Hamburg. Österreicher Michael Gross fand sein Glück in Slowenien und füllt dort nun neben edlen Weißweinen auch einen „Flein“ ab.

Haben Sie schon einmal einen slowenischen Wein getrunken, zum Beispiel einen Furmint? Wenn nicht, dann wird es höchste Zeit – das ist das wichtigste Ergebnis der aktuellen Weinprobe in unserer Reihe „Vier Flaschen“, in der diesmal auch ein völlig unalkoholischer Traubensaft getestet wird.

Weinkenner Michael Kutej, Riesling-Liebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard haben sich mit Michael Gross einen Winzer eingeladen, der vor wenigen Jahren von Österreich nach Slowenien „rübergemacht“ hat und dort rund 20 Minuten von Maribor und eine Dreiviertelstunde von Graz entfernt Weine anbaut. Im Moment produziert er zusammen mit seiner Frau Maria (deren Schwester seinen Bruder geheiratet hat und die beide auch Winzer sind) lediglich 30.000 Flaschen im Jahr, die in den unterschiedlichsten Teilen der Welt gefragt sind – natürlich in Deutschland, aber auch in den USA, in Japan und der Schweiz.

„Flein“: Traubensaft aus aromatischen Rebsorten

Los geht es aber nicht mit einem Wein, sondern mit einem „Flein“. Die Flasche sieht aus wie eine Weinflasche, sie enthält einen Gelben Muskateller aus dem Jahrgang 2020 – aber kein Gramm Alkohol. „Meine Schwester Veronika ist eines Tages auf mich zugekommen und hat mich gefragt, warum es eigentlich keinen hochwertigen Traubensaft gibt, den man, etwa wenn man schwanger ist oder noch Auto fahren muss, bei einem Abendessen mit Freunden genauso genuss- und stilvoll trinken kann wie einen Wein“, sagt Michael Gross.

Diese vier  Flaschen  wurden in der Folge mit Michael Gross verkostet und besprochen.
Diese vier Flaschen wurden in der Folge mit Michael Gross verkostet und besprochen. © Silkes Weinkeller | Silkes Weinkeller

So startete das Projekt Flein 2018, mit Rebsorten, die ein sehr eigenständiges Aroma haben, wie etwa der Gelbe Muskateller oder der Sauvignon blanc: „Die haben auch schon im Saft die typische Aromatik.“ Der Flein riecht zunächst nach grünem Apfel, der Geschmack ist deutlich vielschichtiger: Die Runde schmeckt Zitrone, Grapefruit, Litschi, „am Ende merkt man, dass es ein Muskateller ist“, sagt Kutej. Die Flasche kostet rund 12 Euro.

Jakobi Sauvignon blanc: Holunder und Kräuter

Flasche Nummer zwei, der Jakobi Sauvignon blanc aus der Südsteiermark, ist der erste Wein aus dem Jahr 2020, der bei den „Vier Flaschen“ getestet wird, er ist erst vor knapp zehn Tagen abgefüllt worden. Das Etikett erzählt das Weinjahr nach, man sieht zwölf Linien (für die zwölf Monate) mit verschiedenen Symbolen wie Sonne, Mond, Regen, Hagel, etc.

Der Geruch von Holunder und Kräutern springt einem schon beim Einschenken entgegen: „Das ist ein sehr typischer Sauvignon blanc“, sagt Michael Gross. Lars Haider widerspricht: „Viele Sauvignon blancs sind fast schon aufdringlich, dieser nicht. Er macht an der Grenze zur Aufdringlichkeit Schluss, übertreibt es nicht mit dem Kräutergeschmack, wie man ihn etwa von Weinen aus Übersee kennt.“ Haider würde diese Flasche, die ebenfalls zwölf Euro kostet, dem Flein vorziehen, „weil der Geschmack durch den Alkohol doch viel intensiver ist“.

Spezielle Rebsorte: Gorca Haloze

Von der Südsteiermark ist es nach Slowenien nicht weit, und der Sauvignon blanc wird auch noch mal eine Rolle spielen. Zunächst erleben die „Vier Flaschen“ aber eine Premiere: Zum ersten Mal gibt es in Flasche Nummer drei einen Furmint, eine Rebsorte, „die ziemlich speziell ist“, so Michael Kutej, und die es neben Slowenien vor allem in Ungarn und der Slowakei gibt, kleinere Flächen findet man in Serbien und Kroatien. „Wir kannten die Sorte auch so gut wie nicht, als wir die Weingärten gekauft haben“, sagt Michael Gross, „waren aber sehr schnell fasziniert davon.“

Tatsächlich schmeckt der Gorca Haloze,Jahrgang 2019, „wie etwas, was man so noch nicht geschmeckt hat“, sagt Haider. Kutej hat „ätherische Öle“ in der Nase, „und es ist was Animalisches, was Schmutziges dabei, das dem Wein einen Kick gibt. Ich würde ihn zwei, drei Jahre liegen lassen, kann mir vorstellen, dass er noch besser wird.“ Leonhard sagt, dass ihm der Furmint so schmeckt, wie er sich den Flein, also den Traubensaft, mit Alkohol vorstellen würde. Insgesamt erlebe die Rebsorte, deren Geschichte bis ins Jahr 1637 zurückgeht, im Moment ein Revival, gerade bei den Sommeliers, „was vielleicht auch daran liegt, dass der Furmint in seiner langen Geschichte immer für hohe Qualität stand“. Er eigne sich aufgrund seiner Säurestruktur und der nicht übertriebenen Aromatik sehr gut als Essensbegleiter, sagt Kutej.

Korze Haloze: Mischung aus Sauvignon blanc und Furmint

Zur letzten Flasche, einer Mischung aus Sauvignon blanc (80 Prozent) und Furmint (20 Prozent), wobei alles vom selben Berg in Slowenien stammt und der Sauvignon zehn Tage früher geerntet wird. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es für jede Rebsorte eine anderen perfekten Erntezeitpunkt gibt“, sagt Michael Gross. Der Korze Haloze, Jahrgang 2019, ist sein Top-Wein, er riecht nach Pfirsich und Mandarine – und schmecke „nach Pfirsich-Eistee“, sagt Kutej, den der Wein „total anmacht: Der füllt den ganzen Mund aus, bleibt lang, das ist richtig großes Kino.“ 2019 sei auch ein herausragender Jahrgang gewesen, sagt Michael Gross, „da hat wirklich alles gepasst“.

Hat der Wein auch einen Nachteil? Ja, seinen Preis: Die Flasche kostet ungefähr so viel wie die ersten drei zusammen, nämlich rund 38 Euro – das hat mit der geringen Menge zu tun, die Gross produzieren kann. „Es gibt im Jahr nur 2000 Liter davon, also 2500 bis 2600 Flaschen, und viel mehr wird der Weinberg auch nicht hergeben, ganz gleich, wie sehr ich mich anstrenge.“ Im vergangenen Jahr, das nicht ganz so gut gewesen sei wie 2019, habe der Ertrag sogar nur bei 1500 Litern gelegen.