Übernahme durch andere Konfessionen bevorzugt. Aber auch Kindertagesstätten und Wohnen möglich.

"Kirchen verkaufen ihre Kirchen." Schlagzeilen wie diese sind immer wieder Anlass für Diskussionen - handelt es sich doch, so Propst Johann Hinrich Claussen vom Kirchenkreis Alt-Hamburg, um ein emotionales Thema. Dennoch müssen sich die Kirchen nun einmal - seit gut zehn Jahren - mit der Frage auseinandersetzen, wie mit Gotteshäusern umzugehen ist, die sie nicht mehr als solche nutzen können. Von den rund 80 Kirchen des Kirchenkreises Alt-Hamburg wurden bereits sechs verkauft. Vier Gemeinden haben Gebäude vermietet, und für weitere vier Kirchen werden derzeit neue Nutzungskonzepte erarbeitet. Dabei handelt es sich überwiegend um Bauten aus den 50er-Jahren.

"Uns ist es am liebsten, wenn wir Sakralgebäude in die Hände anderer christlicher Konfessionen übergeben oder sie einer kirchennahen Nutzung zuführen", sagt Propst Claussen und verweist auf die Gnadenkirche in St. Pauli, die an die russisch-orthodoxe Kirche übergeben wurde und auf die Simeonkirche in Hamm, die von der griechisch-orthodoxen Kirche übernommen wurde. Die Erlöserkirche in Borgfelde haben afrikanische Gemeinden für ihre Gottesdienste gemietet. "Wir bieten Migranten so eine geistige Heimat und leisten damit auch einen Beitrag zur Integration", sagt Claussen.

Deutschlandweit Beachtung fand die Umwandlung von Kirchen in Schulen, so beispielsweise das Projekt "Schule unterm Kirchturm" in der Pauluskirche in Hamm.

Rein kommerzielle Bestimmung, wie sie in den Niederlanden üblich sind, wo alte Kirchen von der Bibliothek bis zum Restaurant zu allem Möglichen genutzt werden, lehnt der Kirchenkreis Alt-Hamburg ab. Der Umbau in Wohngebäude ist allerdings kein Tabu in Hamburg - auch wenn man das nur im Einzelfall möchte. Aktuelle Beispiele sind die Wohnungsbauprojekte Heiliggeistkirche in Barmbek und in der Bethlehem-Kirche in Eimsbüttel.

Die fast hundert Jahre alte Heiliggeistkirche, war aufgrund von Kriegsschäden nicht mehr zu halten und sollte abgerissen werden. Im Investorenwettbewerb setzten sich Behrendt-Wohnungsbau und das Architekturbüro APB-Architekten, nach deren Plänen der Ostchor der Kirche erhalten und von zwei zehnstöckigen Wohngebäuden umrahmt werden sollte. "Wir wollten einen Teil der Kirche stehen lassen; nicht nur, um den historischen Ort zu bewahren und ihn städtebaulich zu akzentuieren, sondern auch, um ihn als Ort kulturellen Geschehens zu erhalten", sagt Architekt Günter Wilkens. "Eine reine Wohnbebauung hätte den Ort neutralisiert." Im alten Ostchor zieht man nun eine Zwischendecke ein, und anschließend wird das Gebäude der Kirche für stadtteilbezogene Projekte überlassen. Im Planverfahren mussten APB-Architekten die von ihnen vorgesehenen zwei zehngeschossigen Bauten durch ein zwölf- und ein achtgeschossiges Haus ersetzen, um Verschattungen zu verhindern. "Wir sind mit dem neuen Konzept, das sich an die alte Kirchenform anlehnt, nicht glücklich," sagt Wilkens. In insgesamt drei Wohngebäuden sollen jetzt bis Ende 2009 66 Eigentumswohnungen entstehen, mit Preisen zwischen 160 000 und 340 000 Euro ( www.wo-wollen-wir-wohnen.de ).

Auch für die Bethlehem-Kirche im Eimsbüttel steht eine Umwandlung bevor: Ursprünglich sollte sie abgerissen werden. Doch dann wurde das Nachkriegsgebäude unter Denkmalschutz gestellt, sodass neue Konzepte nötig waren. "Diese Bauten sind schon aus baulichen und energetischen Gründen nur mit einem irrsinnigen Investitionsaufwand für eine andere Nutzung zu verwenden", sagt Peter Jorzick von Hamburg-Team. Derzeit wird geprüft, ob der Sakralbau für ein Haus-im-Haus-Konzept geeignet ist. "In dem Gebäude könnte dann eine Kita untergebracht werden, wozu sich der Käufer verpflichtet hat", sagt Propst Claussen.

Das Schicksal weiterer Kirchen wie St. Stephanus in Eimsbüttel sowie Frohbotschaftskirche und Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Dulsberg wird zurzeit diskutiert. Dabei entscheiden in erster Linie die Gemeinden. "Denn ihnen gehören in Alt-Hamburg die Immobilien", betont Claussen.

Kompliziert wird die Situation dadurch, dass sich einige Kirchen und kirchliche Einrichtungen auf städtischem Grund befinden. Hinzu kommt, dass viele Kirchen unter Denkmalschutz oder auf der Denkmalliste stehen. "Gerade die Bauten aus den 50er-Jahren sind Zeugnisse einer Kulturepoche und verdienen, geschützt zu werden", sagt Hamburgs oberster Denkmalschützer Frank Pieter Hesse.