Das Unternehmen sponsert ein Institut zur Erforschung des Internets und darf zur Eröffnung kurz die Datenschutz-Debatte vergessen.
Berlin. Wenn deutsche Politiker über Google reden, kommt der Internet-Riese aus Kalifornien meist nicht gut weg: Zu wenig Datenschutz, zu viel Macht, lautet die Klage aus allen Parteien. Doch davon war Dienstagabend in der altehrwürdigen Humboldt-Universität (HU) zu Berlin nicht viel zu hören: Drei Forschungseinrichtungen eröffneten feierlich ein neues Institut, dessen Hauptsponsor Google ist. Und die Politik schickte nicht nur Dankesadressen, sondern lobte auch gleich die „gelebte unternehmerische Verantwortung“.
4,5 Millionen Euro spendet Google in den nächsten drei Jahren – für einen Konzern mit zuletzt 2,73 Milliarden Dollar Quartalsgewinn ein Klacks. Doch in der deutschen Forschungslandschaft ist eine solche Summe viel wert: Ohne Anschubfinanzierung vom Suchmaschinen- Betreiber, so betonen die Forscher, hätte man das interdisziplinäre „Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft“ nicht gründen können.
Vier renommierte Institutionen wollen nun ergründen, wie das Internet die Gesellschaft verändert – zum Auftakt gibt es gleich ein dreitägiges Symposium. Gründer der Denkfabrik sind die Humboldt-Universität – an die das Institut organisatorisch angedockt ist -, die Universität der Künste (UdK) und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), allesamt aus der Hauptstadt. Als Kooperationspartner ist das Hamburger Hans-Bredow-Institut für Medienforschung dabei.
+++Google fördert geplantes Institut für Internetforschung+++
+++Google finanziert unabhängiges Internet-Institut+++
Einen Einfluss auf die wissenschaftliche Arbeit habe Google nicht, betonten Forscher wie Sponsor. „Das Sagen hat die Wissenschaft, für die Unterstützung danken wir der Wirtschaft sehr“, sagte Jutta Allmendinger, Präsidentin des WZB. Und Google-Vorstand David Drummond versicherte: „Wir erwarten recht viel Kritik, und wir freuen uns darauf.“
Eine spezielle Konstruktion soll diese Rollenteilung absichern: Das Institut besteht aus Forschungs- und Fördergesellschaft. Die Inhalte der Arbeit legt der wissenschaftliche Arm autonom fest. Die Fördergesellschaft stellt lediglich die Finanzierung. Neben Google sollen künftig auch andere Sponsoren hinzustoßen.
Profitieren wolle Google vom Erkenntnisgewinn, sagte Drummond: Man hoffe, das Zusammenspiel zwischen Internet, Wissenschaft und Gesellschaft besser zu verstehen. Berlin sei ein hervorragender Standort dafür – schließlich sei es nicht nur politische, sondern mit den vielen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen immer mehr auch digitale Hauptstadt des Landes.
Klar ist: Einige der Prämissen, unter denen die Forscher arbeiten, sind auch im Sinne des Internet-Riesen. HU-Präsident Jan-Hendrik Olbertz strich zum Beispiel Informationsfreiheit und Zugangsoffenheit heraus – Bedingungen, die auch den vielen Online-Diensten von Google dienen dürften.
Das Institut könnte Google zudem helfen, sein Image aufzupolieren. Das hat in Deutschland durch erregte Datenschutz-Debatten gelitten. „Wenn zuletzt Google davon profitiert, dass sein gesellschaftliches Engagement öffentlich zurecht gewertschätzt wird und es zugleich auf die ein oder andere neue Idee gebracht wird, so ist das nur die andere Seite einer Medaille eines faires und transparenten Projekts“, sagte Knut Nevermann, Staatssekretär des Berliner Bildungssenators. Wenn sich die Wirtschaft für die Wissenschaft engagiere, zeige das „gelebte unternehmerische Verantwortung“. So viel Politikerlob war selten.
Mit dem Namenspaten des Instituts können übrigens Deutsche wie Amerikaner etwas anfangen. Als weltreisender Entdecker sei Alexander von Humboldt ein Rollenmodell für die Arbeit am Institut und die angestrebte weltweite Kooperation, sagte Prof. Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität: Er habe bei seinen Reisen Grenzen infrage gestellt und überschritten.
Google-Manager Drummond nutzte den Lobpreis für den Forscher für eine kleine Spitze: Heute sähen Humboldts Reisen sicher ganz anders aus, sagte der Manager. „Und hoffentlich würde er Google Maps nutzen, vielleicht sogar Street View“ – also jener digitalen Straßenansicht, die manch deutscher Datenschützer und am liebsten verboten hätte.