erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) für menschenrechtswidrig. Bei den drei „Altfällen“ in Schlesiwg-Holstein ist die ursprüngliche Zehnjahresfrist bis Anfang 2012 ausgeschöpft. „Was mit ihnen dann geschieht, wird in jedem Einzelfall entschieden“, sagte Ministeriumssprecher Oliver Breuer.

Die Gerichte müssen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun prüfen, ob von den Verurteilten eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten ausgeht und ob sie an einer psychischen Störung leiden. Diese geschieht nach Angaben des Justizministeriums aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allerdings schon heute.

Im vergangenen Jahr hatte die Entlassung von vier Straftätern in Schleswig-Holstein für Aufregung gesorgt, die – als sogenannte Altfälle – nach der Entscheidung des EGMR auf freien Fuß kommen mussten. Drei der Männer waren wegen Sexualstraftaten verurteilt; ihre Sicherungsverwahrung war nachträglich verlängert worden, weil sie nach wie vor als gefährlich galten. Zwei leben inzwischen freiwillig in der Klinik für forensische Psychiatrie in Neustadt (Kreis Ostholstein). Von dem dritten Mann geht wegen seines Alters und seines Gesundheitszustandes nach Ansicht der Behörden keine Gefahr mehr aus. In Hamburg sorgte der Fall eines Sexualstraftäters für Aufsehen, der nach seiner Entlassung aus der Sicherungsverwahrung nach Hamburg gezogen war und dort seither auf Schritt und Tritt von der Polizei überwacht wird. (dpa)