Der Winzer aus Rheinhessen war – zusammen mit 200 zugeschalteten Lesern – zu Gast im Weinpodcast vom Hamburger Abendblatt.
Wie kalt muss ein guter Weißwein sein? Die Frage begleitet uns, seit es die Reihe „Vier Flaschen“ gibt, und sie soll heute ein für alle Mal geklärt werden – und zwar von einem der meist ausgezeichneten Winzer Deutschlands. Eric Manz aus Rheinhessen sagt: „Unser Kühlschrank ist auf eine Temperatur von drei bis vier Grad eingestellt. Der Wein kann ruhig etwas zu kalt sein, wenn man ihn serviert – warm wird er von allein.“
Schon beim Einschenken würde der Wein das erste Grad verlieren, und auch danach könne die Temperatur recht schnell steigen. Deshalb sollte man gerade im Frühling und im Sommer lieber weniger ein- und dafür öfter nachschenken, damit der Wein immer seine kühle Frische behält. Noch ein Tipp: die Flasche kurz hin und her schwenken, bevor man eingießt, damit sich die Temperatur gleichmäßig verteilt.
Von einem Thermometer, das man ins Glas stecken kann, halten übrigens weder Manz noch Weinkenner Michael Kutej, der neben Rieslingliebhaber Lars Haider und Apfelschorlentrinker Axel Leonhard Gastgeber der „Vier Flaschen“ ist, etwas: „Das zerstört doch die ganze Stimmung am Tisch“, sagt Kutej zu Beginn der digitalen Weinprobe mit Manz, an der rund 200 Leserinnen und Hörer live teilnahmen.
Blanc de Noir: Ein roter Weißwein zum Auftakt
Los ging es mit einem Blanc de Noir, einem roten Weißwein. Soll heißen: Aus einer Rotweinsorte, dem Spätburgunder, wird ein Weißwein gemacht, in dem die Trauben so gepresst werden, dass sie nur ihren Saft hergeben. „Wir sagen, dass wir die Trauben ausbluten“, sagt Eric Manz. Die Schale, in der die Farbstoffe sind, bleibt dabei unberührt und kann später zur Herstellung eines Rotweins benutzt werden. Der Prozess muss schnell gehen, „wenn man nicht aufpasst, hat man sonst keinen Blanc de Noir, sondern einen Rosé“. Wobei: Einen leichten Rotstich hat der Wein auch, was daran liegt, dass die Trauben des Jahrgangs 2020 „sehr reif“ waren.
Ein Vorteil des Blanc de Noir: „Weil die Trauben doppelt verwendet werden können, ist er in der Regel günstiger als andere Weißweine“, sagt Michael Kutej. Die aktuelle Flasche kostet 8,99 Euro. Axel Leonhard findet, dass der Wein „fantastisch“ riecht, zum Beispiel nach Johannisbeere, Kutej „hat Granatapfel“, die Mittrinkenden zu Hause riechen Pfirsich, Zitrone und Birne. „Er hat auch eine leichte Nussnote, was für einen Blanc de Noir typisch ist“, sagt Eric Manz, und hat – Stichwort: Nuss – noch einen Tipp für alle, die an einer Weinprobe teilnehmen: „Man sollte niemals vorher Mandeln essen, weil man dadurch einen bitteren Metallgeschmack im Mund bekommt.“
Ein Weißburgunder aus dem "sehr guten Jahrgang 2020"
Zum zweiten Wein, einem Weißburgunder Himmelthal, der wie der Blanc de Noir aus dem „sehr guten Jahrgang 2020“ stammt: „Die Trauben waren goldgelb, wie gemalt“, sagt Manz. Das klingt gut, ist aber die Auswirkung des Klimawandels. Die Jahre werden auch in Deutschland immer wärmer und trockener, die Winzer müssen immer früher ernten, „weil sonst der Zucker- und damit der Alkoholgehalt der Weine durch die Decke gehen würde“. Und nicht nur das: Früher hätte man die Rebstöcke stark freigeschnitten, damit sie möglichst viel Sonne bekommen, heute würde man für Schatten sorgen und neue Rebstöcke nicht mehr nur an Süd-, sondern auch an Nordhängen anlegen. „Wir müssen schon massiv gegen den Klimawandel arbeiten“, sagt Manz. „Der April war in diesem Jahr in Rheinhessen fast schon so trocken wie sonst der Juli oder August.“
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Der Weißburgunder, der stark nach Birne schmeckt, sei zum Teil im Holz gelagert worden, um noch mehr Cremigkeit und ein leichtes Karamellaroma hineinzubekommen, was für Michael Kutej gelungen ist: „Den Wein finde ich, auch gemessen am Preis, spannend und anspruchsvoll.“
Ein Riesling, extra für Lars Haider
Die Flasche kostet 11,90 Euro – und damit etwa ein Drittel so viel wie Flasche Nummer drei, die vor allem für Lars Haider eine Überraschung ist. Und das liegt nicht daran, dass es ein Riesling Pettenthal ist, dessen Geschmack nach Pfirsich und Salz extrem lange bleibt, nachdem man ihn runtergeschluckt hat – sondern daran, dass Manz diesen Wein nach Rieslingliebhaber Haider benannt hat.
Er heißt „Lars Fass 50“, weil er aus dem Jahr 2019 stammt, in dem Haider 50 geworden ist. Und wie schmeckt er den Teilnehmern der Weinprobe? Die Reaktionen reichen von „sehr lecker“ über „grandios“ bis hin zu „viel besser als die beiden ersten Flaschen“. Mit denen dürfe man den Riesling, dem das Fachmagazin „Falstaff“ 93 von 100 Punkten gegeben hat, aber auch nicht messen, sagt Michael Kutej, das sei in etwa so, als ob man den HSV mit Bayern München vergleiche: „Der Riesling spielt in der Champions-League, entsprechend ist auch der Preis. Er hat eine ganz andere Kraft und Energie.“
Für Haider zeigen die Reaktionen einmal mehr, „dass der Riesling etwas kann, was die meisten anderen Rebsorten nicht können“. Das stimme, sagt Manz, aber: „Die Deutschen reden gern über Riesling, trinken aber vor allem Grau- und Weißburgunder.“ Von dem Riesling Pettenthal Lars Fass 50 gibt es nur rund 400 Flaschen – zum Preis von 29 Euro.
Warum der Sauvignon blanc die letzte Flasche ist
Dass nach dem Höhepunkt noch eine Flasche kommt, ein Sauvignon blanc Kalkstein aus dem Jahrgang 2020, hat einen Grund: „Der Sauvignon blanc ist so aromatisch, dass man ihn bei so einer Weinprobe unbedingt am Ende trinken sollte. Würde man mit ihm starten, würde man die nächsten Weine gar nicht mehr richtig schmecken“, sagt Kutej. Eric Manz baut Sauvignon blanc erst seit sechs Jahren an und will damit „auch die Hamburger erreichen, die ja vor allem Cloudy Bay aus Neuseeland bestellen, wenn sie einen Sauvignon blanc trinken wollen“.
Wonach schmeckt die Variante aus Rheinhessen? Nach Schwarzer Johannisbeere, Grapefruit, nach Wacholder und, natürlich, nach grüner Paprika: „Das Kräutrige ist für mich stärker als das Fruchtige“, sagt Michael Kutej.
Neues „Vier Flaschen“-Format mit Schnelltest in 10 Minuten
Die „Vier Flaschen“ können Sie sich auch auf dem Youtube-Kanal des Hamburger Abendblatts ansehen. Ganz neu: Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen gibt es jetzt alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet werden.
Hören/Schauen Sie mal rein! Und: Wenn Sie bei einer digitalen Weinprobe dabei sein wollen, schreiben Sie uns einfach eine Mail an chefredaktion@abendblatt.de.