Cloud Computing nützt nicht nur Firmen, sondern auch Privatpersonen - etwa Übergewichtigen, die abnehmen wollen
Hamburg. Für viele Menschen ist der Begriff Cloud Computing noch abstrakt. Die "Wolke", von der auf der Cebit in diesem Jahr so viel die Rede ist, hat mit ihrem Leben scheinbar wenig zu tun. Dabei betreibt bereits jeder Cloud Computing, der seine E-Mails über einen Dienst wie GMX oder Yahoo im Netz abruft. Künftig sollen Cloud-Dienste eine immer größere Rolle im Alltag spielen.
Zum Beispiel für Jugendliche mit Gewichtsproblemen. Ihnen könnten die virtuellen Dienste helfen, ihre Ernährungsgewohnheiten zu ändern und abzunehmen. "In Deutschland sind derzeit 1,5 Millionen Jugendliche übergewichtig", sagt der in Bayreuth ansässige Kinderarzt Dr. Gerald Hofner. Deshalb hat er das Projekt SynX ins Leben gerufen, das den Betroffenen eine "Anleitung zum Umdenken" bieten soll. "Um Verhaltensmuster zu verändern, bedarf es eines intensiven Coachings", so Hofner. "Allen Teilnehmern im Alltag einen medizinischen Betreuer zur Seite zu stellen, ist jedoch nicht möglich."
Deshalb setzt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, der hinter dem Projekt steht, auf ein Medium, das ohnehin auf große Akzeptanz bei der Zielgruppe stößt - das Internet. Weil den Ärzten das Know-how fehlt, eine interaktive Internetseite zu bauen, hat das eine Softwarefirma übernommen, die Business Systemhaus AG. Auf der von ihr entwickelten SynX-Webseite finden die Jugendlichen nun zum Beispiel einen Fragebogen, mit dem eine Software ihr Wissen über Ernährung und ihre Lebensgewohnheiten ermittelt. Anhand der Ergebnisse können die Jugendlichen dann Ziele für ihre Ernährung formulieren; und sie erhalten Vorschläge, wie sie diese Ziele erreichen können. Durch die Anmeldung unter einem Pseudonym können die Jugendlichen anonym bleiben; sie können sich die Ratschläge aber auch ausdrucken und damit zu einem Arzt gehen - und anschließend vielleicht wieder die Plattform nutzen.
In den kommenden sechs Monaten wird das Projekt zunächst in Bayern getestet, doch schon Anfang kommenden Jahres soll es auf ganz Deutschland ausgeweitet werden. Wenn Tausende, womöglich Hunderttausende Jugendliche teilnehmen, können die anfallenden Daten nicht bei den betreuenden Ärzten oder beim Betreiber, der Business Systemhaus AG, gespeichert und verwaltet werden - das wäre viel zu teuer. Dies kann nur ein spezialisierter Partner leisten, bei dem es sich hier um Microsoft handelt. Das Software-Unternehmen stellt neben den Servern im Internet auch die Software für die Programmierer des Anbieters.
An dieser Stelle beginnt das eigentliche Cloud Computing: Die anfallenden Daten werden nicht auf dem Computer der Nutzer gespeichert und verwaltet, sondern in einem Großrechenzentrum von Microsoft. Dabei stellt das Unternehmen - wie andere Cloud-Anbieter auch - immer genau so viel Rechenkapazität und Speicherplatz zur Verfügung, wie die Nutzer gerade benötigen. Und der Betreiber zahlt nur für die Leistung, die er in Anspruch nimmt. Damit ist gewährleistet, dass der Anbieter des Dienstes - hier also der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte - seine Kosten jederzeit im Blick behält und die Datenleitungen nicht unter einem unerwarteten Ansturm zusammenbrechen.
"Auch von Landesregierungen betriebene Krisenportale, die im Katastrophenfall über das Internet aktuelle Informationen an die Bevölkerung ausgeben, wären anders gar nicht denkbar", beschreibt Christian Köth, Geschäftsbereichsleiter Gesundheitswirtschaft bei Microsoft, einen weiteren Anwendungsbereich von Cloud Computing. Denn es liegt in der Natur solcher Angebote, dass im Ernstfall plötzlich Tausende von Nutzern gleichzeitig darauf zugreifen. "Um sicherzustellen, dass die Informationen ständig zuverlässig verfügbar sind, braucht man eine starke und störungsresistente Infrastruktur, die für öffentliche Einrichtungen unbezahlbar wäre."
Auch in der Privatwirtschaft oder im Gesundheitswesen fallen im Zuge des technischen Fortschritts immer mehr Daten an. Ob es nun um Warenproduktion oder um Patientendaten geht - die immer höheren Anforderungen an die Computersysteme gehen mit steigenden Kosten einher. Doch während private Unternehmen bereits stark auf Cloud Computing zurückgreifen, hinken Krankenhäuser der Entwicklung hinterher. Neben Sicherheitsbedenken sorgen dafür rechtliche Hürden: So dürfen Information über Patienten eine Klinik nicht verlassen. "Dabei wäre es sicherer und ökonomischer, die Daten verschlüsselt an einen professionellen Anbieter zu senden, der sie speichert und in seinen vor Angriffen und Datenverlust geschützten Rechenzentren vorrätig hält", sagt Köth.
Ob die Cloud-Computing-Anbieter jedoch tatsächlich die versprochene Sicherheit gewährleisten können, muss sich noch zeigen. Langfristig, da sind sich viele Experten sicher, wird aber wohl kein Weg darum herumführen, Daten und Rechenkapazitäten teilweise auf "Wolken" im Internet auszulagern.