Viele Apple-Jünger schlafen zurzeit unruhig. Sie warten sehnsüchtig auf den jüngsten Spross aus Cupertino. Marktstart in den USA ist Sonnabend.
Cupertino/Hamburg. Die Tage vor Ostern erleben in diesem Jahr viele Apple-Fans wie eine Vorweihnachtszeit. Sie warten auf den Verkaufsstart des Tablet-Computers iPad. Der etwa DIN-A4-große Rechner kommt am kommenden Sonnabend in den USA zum Preis zwischen 500 Dollar und 700 Dollar (ohne Mehrwertsteuer) in die Läden. Ende Mai startet Apple auch den Vertrieb der iPad-Modelle, die über 3G- Mobilfunk (UMTS) Daten senden und empfangen können - und dann wird das iPad auch in Deutschland zu haben sein.
Über den Apple-Store im Web sollen bereits "Hunderttausende" Vorbestellungen für die futuristische Schiefertafel eingegangen sein. Entfacht die Fan-Gemeinde mit ihrer Sehnsucht nach einem neuen Apple-Gadget nur ein Strohfeuer? Oder gelingt es Apple nach dem iPod und dem iPhone erneut, eine ganz neue Gerätekategorie am Markt zu etablieren?
Die Ausgangslage für den Marktstart des iPad erinnert an die Situation bei der Einführung des MP3-Players iPod. Als Apple-Chef Steve Jobs am 23. Oktober 2001 das erste iPod-Modell der Öffentlichkeit vorstellte, fragten sich etliche Beobachter, warum nun auch noch Apple einen Musikplayer auf den Markt bringt. Andere Hersteller wie Creative Labs und Sony hatten nämlich nur mäßigen Erfolg mit ihren Geräten. Und außerdem drückten die Anschläge vom 11. September 2001 auf die Konsumstimmung der Verbraucher.
Doch Apple gelang es damals nach einem langsamen Start im ersten Jahr ein komplettes Ökosystem rund um den Player mit den weißen Kopfhörern aufzubauen und mit iTunes massiv in den Vertrieb digitalisierter Musik und Videos einzusteigen. Mit einem Marktanteil von etwa 75 Prozent dominiert der iPod inzwischen in den USA das Musikplayer-Geschäft.
Mit dem iPad bringt Apple auch diesmal nicht den ersten Tablet-Computer auf den Markt. Microsoft-Begründer Bill Gates stellte bereits vor mehr als zehn Jahren auf der Computermesse Comdex eine Digitaltafel vor, die als mobiler Multimedia-Player und hypermoderner Notizblock dienen sollte. Doch die Tablet-PC der ersten Generation floppten. Sie waren zu teuer, zu langsam, zu kompliziert zu bedienen und hatten viel zu kurze Akkulaufzeiten. Außerdem fehlten die "Killer-Apps", also die Anwendungen, die man nie wieder missen möchte.
Hier sieht Apple sich heute viel besser aufgestellt. Im iTunes Store werden mehr als 140 000 "Apps" für das iPhone und den iPod touch angeboten, die mit wenig Aufwand für das iPad optimiert werden können. Außerdem haben etliche Spielehersteller und Inhalteanbieter angekündigt, Anwendungen für das iPad anzubieten. Allerdings zögern etliche Verlage, TV-Sender und Hollywood-Studios noch, auch diesen Teil der digitalen Contentwirtschaft in die Hände von Apple zu legen.
Und auch die Apple-Wettbewerber wollen diesmal nicht tatenlos zuschauen, wie Konzernchef Steve Jobs neue Claims in der digitalen Landschaft absteckt, in denen große Goldvorkommen vermutet werden. So präsentierte Microsoft-Chef Steve Ballmer im Januar auf der Consumer Electronics Show Prototypen neuartiger Tablet-PCs, die mit Windows 7 laufen. Doch diese Geräte werden erst im Herbst 2010 zu haben sein. Google arbeitet im Goldfieber rund um die Tablet Computer an der entsprechenden Anpassung seines Android-Betriebssystems. Und das deutsche Softwarehaus Neofonie möchte zusammen mit verschiedenen Partnern noch vor dem Marktstart des iPad in Deutschland hierzulande ein Konkurrenz-Geräte namens WePad auf den Markt bringen, das mit einer Linux-Variante läuft. Apps vom Android Marketplace sind auf dem WePad lauffähig.
Apple zeigt sich von den hektischen Aktivitäten der Wettbewerber nur mäßig beeindruckt und bereitet sich auf einen Massenansturm auf das iPad vor. Die Lieferanten von Apple in Asien erwarten den Absatz von 2,5 Millionen Geräten bis Ende Mai, berichtete Katy Huberty, Analystin bei Morgan Stanley. Im Jahr 2010 könnte der iPad-Absatz nach dieser Prognose sogar auf acht bis zehn Millionen Geräte steigen.
Sollte Apple tatsächlich Stückzahlen dieser Größenordnung erzielen, werden nicht nur potenzielle Inhalteanbieter für das iPad beeindruckt sein. Auch die Finanzmärkte werden genau beobachten, ob das iPad nur kurze Zeit lang ein Verkaufsknüller sein wird oder sich dauerhaft am Markt etablieren kann. Der Hype um das iPad hat die Apple-Aktie in den vergangenen Tag auf ein Allzeithoch getrieben und den Wert des Unternehmens fast auf das Niveau von Microsoft gehoben. Und wenn eines Tages die Marktkapitalisierung von Apple den Wert des weltgrößten Softwarekonzerns übersteigen sollte, fallen für Apple-Chef Steve Jobs Ostern und Weihnachten auf einen Tag. (dpa)