Der Tourismusverband will eine Bettensteuer auf der Ostseeinsel einführen. Der Gaststättenverband kritisiert den Vorschlag heftig.

Bergen/Schwerin. „Ich weiß nicht, was den Tourismusverband auf Rügen geritten hat“, schüttelt Uwe Barsewitz, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes in Mecklenburg-Vorpommern den Kopf. „Die prügeln auf das Pferd ein, das den Karren ziehen soll.“ Grund für seinen Groll sind die Pläne des Rügener Tourismusverbandes, eine flächendeckende Bettensteuer auf der Ostseeinsel einzuführen. Auch auf Rügen stoßen die Pläne auf Kritik. Gegen den Rügener Verbandsvorsitzenden und Bettensteuer-Befürworter Thomas Wuitschik sind Rücktrittsforderungen laut geworden. „Wer so handelt, vertritt nicht die Interessen der Vermieter“, erregt sich Ronald Rambow, Vorsitzender des Fremdenverkehrsvereins Binz. Eine weitere Abgabe belaste die Hoteliers und vergraule letztendlich die Urlauber. In Binz zahlen die Urlauber bereits jetzt eine Kurtaxe von 2,60 Euro pro Tag.

Kreidefelsen, Ostseestrände und tiefe Buchenwälder - die landschaftliche Vielfalt und die touristischen Angebote Rügens locken zwar noch viele, aber immer weniger Gäste auf die Insel. Während andere Urlaubsregionen wie Mecklenburger Seenplatte oder die mecklenburgische Ostseeküste konstante, wenn nicht sogar steigende Gästezahlen vermelden, entwickelt sich Rügen - das einstige Flaggschiff des Landes - allmählich zum Sorgenkind. Im touristischen Rekordsommer 2009 mit landesweit 4,2 Prozent mehr Übernachtungen von Mai bis Oktober fuhren Rügen und Hiddensee zusammen ein Minus von 2,7 Prozent ein. Damit setzte sich der Vorjahrestrend fort. Im schneegeplagten Winter 2010 verbuchte die Region sogar ein Minus von 14 Prozent - der stärkste Einbruch nach der Wende .

„Wir müssen etwas tun“, sagt deshalb Tourismusverbandschef Thomas Wuitschik. Mit einer Bettensteuer könnten - so die Idee des Verbandes - die größten Konfliktfelder, die bei den Gästen seit Jahren für Unmut sorgen, angegangen werden. Zu diesen Problemen zählt der Touristiker die stundenlangen Staus auf den Straßen, das noch lückenhafte Rad- und Wanderwegenetz oder auch überteuerte Parkplatzgebühren. „Wir wissen doch, worüber sich die Gäste beschweren.“ Am liebsten wäre dem Verband ein entsprechender Kreistagsbeschluss für die gesamte Insel. Er habe sich bereits mit einer Voranfrage ans Innenministerium gewandt. Die auf dem Kommunalabgabengesetz basierende erstmalig erhobene Steuer müsste durch das Schweriner Ministerium genehmigt werden. Mitte Juni gibt es ein Gespräch zwischen Verband und Ministerium.

Anders als die Kurtaxe könnte eine kommunale Bettensteuer auch in Gemeinden erhoben werden, die keine Kur- und Erholungsorte sind. Wenn auch kleinere Vermieter, die weniger als neun Betten vermieten, die Steuer einziehen, könnte das bei insgesamt 8,5 Millionen Übernachtungen und einem Euro Bettensteuer pro Nacht eine schöne Summe Geld in die Kommunalkassen spülen. „Mit dem Geld ließe sich viel machen“, sagt Wuitschik und denkt dabei unter anderem an eine kostenlose Nutzung von Bus, Bahn und Schiff durch die Urlauber. Rügen wäre die erste Region im Land mit einer Bettensteuer. In Schwerin und Rostock sind inzwischen ähnliche Pläne fallen gelassen worden. Im März hatte Köln die Einführung einer Bettensteuer beschlossen und damit eine bundesweite Diskussion in Gang gebracht. Als erste Stadt hatte 2005 Weimar eine Bettensteuer eingeführt. Als „Kulturförderabgabe“ fließen jährlich etwa 800 000 Euro in die Stadtkasse.

Die Kritiker auf Rügen haben inzwischen ebenfalls einen Brief an Innenminister Lorenz Caffier (CDU) geschrieben. Eine Erhöhung der Übernachtungskosten durch eine Bettensteuer wäre kontraproduktiv und würde die Tourismusregion schädigen. „Die Gäste erwarten eher sinkende und nicht steigende Preise“, sagt Ronald Rambow. Vor den Problemen, die der Tourismusverband benannt hatte, können auch die Kritiker ihre Augen nicht verschließen. „Sicher muss etwas getan werden“, sagt der Binzer Fremdenverkehrschef. „Aber nicht durch eine Zwangsabgabe, bei der Hoteliers und Vermieter als eine Inkassoeinrichtung des Kreises missbraucht werden sollen.“