Sicherungsverwahrte dürfen nicht wie Häftlinge untergebracht werden. Deshalb sollen sie nun in einem umgebauten Alt-Gefängnis leben.

Hannover. In Niedersachsen sollen Sicherungsverwahrte in Zukunft in einem speziell für sie umgebauten Alt-Gefängnis leben. Ein völlig neuer Hochsicherheitsstandort für die erwarteten etwa 50 Insassen „auf der grünen Wiese“ sei nicht nur den Anwohnern kaum vermittelbar, sondern auch eine „extrem teure Angelegenheit“, sagte Justizminister Bernd Busemann (CDU) am Mittwoch in Hannover. „Auch das Rahmenangebot bis hin zu Freizeit und Arbeitsplätzen für einen so kleinen Personenkreis bedeutet so viel Aufwand, dass wir es nicht vertreten können“, betonte der CDU-Politiker.

Daher sollen die als besonders gefährlich eingestuften Ex-Häftlinge künftig in einem eigens für sie umgebauten Gefängnis untergebracht werden. „Vier bereits erprobte Standorte kommen dazu in Betracht“, betonte Busemann. Vor dem Sommer will er aber noch keine Namen nennen. Doch auch bei dieser Lösung muss das Land Geld in die Hand nehmen und investieren. „Ich rechne mit Kosten in Millionenhöhe.“ Eine teilprivate Haftanstalt, wie sie in Bremervörde entsteht, sei schon aufgrund des engen Zeitplans keine Alternative.

In den vergangenen Monaten nahm eine spezielle Arbeitsgruppe die bestehenden Justizvollzugsanstalten im Land auf der Suche nach einem Standort unter die Lupe. „Dafür gibt es bestimmte Kriterien“, sagte Busemann. „Das muss räumlich vom Gelände möglich sein, Hochsicherheitseinrichtungen müssten am besten schon bestehen und es müssen ständig in hohem Maße Therapieangebote vorgehalten werden können.“

Konkret bedeutet dies, dass wohl nur die bereits jetzt für die höchste Sicherheitsstufe ausgelegten Justizvollzugsanstalten in Celle, Oldenburg, Wolfenbüttel, Sehnde und Rosdorf in der näheren Auswahl sind – aber auch das wollte das Ministerium noch nicht bestätigen.

Haftanstalten mittlerer Sicherheit, wie etwa in Bremervörde, kommen laut Busemann für „diese Leute gar nicht in Betracht“. Auch Niedersachsens größtes Maßregelvollzugszentrum stehe nicht zur Diskussion. „Unser Blick geht nicht in Richtung Moringen.“

Busemann: „Wir sind noch nicht ganz am Ende unserer Betrachtung.“ Zudem will er abwarten, ob sich das Bundesverfassungsgericht zu dem von den Ländern erstellten Kriterienkatalog zur Neuausrichtung der Sicherungsverwahrung äußert. Die Justizminister der Länder hatten sich auf Druck des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf eine Neuausrichtung geeinigt. Neben der baulichen Trennung zu Gefängnissen sollen es unter anderem auch größere Zimmer geben. Gelockert werden sollen ferner die Vorschriften zum Besitz von persönlichen Gegenständen, zu den Möglichkeiten für Aus- und Weiterbildung, zu Aufenthalten im Freien oder zu Kleidervorschriften. Auch die Haltung von kleinen Haustieren wird nicht mehr kategorisch ausgeschlossen.

Unterdessen haben Deutschlands höchste Richter am Mittwoch erklärt, dass die geltenden Regelungen für gefährliche Straftäter in Sicherungsverwahrung das Grundrecht auf Freiheit verletzen und somit verfassungswidrig sind. Bis Ende des Jahres muss die Justiz daher jeden Einzelfall neu überprüfen.

Nur wenn bei Betroffenen eine „hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten“ aus konkreten Umständen zu erkennen ist und außerdem eine psychische Störung besteht, dürfen die ehemaligen Straftäter weiterhin eingesperrt bleiben. Vom 31. Mai 2013 an dürfen die jetzigen Regeln nicht mehr angewendet werden.

„In einer schwierigen Frage wurde jetzt endlich Klarheit geschaffen“, sagte Busemann. In Niedersachsen betreffe dies nach Angaben des Justizministers derzeit elf akute Altfälle. Busemann zeigte sich insbesondere darüber erfreut, dass auch in Zukunft das Schutzinteresse der Bevölkerung die einzelnen Freiheitsinteressen der Gefangenen überwiege. „Es wird auch in Zukunft in Deutschland so sein, dass hochgefährliche Straftäter auch nach verbüßen der Strafhaft, wenn auch unter verbesserten Unterbringungsbedingungen, in Gewahrsam bleiben“, sagte Busemann. Sollte die Überprüfung jedoch keine weitere Sicherungsverwahrung rechtfertigen, seien Entlassungen auch vor Mai 2013 möglich. (dpa)