Die HafenCity-Universität hat einen "Wohn- und Mobilitätskostenrechner" entwickelt, mit dem man im Internet kostenlos ermitteln kann, wie teuer das Leben im Hamburger Umland ist ( www.womo-rechner.de ).
Mit wenigen Mausklicks kann sich jeder Haushalt, der einen Umzug aufs Land plant, die individuellen Kosten ermitteln lassen, mit denen er an verschiedenen Standorten in der Metropolregion Hamburg rechnen muss. Eigene Angaben, beispielsweise zu den Finanzierungskonditionen der Immobilie, zum Pkw-Besitz und zu den Arbeitswegen ermöglichen ein zuverlässiges Ergebnis.
"Bauen in Hamburg ist teuer. Bauen auf dem Land ist billig." Diese grobe Faustformel reicht vielen potenziellen Bauherren, die Stadt zu verlassen und den Bau des eigenen Hauses weit vor den Toren der Stadt zu planen, wo günstiges Bauland lockt. "Das ist zu kurz gedacht", warnt Thomas Krüger, Stadtplaner und Professor an der HafenCity-Universität (HCU). Das Wohnen auf dem Lande könne teurer werden, als man ahne. Das gelte insbesondere für Pendler.
"Wenn man den Taschenrechner aus der Hand legt, sobald die Finanzierung des Hauses steht, bemerkt man möglicherweise eine böse Überraschung." Denn die Wohn- und Mobilitätskosten, die am neuen Wohnort entstehen, seien bislang vorab kaum zu prognostizieren gewesen. Dabei seien sie der größte Posten im Haushaltsbudget. "Sie betragen in Deutschland im Durchschnitt 40 Prozent des monatlich verfügbaren Einkommens", gibt Krüger zu bedenken. "In vielen Fällen wird das vermeintlich günstige Wohnen am Rand der Stadt und in den dünn besiedelten Gebieten der Ballungsräume an der Tankstelle teuer bezahlt."
Mit dem neuen WoMo-Rechner, der im Rahmen eines Forschungsprojektes zu den Folgekosten der Siedlungsentwicklung entwickelt wurde, kann jeder Haushalt diese Kosten für die Metropolregion Hamburg individuell ermitteln, bevor die folgenschwere Entscheidung gefällt wird, wo man bauen wird. "Wir wollen niemanden davon abhalten, auf dem Lande zu bauen", betont Krüger.
"Unser Ziel ist es, im Vorfeld einer Entscheidung Kostentransparenz zu schaffen." Unvermeidbare finanzielle Aufwendungen müssten so nicht länger, wie es in vielen Haushalten geschieht, als nicht eindeutig zu beziffender Posten unter "laufende Kosten" versteckt werden. Krüger gibt Beispiele: "Nebenkosten und die Instandhaltung des Hauses werden häufig zu niedrig eingeschätzt." Auch machten sich die meisten Bauherren falsche Vorstellungen, wie sehr die Mobilitätskosten zu Buche schlagen.
"Kosten verursacht ja nicht nur der Elternteil, der tagtäglich nach Hamburg pendelt, sondern auch die Kinder, die auf das Mama-Taxi angewiesen sind, um am sozialen Leben teilnehmen zu können."
Auf dem Lande sei zum Beispiel der Geigenunterricht nicht immer um die nächste Ecke zu haben. Hinzu komme, dass Familien "im Grünen" erfahrungsgemäß auf deutlich größeren Wohnflächen lebten als in der Stadt. "Das bedeutet ein Plus an Wohnkomfort, aber auch ein Plus an Kosten", so Krüger. Sein Fazit: Die Gesamtkosten für Wohnen und Mobilität sind für diese Familien an vielen Standorten im Umland erheblich höher als in der Kernstadt.
Am Beispiel der dreiköpfigen Musterfamilie Meier, wohnhaft in Eimsbüttel, und in Erwartung weiteren Nachwuchses, rechnet Krüger verschiedene Optionen vor: "Meiers wollen sich eine größere Wohnung kaufen. In der Nachbarschaft finden sie eine passende 100 Quadratmeter große Altbau-Eigentumswohnung. Die Gesamtkosten für Wohnen und Mobilität würden sich bei dieser Wohnung auf 1740 Euro belaufen."
Das sei viel Geld für relativ wenig Wohnfläche, befinden Herr und Frau Meier. Also suchen sie eine Alternative im nahen Schnelsen. Hier errechnet der WoMo-Rechner bei einem älteren Reihenhaus mit einer Wohnfläche von 110 Quadratmetern Wohn- und Mobilitätskosten von stolzen 2017 Euro. "Wenn wir schon so viel Geld ausgeben, dann soll es wenigstens ein neues und etwas größeres Haus sein", entscheidet Familie Meier und findet schließlich das passende Haus in einer netten Neubausiedlung in Tornesch. Billiger wird sie dort auf Dauer aber auch nicht wohnen. 120 Quadratmeter Wohnfläche schlagen mit Wohn- und Mobilitätskosten von 2021 Euro zu Buche, ermittelt der Rechner.
Geringfügig billiger wird es allerdings, wenn sich Familie Meier für ein 140 Quadratmeter großes Heim in Heede entscheidet. Dort muss sie mit Wohn- und Mobilitätskosten von 1966 Euro rechnen. Hier handelt es sich um Beträge, von denen Familie Meier ohne den WoMo-Rechner nichts gewusst hätte und die ihr erst im Laufe der Zeit - nach dem Einzug - zu Bewusstsein gekommen wären, sagt Krüger.
"Wenn man den Taschenrechner aus der Hand legt, sobald die Finanzierung des Hauses steht, bemerkt man möglicherweise eine böse Überraschung."
Thomas Krüger, Stadtplaner