Apple-Chef Tim Cook hat in Cupertino das neue iPhone präsentiert. Fans und Anleger reagierten enttäuscht auf den modifizierten Nachfolger des iPhone 4, von dem allein im vergangenen Geschäftsquartal mehr als 20 Millionen Exemplare verkauft wurden.
Cupertino. Lange fieberten die Apple-Anhänger der nächsten Produktneuheit entgegen, doch die Spannung fiel nach der Vorstellung des iPhone 4S recht schnell ab und wich leichter Enttäuschung. Denn am Firmensitz des US-Computerkonzerns im kalifornischen Cupertino kam nicht wie von vielen erhofft ein radikal neues iPhone 5 zum Vorschein, sondern lediglich eine modifizierte Version des Vorgängermodells.
Die Anleger zeigten sich nach zuvor hochgesteckten Erwartungen enttäuscht. Die Aktie, die kurz vor Beginn der Präsentation noch bei 380 Dollar stand, fiel zum Ende der Veranstaltung bis auf rund 355 Dollar. Danach langten Optimisten jedoch wieder zu, so dass es am Ende im Vergleich zum Schlusskurs von Montag nur ein Minus von 0,56 Prozent auf 372,50 Dollar gab.
Experten hatten von Apple mehr als eine frisierte Version des aktuellen Modells erwartet. "Es hat 16 Monate gedauert und nun gibt es nur einen A5-Prozessor im bereits existierenden iPhone 4“, kritisierte Analyst Colin Gillis von BGC Partners.
Von einem iPhone 5 war am Dienstag also keine Rede. Zuvor war spekuliert worden, dass Apple erstmals zwei neue iPhone-Modelle starten könnte - ein günstigeres einfaches und ein hochgerüstetes. Der Auftritt in Cupertino war die erste große Feuerprobe für den neuen Apple-Chef Tim Cook, seit er im August die Zügel von Gründer Steve Jobs übernommen hat. Die Vorstellung einzelner Neuerungen überließ er anderen Managern. Die Hoffnung, dass Jobs zumindest kurz bei der Präsentation auftauchen könnte, erfüllte sich nicht.
Ungeachtet aller Enttäuschungen wartet das iPhone 4S gleichwohl mit einigen Neuerungen auf. Es hat einen schnelleren Prozessor, eine stark verbesserte 8-Megapixel-Kamera in HD-Qualität, einen stärkeren Akku und eine leistungsfähigere Antenne. Das Telefon kommt in den USA und Deutschland am 14. Oktober auf den Markt.
Apple nennt seine aufgepeppte Modellversion, die sich äußerlich nicht vom Vorgängermodell unterscheidet, deshalb schlicht iPhone 4S. Im Fokus steht vor allem die Software. Ein Doppelkern-Prozessor macht das Handy deutlich schneller als den Vorgänger, sorgt so unter anderem für eine verbesserte und realistischere Darstellung bei Action-Spielen. Das iPhone 4S verfügt neben einer schnelleren Hardware auch über das neue Betriebssystem iOS 5, das Inhalte drahtlos synchronisieren kann, ohne dass das Smartphone an einen Computer angeschlossen werden muss.
Sprachsteuerung als neue Schlüsselfunktion
Eine neue Schlüsselfunktion des neuen Smartphones ist der intelligente "persönliche Assistent" Siri, der mit Stimmbefehlen gesteuert wird. Apple-Manager Phil Schiller: "Sagt man dem Telefon, wecke mich um 6 Uhr morgens, stellt es automatisch einen Wecker." Nutzer können ihr Handy nach dem Wetter fragen oder Wikipedia-Einträge abfragen. Alles allein mit der Stimme! Ebenso sucht der Assistent etwa nach Restaurants oder Routen zum vorgegebenen Ziel. Siri versteht zunächst Englisch, Deutsch und Französisch. Das aktuelle Smartphone wird wieder in Schwarz und Weiß erhältlich sein. Mit Zweijahresvertrag soll die 16-Gigabyte-Version in den USA 199 Dollar (150 Euro) kosten, die mit 32 Gigabyte 299 Dollar und die mit 64 Gigabyte 399 Dollar. Das Vorgängermodell iPhone 4 mit acht Gigabyte soll jetzt 99 Dollar kosten. Das iPhone 3 GS aus dem Jahr 2009 mit ebenfalls acht Gigabyte will Apple mit Zweijahresvertrag verschenken.
Zum Start des iPhone 4S bringt das neue Betriebssystem iOS 5 zahlreiche zusätzliche Funktionen und Verbesserungen. Es kommt am 12. Oktober heraus, ebenso wie der Online-Speicherdienst iCloud, mit dem Apple den Datenfluss zwischen verschiedenen Geräten radikal vereinfachen will. Mit iCloud will Apple das lästige Synchronisieren von Daten überflüssig machen. So können Fotos, die man mit dem iPhone gemacht hat, automatisch in dem Speicher der Software iPhoto auftauchen, gekaufte Apps oder Magazine können leicht aus dem Netz nachgeladen werden. Apple stellte auch eine neue Linie von iPods vor, darunter ein Nano-Modell mit einem Multi-Touch-Display, das die Navigation erleichtern soll. Laut Cook verkaufte der Konzern bisher weltweit mehr als 300 Millionen Exemplare des Musikabspielgerätes. Allein im ersten Halbjahr 2011 wurden 39 Millionen iPhones verkauft.
Apple in Top Ten der wertvollsten Marken
Trotz des Rücktritts von Vorstandschef Steve Jobs hat es Apple unter die Top Ten der wertvollsten Marken der Welt geschafft. Der US-Konzern stieg von Rang 17 auf Rang acht, wie das Unternehmen Interbrand gestern erklärte. "Sie haben einen Lifestyle geschaffen", sagte Interbrand-Chef Jez Frampton. Apple verzeichnet einen Markenwertzuwachs von 58 Prozent und wird nun mit 33,5 Milliarden Dollar (25,4 Milliarden Euro) bewertet. An der Spitze der wertvollsten Marken hielt sich das zwölfte Jahr in Folge Coca-Cola (71,86 Milliarden Dollar) vor IBM (69,9 Milliarden), Microsoft (59,1) und Google (55,3). Wertvollste deutsche Marke bleibt Mercedes-Benz mit 27,45 Milliarden Dollar auf Platz zwölf. Die letzte deutsche Marke in den Top 100 kommt aus Hamburg. Die Beiersdorf-Marke Nivea wird mit 3,9 Milliarden Dollar bewertet und liegt auf Rang 87. Interbrand lobt die starke Marktposition in Europa und Lateinamerika sowie den Ausstieg aus dem Kosmetikgeschäft und die Fokussierung auf Hautpflege.
Die Vorstellung der neuen Version fällt in eine Zeit, in der Konkurrenten wie Samsung und Google aufrücken. Vor allem Google mit seiner Android-Software legt stetig zu. Das Betriebssystem wird von vielen asiatischen Handy-Herstellern genutzt, die wie Nokia auch mit günstigeren und weniger funktionsfähigen Mobiltelefonen auf dem Markt sind. Apple ist auf den Erfolg seines Smartphones angewiesen. Mit dem iPhone macht der Konzern mehr als 40 Prozent seines Umsatzes.
Vom iPhone 4 verkaufte Apple allein im vergangenen Geschäftsquartal mehr als 20 Millionen Exemplare. Neben dem PC-Modell Mac hat das Smartphone seit der Markteinführung 2007 den Grundstein für die jüngste Erfolgsgeschichte des Konzerns gelegt und den Standard für Konkurrenten vorgegeben.
(dpa/dapd/rtr)