Die USA und Indien schicken ihre Regierungschefs nach Kopenhagen. Jetzt hoffen alle, dass der Klimagipfel doch noch ein Erfolg wird.
Kopenhagen. Die Welt blickt auf Kopenhagen. Von diesem Montag an sind Regierungsvertreter aus 192 Staaten zwölf Tage lang zur Aushandlung eines weitreichenden Abkommens im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe in der dänischen Hauptstadt versammelt. US-Präsident Barack Obama kündigte an, doch noch persönlich zur entscheidenden Schlussphase der Konferenz am 18. Dezember anzureisen – er weckte damit neue Hoffnungen auf einen Durchbruch.
Das Ringen um eine Begrenzung der globalen Erderwärmung gilt als Jahrhundertaufgabe. Hunderte Millionen Menschen wären betroffen, und Städte wie Venedig oder ganze Inselstaaten wie die Malediven drohen in den Fluten zu versinken. Die Bundesregierung warnte mit Nachdruck vor einem Scheitern. Bundesumweltminister Norbert Röttgen betonte, der Gipfel werde nur dann ein Erfolg, wenn sich die dort versammelten Staaten darauf einigten, eine globale Erwärmung um höchstens zwei Grad zuzulassen. Er warnte in der „Bild am Sonntag“: „Wenn wir so weitermachen wie bisher, wäre ein Leben auf unserem Planeten, wie wir es bisher kennen, nicht mehr möglich.“
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verbreitete Optimismus. „Wir werden ein historisches Übereinkommen erreichen, das die globale Erwärmung bremst“, sagte der Südkoreaner der dänischen Zeitung „Berlingske Tidende“. Der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, erwartet ein „starkes Ergebnis als Wendepunkt für die Klimaentwicklung“. De Boer sagte: „Die Stunde der Entscheidung ist gekommen.“ Als konkrete Ziele für das bis zum 18. Dezember dauernde Treffen nannte er „schnelle und effektive Wege“ zur Finanzierung klimafreundlicher Technologien sowie „ehrgeizige Ziele“ bei der Verminderung von CO2-Emissionen und die Bereitstellung langfristiger Finanzen. Außerdem müsse die Kopenhagener Konferenz die „Vision einer Zukunft mit niedrigen Schadstoffausstößen“ bringen.
Das Weiße Haus in Washington erklärte zu den neuen Reiseplänen Obamas, es gebe Fortschritte hin zu einem Abkommen, „das alle Themen umfasst, die derzeit verhandelt werden“. Obama habe in den vergangenen Tagen mit mehreren europäischen Spitzenpolitikern telefoniert, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Der US-Präsident gründe seine Zuversicht unter anderem auf China und Indien, die erstmals konkrete Ziele zur Reduzierung ihrer Treibhausgase genannt haben.
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Der Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser lobte ausdrücklich Bundeskanzlerin Merkel für ihre Rolle bei der Reise-Zusage des US- Präsidenten: „Ihr persönliches Engagement gegenüber Obama hat sich ausgezahlt.“ Nun seien alle Chefs der Länder mit dem größten CO2- Ausstoß an Bord. Die USA und China haben weltweit die höchsten CO2- Emissionen, sind aber nur zu wesentlich geringeren Verminderungen bereit als die EU. „Kopenhagen kann ohne China kein Erfolg sein“, sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle bei einem Besuch in Peking. Die chinesische Regierung will bindende Klimaschutzziele in Kopenhagen nicht unterschreiben. Peking hat aber kürzlich angekündigt, dass das bevölkerungsreichste Land der Erde seinen hohen Energieverbrauch gemessen an der Wirtschaftsleistung reduzieren will.
Ob ein Klimaabkommen die globale Erwärmung wirklich stoppen kann, ist allerdings fraglich. Auch mit den aktuellen Klimaschutzzielen der einzelnen Länder steuert die Welt nach Angaben von Experten auf eine katastrophale Erwärmung um 3,5 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts zu. Mit einer spektakulären Aktion vor dem Brandenburger Tor rief das Bündnis Klima-Allianz die Weltgemeinschaft zum Handeln auf. In einem mit 4000 Litern Wasser gefluteten Aquarium saßen vier als Obama, Merkel, Hu Jintao (China) und Abdoulaye Wade (Senegal) maskierte Aktivisten, denen das Wasser buchstäblich bis zum Hals stand. Auf eine große Leinwand am Pariser Platz projizierte Greenpeace Twitter-Aufrufe zum Klimaschutz. In Großbritannien und Irland demonstrierten mehr als 50000 Menschen für ein weltweites Klima- Abkommen. Aus Brüssel fuhr ein „Klimaexpress“ mit über 400 Aktivisten, Politikern und Experten in die dänische Hauptstadt.
Die britische Regierung verurteilte derweil Störfeuer gegen den Klimagipfel. Vor Beginn des Gipfels waren hunderte E-Mails eines renommierten britischen Forschungszentrums an die Öffentlichkeit gelangt. Die Klimaforscher der Universität East Anglia sollen darin Datenmanipulation zugegeben haben, werfen die Klimawandel-Skeptiker ihnen vor. Die Daten bilden eine Grundlage für den Weltklimabericht und damit für Kopenhagen. De Boer verteidigte den Bericht, der auf Daten von 2500 Forschern basiere. Zudem sei dies schon der vierte Weltklimabericht, der in dieselbe Richtung weise.