Bad Griesbach. Asklepios präsentiert Trends in Architektur und Medizin – Kliniken nähern sich Hotels an . Angebot soll auch für Kassenpatienten gelten.
Gedämpfte Farben, puristisch anmutende Einrichtung, indirekte Beleuchtung – beim Betreten dieses Raumes fühlt man sich nicht wie in einem Krankenzimmer. Doch was auf den ersten Blick aussieht wie ein Hotelzimmer gehobenen Standards, soll möglicherweise einmal das Patientenzimmer der Zukunft werden. „Room 2525“ heißt dieses Projekt, das der Asklepios-Konzern entwickelt hat und seit etwa drei Monaten in dem Fünfsternehotel St. Wolfgang mit angeschlossener Privatklinik im bayerischen Bad Griesbach testet. In der Klinik werden vor allem Patienten mit Sportverletzungen behandelt.
Mehr als zweieinhalb Jahre Entwicklungsarbeit stecken in diesem Zimmer des Klinikkonzerns. Hier sollen zeitgemäßes Design und Wohlfühlatmosphäre mit Barrierefreiheit, hohem hygienischen Standard und optimalen Bedingungen für Medizin und Pflege verbunden werden.
Antibakteriell wirksame Materialien im Zimmer
So sind die technischen Einrichtungen, die für die Patientenversorgung nötig sind, wie zum Beispiel der Anschluss für die Sauerstoffversorgung oder die nötigen Rufeinrichtungen am Kopfende des breiten Bettes hinter einer glatten Fläche verschwunden. „Das ist nicht nur eine Frage des Designs: Untersuchungen der Uniklinik Erlangen haben gezeigt, dass gerade auf den Kabeln, die oft hinter den Patientenbetten entlanglaufen, viele Keime zu finden sind“ sagt Dr. Wolfgang Sittel, Leiter des Konzernbereichs Architektur und Bau bei Asklepios. Im Room 2525 ist alles hinter dem sogenannten Bettportal verschwunden, das außerdem mit einer antibakteriell wirksamen Oberfläche versehen ist. Auch bei den Wand- und Bodenflächen wurde viel Wert auf Hygiene gelegt, zum Beispiel durch die Verwendung von antibakteriell wirksamen Materialien und den Verzicht auf Fugen, sodass große glatte Flächen entstehen, die leicht zu reinigen sind.
Bequem für den Patienten: Er kann vom Bett aus mithilfe eines iPads Licht, Heizung, Kühlung und auch die Tür selbst bedienen, ohne dass er für jeden Handgriff eine Schwester zu Hilfe rufen muss. Wenn es an seiner Zimmertür klingelt, kann er sehen, wer vor der Tür steht und ihn hereinlassen oder auch nicht. Ärzte und Pflegepersonal haben natürlich freien Zutritt zu dem Zimmer. Mit dem iPad lässt sich auch der große Bildschirm bedienen, den der Patient zum Fernsehen und für das Internet nutzen kann. Es kann aber auch dafür verwendet werden, aktuelle Untersuchungsbefunde darzustellen und diese mit den Patienten in Ruhe in seinem Zimmer zu besprechen.
Genug Platz für Rollstuhlfahrer
Das Licht kann variabel von schummeriger Beleuchtung bis zur Helligkeit einer OP-Lampe über dem Bett eingestellt werden. Letzteres ist nötig, um bei Verbandwechseln die Operationswunde optimal beurteilen zu können. Intelligente Beleuchtungskonzepte sollen die Genesung positiv beeinflussen. Auch die Akustik des Show-Rooms ist ausgeklügelt.
Bad und Zimmer sind so konstruiert, dass sich auch Rollstuhlfahrer darin gut bewegen können. „Alle Vorrichtungen müssen sowohl für Rollstuhlfahrer als auch für Nichtbehinderte nutzbar sein“, sagt Sittel. So gibt es zum Beispiel auch zwei Schränke, einer mit den normalen Höhen und einen, der so konzipiert ist, das er auch von Rollstuhlfahrern gut zu bedienen ist.
Noch nicht dem Krankenhausstandard angepasst ist das breite Hotelbett. „Wir arbeiten zurzeit daran, ein Modell zu entwickeln, das auch für Krankenhäuser geeignet ist“, sagt Sittel. Das heißt, das Bett muss etwas schmaler sein als das jetzige, das 1,40 Meter breit ist, und es muss auf Rollen gestellt werden, so dass der Patient damit auch aus dem Zimmer gefahren werden kann. Außerdem sollen an dem Bett auch seitliche Geländer angebracht werden, damit Patienten nicht aus dem Bett fallen können.
Fraunhofer-Ingenieure sollen Zimmer verbessern
Den ersten Dreimonatstest hat das Zimmer in Bayern schon bestanden, auch bei den Patienten. Besonders gut angekommen sei das Zimmer bei den jungen Patienten, sagt Dr. Petra Heizmann, Chefärztin der Klinik in Bad Griesbach. „Wir werden das Zimmer noch weiter erproben und die dabei erlangten Erfahrungswerte dann in eine spätere Verfeinerung des Konzepts einfließen lassen“, sagt Sittel.
Damit das Patientenzimmer der Zukunft auch mit der Entwicklung der Technik Schritt halten kann, soll jetzt in München ein solches Zimmer in einem Fraunhofer-Institut noch einmal errichtet werden. „Und dann werden wir mit Fraunhofer-Ingenieuren an dieser Version 2.0 weiter arbeiten, um die Technologien noch zu verbessern“, sagt Sittel.
Zugleich soll eine Version entstehen für eine Zweibettzimmervariante. Denn das Krankenzimmer soll irgendwann allen Asklepios-Patienten zur Verfügung stehen, nicht nur Privatpatienten, wie Sittel ausdrücklich betont. Er rechnet damit, dass die Weiterentwicklung noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Frühestens ab 2020 könnte dann ein solches Zimmer für den Krankenhausbetrieb nach und nach übernommen werden. Dabei soll es sowohl für Rehakliniken als auch für die Versorgung in den großen Akutkliniken zur Verfügung stehen. Denkbar ist laut Sittel auch die Nutzung im Hotelbereich oder für die Versorgung von kranken Patienten, die zu Hause gepflegt werden. Zu den Kosten dieses Zimmers wollte Asklepios keine Angaben machen. Es koste in der Herstellung aber nur 15 bis 20 Prozent mehr als ein normales Krankenzimmer.