Am 28. April 1923 in Berlin geboren, wuchs Horst-Eberhard Richter als Einzelkind auf. Seine Mutter war, so erinnert sich Richter, eine schöne und sehr temperamentvolle Frau, die 18 Jahre jünger als sein Vater war. Sein Vater, leitender Ingenieur bei Siemens und Autor eines Lehrbuchs über Feinmechnik, trat trotz massiven Drucks nicht in die NSDAP ein. Er befreite seinen Sohn sogar von der Mitgliedschaft in der Hitlerjugend, indem er behauptete, dieser habe massive schulische Schwächen. Das stimmte natürlich nicht.
Mit 18 Jahren kam Richter an die Russlandfront, erkrankte kurz vor der Verlegung seiner Truppe nach Stalingrad an einer lebensgefährlichen Diphtherie und geriet mit 22 Jahren in Nordtirol in Kriegsgefangenschaft. Vier Monate saß er ohne Bücher, ohne Radio, ohne Besuch in Einzelhaft in einem Gefängnis in Innsbruck. In dieser Zeit, so erinnert sich Richter, habe er Wichtiges erkannt, so die grundlegenden Gedanken seines späteren Werkes "Der Gotteskomplex".
Bei seiner Rückkehr nach Berlin erfuhr er, dass seine Eltern zwei Monate nach Kriegsende bei einem Spaziergang nahe ihrem Dorf von zwei betrunkenen Russen erstochen wurden. Bis heute quält ihn, dass er seine Eltern gedrängt hatte, Berlin zu verlassen und auf dem Land Schutz zu suchen vor den Bombenangriffen. Die Bewohner des Berliner Hauses überlebten alle. In dieser deprimierenden Situation lernte er seine Frau Bergrun kennen. Die beiden, gleich alt, sind seit 60 Jahren verheiratet, haben drei Kinder, sechs Enkel und einen Urenkel.
Richter wurde 1962 nach Gießen auf den neu eingerichteten Lehrstuhl für Psychosomatik berufen und baute das Psychosomatische Universitätszentrum auf, dessen Direktor er wurde. 1991 wurde er emeritiert, leitete bis 2002 das Frankfurter Sigmund-Freud-Institut und hatte noch 2004 eine Gastprofessur an der Universität Wien inne. Er schrieb mehr als 20 Bücher, die in zwölf Sprachen übersetzt wurden.