Für Öl und als Ausrichter der Fußball-WM 2022 ist der Golfstaat bekannt. Nicht aber für Klimaschutz. Ein heikler Zwiespalt.
Istanbul/Doha. Den Gastgeber eines Weltklimagipfels stellt man sich gemeinhin anders vor. Der Golfstaat Katar widerspricht schon auf den ersten Blick sämtlichen Idealen der Umweltschützer. Schnellstraßen durchschneiden die karge Wüstenlandschaft, dicke Geländewagen mit hohem Benzinverbrauch fahren darauf. Treibstoff ist hier besonders billig: Benzin kostet umgerechnet gerade mal 20 Cent pro Liter.
Umweltschutz spielt für die Bevölkerung keine Rolle. Leistungsstarke Klimaanlagen arbeiten überall auf Hochtouren. In den Wohnungen, Einkaufszentren und Sportstätten bekämpfen sie die Wüstenhitze, drücken die Temperaturen nach unten, bis es einen fröstelt. Und obwohl an mehr als 350 Tagen im Jahr die Sonne scheint, sucht man vergebens nach Solarzellen auf den Häusern – auch auf Neubauten.
Beim Blick auf die Umweltstatistik des Kleinstaats mit seinen rund 1,8 Millionen Einwohnern kommt Naturfreunden das kalte Grausen. Das Emirat, das etwa halb so groß wie Hessen ist, hat mit rund 40 Tonnen pro Kopf den höchsten Kohlendioxid-Ausstoß der Welt. Grund dafür ist vor allem die Gas-Industrie. Denn Katar ist weltweit der größte Produzent von verflüssigtem Erdgas, eine Technologie mit hohem CO2-Ausstoß.
Doch für den Golfstaat wird das mangelnde Umweltbewusstsein allmählich zum Problem. Die Luftverschmutzung, das Salz im Grundwasser, der drohende Anstieg des Meeresspiegels, all das bereitet dem Emir, Scheich Hamad bin Chalifa al-Thani, zunehmend Kopfschmerzen. So bekam das Land 2008 ein eigenes Umweltministerium. Ein Jahr später richtete die Regierung eine Konferenz aus, bei der Strategien für die Reduktion von CO2-Emissionen diskutiert wurden. 2022 will Katar die erste „CO2-neutrale“ Fußballweltmeisterschaft veranstalten.
Ein weiteres Ziel des Herrschers ist es, bei seinem Volk ein neues Bewusstsein im Umgang mit Wasser und anderen Ressourcen zu schaffen. Der Wasserverbrauch liegt in Katar derzeit pro Person bei 310 Litern - in Deutschland sind es 120 Liter pro Kopf. In der Solarwirtschaft will sich das Land ebenfalls profilieren: 2013 soll eine Siliziumfabrik mit der Produktion beginnen.
Katar hat sich in der Vergangenheit bei seinen Projekten – ob in der Politik, im Energiesektor, im Medienbereich, beim Sport oder in der Kultur – stets als sehr ehrgeizig erwiesen. Und am Geld scheitert es eigentlich nie, gehört der Golfstaat doch zu den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Einkommen weltweit.
So begegnete Bundesumweltminister Peter Altmaier schon vor Monaten Kritikern des Gipfels bei dem Klimasünder mit den Worten: „Wir sehen es als einen Glücksfall an, dass Katar Gastgeber dieser Konferenz ist.“ Durch die Ausrichtung des Treffens – hofft der CDU-Politiker - könnte das Land seine Klimaschutzbemühungen verstärken und andere Klimasünder mitziehen.